Ausgerechnet Erzrivale Japan hat China einst auf die heimischen Schätze aufmerksam gemacht. Es war im Jahr 2009, als japanische Firmen begannen, in großen Mengen Metalle der Seltenen Erden zu horten. Sie brauchten sie für ihre Hightech-Produkte. Das Verhalten der Japaner machte die chinesische Führung misstrauisch – und dann wurde ihr klar: 95 Prozent der Weltproduktion stammte aus dem eigenen Land.
China hatte damit ein Quasimonopol auf Seltene Erden, und es wollte seine Vormachtstellung nutzen. Über Exportquoten trieb Peking die Weltmarktpreise für die wichtigen Metalle in die Höhe. Zusätzlich wollte die chinesische Führung die Japaner und andere Hightech-Nationen unter Druck setzen, um ihr Wissen abzugreifen.
China will selbst zum Hightech-Land werden. Doch im Fall der Seltenen Erden ging das Kalkül nicht auf.
Die Welthandelsorganisation WTO erklärte die Exportquoten für unzulässig: Sie verschafften chinesischen Firmen unzulässige Wettbewerbsvorteile. Jahrelang gab es Streit um die Ausfuhrbeschränkungen. Am Montag gab die chinesische Führung nun klein bei. Sie wird den Handel mit Seltenen Erden ab sofort freigeben.
Ausschlaggebend dafür wird wohl nicht die Kritik der WTO gewesen sein. China nimmt es häufig mit den Regeln des freien Welthandels nicht so ganz genau. Die Führung des Landes lässt sich von pragmatischeren Motiven leiten. Und mittlerweile haben die Chinesen erkennen müssen: Ihr ehemaliges Monopol auf die Seltenen Erden ist ohnehin passé.
Über ein Jahrzehnt lang lag die Weltproduktion der insgesamt 17 Elemente fast komplett in chinesischer Hand. Die Dominanz hatte historische Gründe. Der Abbau der Seltenen Erden ist sehr aufwändig, hinterlässt Giftmüll und belastet damit die Umwelt. Den Chinesen war er dennoch nicht zu schmutzig, im Gegenteil: Sie lieferten zu äußerst günstigen Preisen. Den Industriestaaten kam das sehr gelegen. Sie schlossen ihre eigenen ohnehin rar gesäten Abbaustätten.
Als China vor vier Jahren seine Marktmacht erkannte und die Exportquoten einführte, alarmierte das den Rest der Welt. Die USA nahm in Kalifornien den Betrieb des bereits stillgelegten Bergwerks Mountain Pass wieder auf. In Malaysia werden seit zwei Jahren Erze aus einem australischen Bergwerk aufbereitet, und auch andere Länder sind eifrig dabei, neue Förderstätten zu erschließen. Nach Angaben der Deutschen Rohstoffagentur (BGR) sind weltweit seitdem mehr als 400 neue Vorkommen entdeckt worden. Bis sie wirklich abgebaut werden können, dauert es zwar. Chinas weltweiter Produktionsanteil ist aber bereits auf 85 Prozent zurückgegangen.
Vor allem aber hat China unterschätzt, wie rasch es Japanern und anderen Industrieländern gelungen ist, alternative Rohstoffe herzustellen und Techniken zu finden, Metalle aus Altelektronik wiederzuverwerten. Der weltweite Bedarf an Seltenen Erden geht zurück. Angesichts der Schäden, die ihr Abbau an Mensch und Umwelt verursacht, ist das denn auch die eigentlich gute Nachricht, egal ob in China oder anderswo.