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Geldmaschine Mao Zedong

 

Während des Langen Marsches hatte Mao Zedong noch Bescheidenheit angemahnt, den Kapitalismus angeprangert und das einfache Leben auf dem Land gepriesen. Nun sitzt er auf rotem Samtkissen gebettet als Statue aus purem Gold gegossen in einem extra eingerichteten Mao-Museum in seinem Geburtsort Shaoshan. Wert der Statue: 200 Millionen Yuan, rund 24 Millionen Euro. So wird im heutigen China dem einstigen Kommunistenführer gehuldigt.

Die vor einigen Tagen enthüllte Mao-Statue aus Gold ist nur eins von vielen Touristen-Highlights anlässlich des 120. Geburtstages des vor 37 Jahren verstorbenen Revolutionsführers. Im ganzen Land fanden am Donnerstag ihm zu Ehren Kranzniederlegungen statt. Es wurden Symposien abgehalten und Konzerte organisiert. In der zentralchinesischen Stadt Yan’an, der Kommunistenhauptstadt während des chinesischen Bürgerkriegs, finden so genannte Mao-Festspiele statt: Dutzende von Schauspielern spielen mit grotesk viel Kunstblut, jede Menge Feuerwerk und sogar einem abstürzenden Spielzeugflugzeug die Kriegsszenen gegen die feindlichen Nationalchinesen nach. Am Ende der Vorstellung betritt dann eine übergroße Mao-Imitation die Bühne und winkt Gott gleich dem Publikum zu.

Bei all diesen Events fällt vor allem aber eins auf: Die Ansichten des Kommunistenführers und seine Ideologie sind Nebensache. Mao ist im heutigen China vor allem Kommerz.

Die Stadtväter von Shaoshan haben allein in diesem Jahr umgerechnet rund 1,8 Milliarden Euro investiert, um verschiedene Museen, Gedenkstätten, aber auch Straßen, Schulen oder Plätze instand zu setzen, auf denen sich Mao angeblich mal aufgehalten haben soll. Der chinesischen Führung ist das recht. Maos einstige Wirkungsstätten wie Shaoshan oder Yan’an sind vor allem Orte in wenig entwickelten Gebieten in China. Der Mao-Tourismus kurbelt dort die heimische Wirtschaft an.

Doch damit nicht genug: Revolutions-Accessoires wie Mao-Jacken, Schießgewehre und Tassen aus billigem Aluminium, die die roten Soldaten einst an ihrem Militärrucksack hängen hatten, finden im ganzen Land reißenden Absatz, ebenso iPhone-Hüllen, Schlüsselanhänger und Abziehbilder mit Mao-Abbild. In Pekinger Szenegeschäften werden Mao-Statuen aus Porzellan neben Manga-Comics, Vinyl-Schallplatten und Star-Wars-Figuren als Sammlerstücke angeboten. Taxifahrer haben Mao-Anhänger im Wagen baumeln. Chinesische Künstler stellen Mao verkaufsträchtig als Pop-Ikone dar – ob ironisch gemeint oder um ihn zu verehren ist nicht ganz ersichtlich. Das rote Mao-Büchlein ist heute direkt nach der Bibel das meistverkaufte Buch der Welt.

Ebenfalls in Shaoshan hat eine einstige Nachbarin die Schnellimbiss-Kette „Mao-Familie“ mit inzwischen landesweit 400 Filialen gegründet, in denen „Langer-Marsch-Huhn“ und Maos Lieblingsgericht, geschmortes Schweinefleisch, angeboten wird. Die 84-Jährige ist heute glühende Patriotin und sagt stolz, dass sie allein im vergangenen Jahr umgerechnet 21 Millionen Euro Steuern gezahlt habe.

Kampagnen wie der „Große Sprung nach vorn“ mit wahrscheinlich 30 Millionen Hungertoten und später die Kulturrevolution mit Zehntausenden von Massenverhaftungen und Folterungen in Arbeitslagern bleiben bei all diesen Veranstaltungen freilich unerwähnt. Offiziell gilt bis heute die kurz nach seinem Tod definierte Endabrechnung, Maos Wirken sei „zu 70 Prozent positiv und 30 Prozent negativ“ gewesen.

An einer Neubewertung hat die heutige chinesische Führung neben politischen Erwägung wahrscheinlich auch deswegen kein Interesse, weil sich Mao dann nicht mehr ganz so gut verkaufen ließe.