Der Chef des taiwanischen Technikunternehmens Foxconn war mit sich selbst stets sehr streng. Terry Gou kommt aus sehr einfache Verhältnissen und konnte sich nach eigenen Angaben nur mit Mühe, Fleiß und Disziplin zum Manager mit Milliardenvermögen hocharbeiten. Nun wettert der 63-Jährige gegen die aus seiner Sicht verweichlichte Jugend und beklagt sich über deren mangelnde Arbeitsmoral. Sie würden alle nur noch im Internet surfen und wollten entspannten Jobs nachgehen. Bei einer solchen Haltung verwundert es nicht, warum er auch mit seinen Mitarbeitern zuweilen sehr rüde umgeht.
Vergangene Woche ist bekannt geworden, dass im Foxconn-Werk der ostchinesischen Stadt Yantai rund 1.000 junge Studenten und Studentinnen in langen Nachtschichten die Sony-Spielekonsole Playstation zusammenschrauben und verpacken mussten. Was daran so haarsträubend ist: Sie haben den Status von Praktikanten. Studierenden der Technischen Universität Xi’an wird abverlangt, dass sie für einige Zeit auch bei dem weltgrößten Elektrounternehmen arbeiten müssen, bevor sie ihren Abschluss erhalten. Die Uni hat eine spezielle Kooperation mit Foxconn unterzeichnet.
Dass die Studenten und Studentinnen allerdings zu regulärer Fließbandarbeit verdonnert werden, ist nach Aussage der Universitätsleitung nicht in ihrem Sinne. Foxconn hat inzwischen selbst zugegeben, die Vereinbarungen verletzt zu haben. Ein Versehen war das aber nicht. Nur wenige Tage zuvor war bekannt geworden, dass in einer weiteren Foxconn-Stätte 14-Jährige die neueste Spielkonsole Wii von Nintendo zusammen schrauben. Sie firmierten offiziell als „Schülerpraktikanten“.
Beide Fälle sorgen im ganzen Land derzeit für Empörung und zeigen, wie gering das Bewusstsein des taiwanischen Konzerns auch weiterhin ist, grundlegende Rechte der Arbeitnehmer zu beachten – trotz der zahlreichen Proteste in den vergangenen Jahren. Der Konzern wird seit einer Selbstmordserie von Foxconn-Mitarbeitern im Jahre 2010 immer wieder für seine miserablen Arbeitsbedingungen und geringen Löhne kritisiert. Letztere sind in den vergangenen Jahren immerhin im Schnitt um fast 70 Prozent gestiegen.
Obwohl Foxconn-Chef Gou angekündigt hat, dass sein Unternehmen künftig selbst mehr eigene Produkte und Dienstleistungen anbieten will, um auf diese Weise höherwertige Jobs zu schaffen, hat sich das Geschäftsmodell bislang nicht wirklich verändert. Der Konzern braucht viele Mitarbeiter und zwar so billig wie möglich. Allein in der Volksrepublik China beschäftigt der größte Auftragshersteller der Welt über eine Million Menschen. Sie schrauben Handys von Nokia genauso zusammen wie Drucker von Hewlett Packard und den Großteil der Produktpalette von Apple, darunter auch die neuesten iPhones.
Die steigenden Löhne in China bringen das Unternehmen zunehmend in Bedrängnis: Um den Bedarf an möglichst vielen und zugleich günstigen Arbeitskräften auch weiterhin decken zu können, kratzen die Fabrikleiter zusammen, wen sie kriegen können. Vor allem zum Produktstart der vierten Generation der Sony-Playstation haben sie an Universitäten und Schulen mit angeblich attraktiven Praktikantenstellen geworben bei denen es viel zu lernen gebe – und schickten die Angeheuerten dann ans Band.
Tatsächlich mangelt es vielen angehenden Ingenieuren in China häufig an Praxiserfahrung. Das hängt nicht zuletzt mit dem chinesischen Bildungssystem zusammen. Unternehmer klagen, dass im Vergleich etwa zum deutschen Ingenieursstudium chinesische Absolventen viel zu sehr auf Theorie getrimmt seien. Nicht wenige von ihnen hätten noch nie eine Fabrik von innen gesehen. Stattdessen pflegten sie die Vorstellung, als Student müsse man sich nicht die Hände schmutzig machen.
Foxconn-Patriarch Terry Gou hat es mit seiner strengen Arbeitsmoral denn auch keineswegs nur auf Studenten abgesehen. Bei einer firmeninternen Konferenz soll er auch schon Vorstandsmitglieder zur Strafe in die Ecke gestellt haben. Sie hatten Zahlen aus ihrem Bereich nicht auswendig parat.