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China schwächelt nach Plan

 

Bisher lief es mit Wachstumsschätzungen in China so: Die Regierung nannte ihre Prognose, eine Zahl, deren Haltbarkeit ziemlich begrenzt war. In der Regel boomte die Wirtschaft anschließend stärker, als die Parteiführung es angekündigt hatte. Die Regierung hielt trotzdem an dem Spiel fest. Sie fürchtete, die Wirtschaft könnte überhitzen.

In diesem Jahr läuft es nun anders. Die Wirtschaft Chinas wächst schwächer als gedacht. Im ersten Quartal diesen Jahres lag das Wachstum im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bei 7,7 Prozent. So gering war es zuletzt während der großen Krise 2008. Vor allem die Industrieproduktion schwächelt. Ökonomen hatten zuvor geschätzt, dass der Industriezweig im März mindestens zehn Prozent zulegt. Tatsächlich waren es nur 8,9 Prozent.

Die Gründe liegen auf der Hand. Die Krise in Europa macht der chinesischen Exportwirtschaft zu schaffen. Europa war bislang Chinas wichtigster Absatzmarkt. Auch die Geschäfte mit den USA laufen nicht mehr rund. Der anhaltende Streit in Washington um den Haushalt dämpft die Konsumlaune der Amerikaner. Es fehlt Chinas Firmen gleich in zwei Weltregionen an Käufern.

In China ist die Unruhe darüber allerdings begrenzt. Denn eigentlich passiert genau das, was die Regierung schon lange vorhat. Sie will bereits seit einiger Zeit ihre Industriestruktur umkrempeln. China will sich unabhängiger vom Export machen und seine Binnenwirtschaft stärken.

Diese Umschichtung scheint ihr nun zu gelingen. So trägt die Binnennachfrage inzwischen mehr als die Hälfte des Wirtschaftswachstums bei. Der Einzelhandel legte im März um 12,6 Prozent zu, die Bauwirtschaft wuchs im ersten Quartal sogar um 20,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. China übertrifft damit die Erwartungen von Ökonomen.

Wie schafft China diesen Strategiewechsel? Es hat vor allem die Staatsausgaben radikal erhöht. Auch in das Sozialsystem investiert die chinesische Regierung massiv. So baut China etwa erstmals eine flächendeckenden Gesundheitsversorgung auf, ein gewaltiger Kraftakt. Das kostet den Staat zwar Geld, senkt zugleich aber die Sparrate der Bürger. Das dürfte langfristig auch den Privatkonsum erhöhen.