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Ein Warnschuss für Chinas Banken

 

An employee of Industrial and Commercial Bank of China walks past a logo at an ICBC branch in Beijing
Filiale der ICBC in Peking

Die Nachrichten aus Chinas Bankensektor sind beunruhigend. Seit Monaten verlangsamt sich das Wachstum in der Volkrepublik, auch die Aussichten sind schlechter. Seit Donnerstag kursieren nun Berichte, dass Chinas Banken nicht über ausreichend Liquidität verfügen.

Zwischenzeitlich war sogar davon die Rede, dass die Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) und die Bank of China, zwei der größten Banken der Welt, zwischenzeitlich zahlungsunfähig waren. Beide Geldhäuser dementierten zwar sofort. Dennoch löste die Meldung auf den chinesischen Finanzmärkten Panik aus. Die Zinsen im Interbanken-Geschäft stiegen kurzfristig auf 25 Prozent, so hoch waren sie zuletzt nach der Lehman-Pleite im Jahr 2008. Was genau war passiert?

Schon seit Längerem gibt es die Befürchtung, Chinas Staatsunternehmen und Provinzregierungen könnten es in den vergangenen Jahren mit ihren Investitionen übertrieben haben. Chinas Führung hatte in der Krise 2009 den Geldhahn kräftig aufgedreht, Firmen wie Lokalregierungen sollten massiv in die Infrastruktur investieren. Das sollte die Konjunkturdelle ausgleichen, die die ausbleibende Nachfrage in aller Welt hinterlassen hätte.

Das hat zwar Chinas hohe Wachstumsraten stabil gehalten. Doch viele Bauprojekte entpuppen sich nun als Fehlinvestition. Das exzessive Kreditwachstum hat gewaltige Überkapazitäten geschaffen und vor allem den Immobiliensektor aufgebläht. Zugleich ist der Schuldenstand der meisten Kommunen und Provinzen stark in die Höhe geschossen.

Die neue Führung um Premierminister Li Keqiang, seit Anfang März im Amt, versucht das Problem einzudämmen. Die unterstellte Zentralbank hat mehrfach angekündigt, das rasante Kreditwachstum im Land bremsen zu wollen, sollten sich die Banken nicht selbst disziplinieren und ihre Schuldenlast reduzieren. Zwar befinden sich Chinas Banken allesamt in staatlicher Hand. Dennoch sollen sich weitgehend selbstständig auf dem Markt behaupten können.

Die Drohung zeigte kaum Wirkung. Die Banken konnten sich meistens darauf verlassen, dass die Zentralbank im Notfall schon einspringen wird. Das wollen die Währungshüter offenbar nicht auf sich sitzen lassen. Als einige Banken Anfang der Woche wiederholt Liquiditätsengpässe beklagten und die Zentralbank um Hilfe baten, öffnete sie den Geldhahn diesmal nicht. Im Gegenteil: Die Zentralbank verknappte die Geldmenge. Gleichzeitig teilte sie den Geldhäusern mit, sie sollten künftig nicht mehr auf zu viel Liquidität verlassen.

Seither herrscht unter den Bankern Panik. Zwar sanken die Zinsen für kurzfristige Notkredite zwischenzeitlich wieder auf rund acht Prozent. Seit diesem Freitag aber steigen sie wieder und liegen mehr als dreimal so hoch wie sonst.

Droht womöglich ein Banken-Crash à la Lehman auch in China? Eher nicht. Der entscheidende Unterschied zu 2008 ist: Die Turbulenzen sind staatlich gewollt. Sie sollen dazu dienen, die Banken zu disziplinieren. Einige von ihnen zocken mittlerweile mit zweifelhaften Anlageprodukten, mit gebündelten Kreditforderungen, die hohe Erträge versprechen, aber wenig transparent sind. Solche Papiere stürzten 2009 die Banken im Westen in den Abgrund. Chinas Regierung tut gut daran, die Banken zu zähmen.