China hustet – und der Rest der Welt hustet kräftig mit. Die Kurse an den chinesischen Aktienmärkten sind am Montag erneut deutlich gefallen. Der wichtige Shanghai Composite Index sackte um über acht Prozent ab. Auch der kleinere Shenzhen Component Index fiel um mehr als sieben Prozent. Und wahrscheinlich wäre der Absturz noch dramatischer ausgefallen, hätte die chinesische Börsenaufsicht nicht eingegriffen: Fast 2.200 Aktien, die mehr als zehn Prozent verloren, wurden vom Handel ausgesetzt. Zudem verpflichtete sie den staatlichen Pensionsfonds dazu, ebenfalls künftig in heimische Aktien zu investieren. Ohne Zweifel erlebt China einen „schwarzen Montag“.
Nun spiegeln Chinas Aktienkurse nicht per se den Zustand der chinesischen Realwirtschaft wider. An den chinesischen Börsen gelten nach wie vor Regeln, die einen freien Aktienhandel verhindern. So waren 2007 die Kurse in Shanghai schon einmal drastisch eingebrochen. Damals wuchs Chinas Wirtschaft aber noch zweistellig.
Doch die am Freitag veröffentlichten miserablen Wirtschaftsdaten dürften den Börsenabsturz diesmal kräftig befeuert haben. Völlig unerwartet ist der Einkaufsmanagerindex von Chinas verarbeitender Industrie (PMI), der die Stimmung in den Unternehmen misst, auf den tiefsten Stand seit Anfang 2009 gefallen. Und auch die Exporte sind im Juli kräftig gesunken. Fast alle wichtigen Indikatoren weisen daraufhin, dass China sein selbst gestecktes Wachstumsziel von sieben Prozent in diesem Jahr nicht erreichen wird. Das Land steuert auf wirtschaftlich schwere Zeiten zu, die viele andere Länder allerdings noch heftiger treffen könnte als China selbst.
Als Werkbank der Welt macht China rund 15 Prozent der weltweiten Produktionsleistung aus. Momentan sind die Lager jedoch voll und viele chinesische Unternehmen werden ihre Produkte nicht mehr los. Deshalb wird die Produktion zwangsläufig sinken. Das heißt: Die Chinesen werden weniger Rohstoffe verbrauchen, also fallen deren Preise. Vor allem Länder wie Brasilien, Venezuela, Australien, Kasachstan und Südafrika, die in den vergangenen Jahren sehr einseitig auf Rohstoffexporte nach China gesetzt haben, dürften dadurch unter Druck geraten. Schon jetzt leiden diese Länder unter einem erheblichen Kapitalabfluss, weil Investoren aus aller Welt kein Vertrauen in diese Ökonomien mehr haben.
Doch auch Industrieländer wie Deutschland oder die Schweiz dürfte die Schwäche der chinesischen Wirtschaft treffen. Volkswagen etwa verkauft jedes dritte Auto in China und errichtet derzeit die 19. und 20. Fabrik. Auch die großen deutschen Chemiekonzerne haben kräftig in China investiert. Zugleich wird Chinas Führung alles daran setzen, vor allem die heimische Industrie zu stärken, sollte sich der Abwärtstrend fortsetzen. Immer mehr ausländische Unternehmen beklagen sich schon jetzt über die zunehmende Bürokratie und wachsenden Protektionismus.
Hinzu kommt, dass die chinesische Führung bereits vor einiger Zeit mit dem Umbau der chinesischen Wirtschaft begonnen hat. Nicht zuletzt wegen der hohen Umweltbelastung will China weg von der Dominanz der verarbeitenden Industrie und stattdessen stärker auf den Dienstleistungssektor setzen. Das verlangsamte Wachstum geht nicht zuletzt auf diese Umstrukturierung zurück. Für Dienstleistungen braucht China aber keine Unternehmen aus dem Ausland.