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Chinas Regierung jongliert mit faulen Krediten

 

Die roten Geldjongleure in Peking haben viel von ihren Vorbildern an der Wall Street gelernt. Sie beherrschen die Anwendung kapitalistischer Finanzinstrumente zu ihrem Nutzen inzwischen ziemlich gut, und sie treiben die Börsenakrobatik sogar noch weiter. Ihr nächster Coup: Selbst aus den Schulden zahlungsunfähiger Firmen machen sie am Markt noch Geld.

Zum Beispiel durch den Börsengang des Unternehmens Cinda Asset Management. Es ist eine von vier Firmen, die Ende der 1990er Jahre durch die chinesische Führung gegründet wurden, um den Banken unter die Arme zu greifen. Damals war eine Kreditblase geplatzt und viele Schuldner konnten ihre Darlehen nicht mehr zurückzahlen. In transparenteren Finanzsystemen wäre das eine kleine Katastrophe gewesen. Die Kommunisten aber lösten das Problem vergleichsweise elegant: Sie übertrugen die Kredite der Banken an Firmen wie Cinda.

Solche Müllschlucker, im Branchenjargon Bad Banks, gibt es auch in anderen Ländern. Der US-Investor Oaktree Capital Management zum Beispiel macht ein gutes Geschäft damit, faule Kredite für wenig Geld zu kaufen. Oaktree zahlt den verkaufenden Banken einen kleinen Betrag (zum Beispiel zehn Cent pro Dollar Kreditsumme) und versucht dann aus dem Schuldner herauszupressen was geht. Wenn das zwölf Cent pro Dollar Kreditsumme sind, hat sich das Geschäft bereits gelohnt.

Doch Firmen wie Oaktree gehen selbst im Heimatland der giftigsten Finanztransaktionen, den USA, im Allgemeinen nicht an die Börse. Auch Oaktree befindet sich in privater Hand. Das hat Gründe. Sie haben den Ruf als „Lumpensammler der Finanzbranche“ und gelten daher als wenig attraktiv für ein breites Publikum. Außerdem sind die Risiken ihres Geschäfts erheblich.

In China aber will das Finanzministerium nach und nach alle vier Bad Banks an die Börse bringen. Damit hat Peking ernsthaft vor, faule Kredite im Wert von ein- bis zweihundert Milliarden Euro für viel Geld an Aktienanleger zu verkaufen. Erstaunlicherweise ist das Interesse riesig. Einer der Erstanleger, die schon im Vorfeld zugreifen, ist ausgerechnet: Oaktree.

Der Vorgang wirft eine Reihe von Fragen auf. Funktioniert das Geschäftsmodell von Cinda überhaupt langfristig? In China sind oft Staatsfirmen die säumigen Schuldner. Hat Cinda – selbst ein Staatsbetrieb – wirklich eine Chance, von ihnen Geld einzutreiben?

Umgekehrt könnte es ein Zeichen für die Reformanstrengungen von Premier Li Keqiang sein, Cinda an Privatinvestoren abzugeben. Gerade ein Mitbesitzer wie Oaktree könnte in den roten Konzernen schnell aufräumen. Wenn beispielsweise der Chef einer sterbenden Werft seine Kontakte spielen lässt, um mehr Zeit für die Rückzahlung seines Kredits herauszuschinden, dann können Cinda und die Behörden darauf verweisen, dass jetzt der Markt das Sagen hat: Geld her oder Pfändung.

Premier Li tut gut daran, die Grundlage für mehr Effizienz zu schaffen. Der Umgang mit säumigen Schuldnern, mit uneinbringlichen Krediten und mit Altlasten der Banken ist wichtig für eine funktionierende Wirtschaft. Wenn die Banken das ausgeteilte Geld nicht zurückbekommen, dann können sie auch keine neuen Darlehen vergeben – und das würgt erfahrungsgemäß die Konjunktur ab. Genau so ist es in den USA gekommen, als der Markt für Immobilienkredite  zusammenbrach.

Da in China gerade in den kommenden Jahren sehr wahrscheinlich jede Menge faule Kredite anfallen werden, wächst die Bedeutung von Firmen wie Cinda. Die Forderungen werden in die Milliarden gehen. Gelingt es den vier Bad Banks, die faulen Kredite in ihren Büchern zu bündeln, könnten sie hohe Gewinne machen. Das erklärt auch den Ansturm der Anleger auf Cinda.