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China giert nach Gold

 

Schon die alten Römer kannten das Problem des Goldabflusses nach Fernost. Sie liebten Seide, Porzellan und Bronzegegenstände aus Asien. Umgekehrt zeigten Inder, Perser und Chinesen jedoch nur wenig Interesse an Waren aus Europa. Sie ließen sich ihre Güter daher im glänzenden Edelmetall auszahlen, das dann irgendwo in den chinesischen und indischen Fürstenhöfen zu Schmuck verarbeitet oder zur Zier ihrer Paläste verbaut wurde. Der Westen sah das Gold nie wieder. Nun scheint sich dieser Vorgang zu wiederholen.

Nach Angaben der China Gold Association haben die Chinesen im vergangenen Jahr so viel Gold aufgekauft wie noch nie, ein Großteil davon aus den USA und Europa.  Die eingeführte Goldmenge ins Reich der Mitte dürfte sogar noch sehr viel größer sein. Nicht eingerechnet wird etwa das Gold, das über Hongkong illegal eingeführt wird, Schätzungen zufolge weitere 500 Tonnen.

Hinzu kommt der Abbau im eigenen Land, der ebenfalls einen neuen Rekordwert erreichte. Er lag 2013 bei 428 Tonnen – ein Plus von über sechs Prozent. China ist seit sieben Jahren weltgrößter Goldproduzent. Inzwischen hat die Volksrepublik Indien eingeholt und ist erstmals auch weltgrößter Goldkonsument.

Rund die Hälfte des nachgefragten Goldes haben die Chinesen zu Schmuck und diversen Goldfiguren verarbeitet, etwa 400 weitere Tonnen wurden zu Barren und Münzen verarbeitet, die nun in den Tresoren wohlhabender chinesischer Geschäftsleute und korrupter Parteisekretäre lagern. Doch wo ist der Rest geblieben?

Die chinesische Zentralbank hat nach eigenen Angaben bereits seit Jahren seinen Goldbestand nicht nennenswert erhöht. Das dürfte aber gelogen sein. Eine so hohe Dunkelziffer dürfte es trotz der hohen Nachfrage chinesischer Konsumenten auch in China nicht geben. Rohstoff- und Finanzmarktanalysten gehen davon aus, dass die chinesische Zentralbank den Aufkauf bewusst verschweigt.

China, aber auch andere Schwellenländer wie Russland und Indien, stocken ihre Goldbestände auf. Grund ist die lockere Geldpolitik nicht zuletzt der US-Notenbank Fed der vergangenen Jahre. Sie befürchten, der Dollar verliere schon bald an Wert und könne damit auch seine Rolle als weltweite Leitwährung verlieren. Sie wollen unabhängiger vom Dollar werden. Von seinen derzeit insgesamt 3,8 Billionen Dollar an Devisenreserven hält China seinen Großteil in der US-Währung. Der Ankauf von Gold ist für die chinesische Führung also eine Möglichkeit, ihr Vermögen zu diversifizieren.

Zudem strebt China an, seine Währung, den Yuan (oder auch Renminbi genannt), selbst als Weltreservewährung zu etablieren. Noch ist der Yuan international nicht frei handelbar. Das soll sich aber in den nächsten Jahren ändern. Immer mehr Länder und Konzerne, die Geschäfte mit China betreiben, haben den Yuan als Handelswährung bereits anerkannt. Jedes fünfte europäische Unternehmen stellt seine Rechnungen in der chinesischen Währung aus. Im vergangenen Oktober hat der Yuan den Euro als zweitwichtigste Währung für Finanzierungen im internationalen Güterhandel abgelöst. Ein hoher Goldbestand soll das Vertrauen in die chinesische Währung noch weiter stärken.

Doch warum diese Geheimniskrämerei? In Europa und Nordamerika hat das Interesse an Gold in den vergangenen Jahren nachgelassen und der Goldpreis ist deutlich gefallen. Das Edelmetall hat allein im vergangenen Jahr mehr als 30 Prozent an Wert verloren. Ohne Chinas hohe Nachfrage wäre der Preis noch mehr in die Tiefe gepurzelt. Die chinesische Zentralbank sieht derzeit für sich die günstige Gelegenheit, ihren verhältnismäßig noch recht geringen Goldbestand deutlich aufzustocken. Rund 40 Prozent der weltweiten Nachfrage nach Gold geht derzeit auf China zurück.

Sollte sich jedoch unter westlichen Anlegern herumsprechen, dass ein so mächtiger Akteur wie die chinesische Notenbank in großem Maßstab Gold aufkauft, würde der Preis sofort in die Höhe schnellen. Eine Preistreiberei durch die Anleger möchte China gern vermeiden.