Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Chinas Problem mit den Schattenbanken

 

Erstmals hat die amerikanische Rating-Agentur Fitch auf die Verschuldung in China hingewiesen. Das Land habe ein Schuldenproblem, findet Andrew Colquhoun, der zuständige Analyst bei Fitch. Zwar sei der Staat vergleichsweise gering verschuldet. Beziehe man den Finanzsektor mit ein, komme man jedoch auf eine Schuldenquote von 198 Prozent. Vor vier Jahren seien es nur 125 Prozent gewesen. Die Rating-Agentur hält das für eine beunruhigende Entwicklung. Sie hat chinesische Regierungsanleihen im Inland um einen Punkt von „AA-“ auf „A+“ herabgestuft.

Tatsächlich ist Chinas Schuldenproblem auf den ersten Blick kaum sichtbar. Die Schulden der Zentralregierung in Peking betragen lediglich 50 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Das ist weniger als etwa in Japan (235 Prozent), in den USA (über 100 Prozent) und selbst in Deutschland (mehr als 80 Prozent).

Weit höher sind jedoch die Verbindlichkeiten der Kommunen. Fitch schätzt ihre Schulden auf umgerechnet 1,6 Billionen Euro – ein Viertel der jährlichen Wirtschaftsleistung. Die Schuldenquote aller Regierungsstellen beträgt mittlerweile sogar rund 50 Prozent. Die Provinzen hätten das Geld oftmals in unsinnige Projekte gesteckt, kritisiert Fitch.

Was Chinas Verschuldung zudem unberechenbar macht, ist das Schattenbankensystem. Nicht nur Fitch, sondern auch viele chinesische Ökonomen vermuten, dass es in China einen großen schwarzen Kapitalmarkt gibt. Viele Darlehen tauchen in den offiziellen Büchern nicht auf. Nicht nur Unternehmer und Privatpersonen borgen sich Geld von Schattenbanken, sondern auch Kommunen. Sollten Kredite im großen Stil ausfallen, könnte das Auswirkungen auf das reguläre Bankensystem haben. Am Ende würde es für den Staat teuer.

Das Urteil von Fitch dürfte dennoch kaum Auswirkungen haben. Im Ausland ist China überhaupt nicht verschuldet, sondern sogar der weltgrößte Gläubiger. Die Devisenreserven haben in diesen Tagen den Spitzenwert von 2,5 Billionen Euro erreicht. Bei der Bewertung von chinesischen Staatspapieren in Fremdwährung behält die Volksrepublik deshalb auch den Spitzenwert. Was die Inlandsverschuldung in der Landeswährung Yuan betrifft: Hauptabnehmer von staatlichen Anleihen sind in der Volksrepublik Banken. Und die sind  durchgehend in staatlicher Hand. Das heißt: Sie werden von ganz oben dazu verpflichtet, alles aufzukaufen, was der Staat auf den Markt wirft. Die Meinung von Fitch interessiert dabei nur wenig.

Zumal die tatsächlichen Ausfallrisiken gering sind. Die chinesische Zentralbank ist unmittelbar der chinesischen Führung unterstellt, sie kann jederzeit Yuan nachschießen. Das könnte zwar die Inflation anheizen. Die ist aber im März auf moderate 2,1 Prozent zurückgegangen. Außerdem kann der chinesische Staat die Staatsanleihen in voller Höhe garantieren, ganz einfach, weil er auf einem riesigen Berg an Devisenreserven sitzt. Letztlich zeigt das auch, dass Fitch Chinas Finanzsystem nicht ganz verstanden hat. Für die Volksrepublik lassen sich eben nicht die gleichen Maßstäbe anlegen wie bei anderen Staaten.

Allerdings liegt es auch im Interesse der chinesischen Wirtschaft, Ungleichgewichte im Finanzsystem abzubauen. Hohe Ausgaben der Städte und Kommunen schaffen kurzfristig zwar Jobs. Investieren sie jedoch in allzu viele sinnlose Projekte, die auf Dauer keine Einnahmen generieren, kann es auch mit Chinas Überschüssen sehr schnell vorbei sein.