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Pharmakonzerne stehen in China am Pranger

 

Eine Kortisonsalbe für umgerechnet 86 Euro? In China ist ein solcher Preis nicht ungewöhnlich. Wer sich wegen einer harmlosen Allergie in einer chinesischen Hautklinik ein Medikament gegen den Juckreiz verschreiben lässt, muss tief in die Tasche greifen. Für dringend notwendige Arzneien geht zuweilen sogar ein ganzes Vermögen auf. Gegen diese Wucherpreise wollen die chinesischen Behörden nun vorgehen – und haben es vor allem auf Pharmakonzerne aus dem Ausland abgesehen.

Den britischen Arzneimittel-Hersteller GlaxoSmithKline hat es bereits getroffen. Glaxo etwa soll über Beratungsfirmen und spezielle Reisebüros Ärzte und Behördenvertreter jahrelang gezielt geschmiert haben, damit sie ihre Krankenhäuser dazu bringen, ausschließlich Arzneien des britischen Herstellers zu kaufen – das zumeist zu überhöhten Preisen. Vier chinesische Spitzenmanager des Konzerns sind verhaftet. Glaxo hat diese Praxis inzwischen eingestanden und die Preise seiner Medikamente in China deutlich gesenkt.

Ähnliches werfen die chinesischen Behörden nnun auch Pharmakonzernen wie Sanofi, Novartis und UCB vor. Gegen insgesamt acht ausländische Unternehmen wird wegen Verdacht auf Bestechung und Preisabsprache ermittelt. Doch so sehr nun Glaxo und seine Mitbieter um Entschuldigung bitten – diese Praxis ist dem chinesischen Gesundheitssystem geschuldet.

Im Zuge der Wirtschaftsreformen in den 1980er und 1990er Jahren hatte die chinesische Führung auch von den öffentlichen Kliniken und Krankenhäusern mehr Wettbewerb abverlangt und ihnen die Gelder gekürzt, in der Hoffnung, sie würden wirtschaftlich effizienter werden. Doch genau das Gegenteil ist eingetreten. Um die wegfallenden öffentlichen Gelder zu kompensieren, sahen sich Krankenhäuser gezwungen, neue Einnahmequellen zu finden. Seit der Liberalisierung finanzieren sie sich nun unter anderem durch den Handel mit überteuerten Medikamenten, auf die die Patienten dringend angewiesen sind.

Ähnlich sieht es bei den Ärzten aus. Weil ihre Löhne lange nicht mit dem Anstieg der Einkommen der meisten anderen Berufsgruppen mitgehalten haben, waren auch sie auf der Suche nach zusätzlichen Einnahmequellen. Bestechung der Ärzte ist nun gang und gäbe. Wer als Patient dem Arzt nicht vorher einen der berüchtigten Hongbaos überreicht, rote Umschläge mit Geld, wird meist gar nicht behandelt.

Die chinesische Führung hat die Probleme mit den überhöhten Medikamentenpreisen und den bestechlichen Ärzten zwar erkannt. Eine umfassende Gesundheitsreform ist bereits auf dem Weg, die unter anderem wieder mehr Kontrolle in den Krankenhäusern vorsieht, den Ärzten zugleich höhere Löhne zusichert. Und die derzeitige Kampagne gegen die Pharmaindustrie ist Teil dieser Reform. Doch bevor die Maßnahmen flächendeckend greifen, braucht es Zeit.

Bis dahin werden die Ärzte und Krankenhäuser weiter nach diesen roten Umschlägen gieren.