Lange Zeit haben viele im Perlflussdelta in Südchina von ihr gut gelebt. Nun ist sie nicht mehr erwünscht: die Barbie-Puppe.
Barbies Mutterkonzern Mattel hat vergangene Woche angekündigt, einen Teil seiner Produktion von China nach Brasilien und Indien zu verlagern. Löhne und Transportkosten seien in der Volksrepublik so sehr gestiegen, dass exportorientierte Unternehmen zunehmend das Interesse an einer Produktion in China verlieren, sagte Lisa McNight, Sprecherin des amerikanischen Spielzeugherstellers. Derzeit produziert Mattel nach eigenen Angaben noch 74 Prozent seiner Waren an den zwei südchinesischen Standorten Dongguan und Nanhai. So richtig traurig über den Abschied der Barbie scheint in der Region aber kaum jemand zu sein.
„Billiges Plastikspielzeug leistet ohnehin nur noch einen minimalen Beitrag zur Wirtschaft der Region“, sagt der Ökonom Mao Yanhua von der Sun-Yat-sen-Universität in Guangzhou. Er rechnet vor: Eine Barbie kostet in den USA im Laden zehn Dollar. Davon nehmen chinesische Arbeiter in den beiden Fabriken Dongguan und Nanhai aber nur 35 Cent als Lohn mit nach Hause. Der Rest geht für Transport, Zoll, Marketing und den Gewinn der Herstellerfirma Mattel drauf. Die Unternehmer im Westen behalten unter dem Strich 17-mal mehr, als in China verbleibt.
Ebenfalls ärgerlich für die Chinesen: die unfaire Umweltbilanz. Drei Viertel der Schadstoffe in der Herstellungskette fallen in Fernost an – doch der örtlichen Wirtschaft kommt nur ein Zehntel des Warenwertes zugute. Westliche Länder verlagern so ihre Kohlendioxidemissionen nach Fernost, sagen Kritiker, während die Gewinne in den USA anfallen.
Die Lokalregierung in Südchina siedelt derzeit ganz andere Branchen an. Etwa Hightech-Industrie wie den Netzwerkausrüster und Mobilfunktelefonhersteller Huawei. Dessen Mitarbeiter sind überwiegend qualifizierte Ingenieure und Softwaretüftler mit hohen Gehältern. Solche Leute geben auch im Inland viel Geld aus. Das Unternehmen vergibt seinerseits Produktionsaufträge im Inland. Für die hochwertigen Netzwerkrechner und Mobilfunkantennen von Huawei geben Firmen wie die Telekom viel Geld aus.
Anstelle von Barbie sind ebenfalls erwünscht: Softwarefirmen (wie die weltgrößte Handelsplattform Alibaba oder der Web-Konzern Tencent), Dienstleister und persönliche Serviceanbieter. Anders als bei Plastikpuppen bleibt hier der Gewinn im Land – und steht als Kapital für Investitionen zur Verfügung, die künftiges Wachstum sichern.
Deshalb riskiert die Südprovinz Guangdong auch kräftige Erhöhungen der Mindestlöhne – im vergangenen Jahr allein um ein knappes Fünftel. Das soll Barbie vielleicht nicht direkt vertreiben, hat aber den gleichen Effekt.