Seit kurzem ist China um eine Wortschöpfung reicher, um den „Tuhao“. Eigentlich heißt das Wort „reicher Landbesitzer“. Inzwischen aber wird es abwertend benutzt, es steht für „Neureicher mit schlechtem Geschmack“. Es sind Menschen, die Ferraris mit Diamant besetzter Armatur fahren oder lilafarbene Pelzmäntel tragen. Ihnen gehören Kohlegrube, Kunststofffabriken oder Immobilienfirmen. Meist stammen sie vom Lande, die Eltern waren Bauern, sie sprechen mit starkem Akzent und haben nur wenig Bildung genossen.
Es ist eine verrückte Situation: Während Präsident Xi Jinping eine Kampagne gegen allzu große Üppigkeit fährt, wird Geschäftsleuten im In- und Ausland immer klarer, wie wichtig der Tuhao als Wirtschaftstreiber derzeit ist. Typische Tuhao haben nicht nur dicke Brieftaschen, sie wollen ihren Reichtum auch ständig zur Schau stellen – eine eher untypische chinesische Tugend. Gegenüber ihren Freunden und Verwandten sind die Tuhaos jedoch rundum großzügig – das wiederum ist sehr chinesisch. Das Bildungsbürgertum verdient meistens sehr viel weniger als die neue Klasse der Superreichen.
China stellt sich auf die neuen Nachfrager ein. Möbelhäuser bieten auf mehreren Stockwerken ein Sortiment, das selbst zur Zeit Ludwigs XIV. in Versailles als zu überfrachtet herausgeschmissen worden wären. Auf den Möbeln überhäufen sich Goldornamente, obendrauf gibt es noch einen vergoldeten Adler. Die Tuhao mögen es bunt, glänzend, golden, knallig, üppig, laut und munter. Sie sind stolz auf ihren Reichtum und glauben, dass man ihn sehen sollte. Und dass barocke Dekoration der beste Weg ist, um seine Mittel zur Schau zu stellen.
Auch westliche Unternehmen haben sich auf diesen Kundenstamm eingestellt. Apple etwa bietet die Variante 5s des iPhone nun auch goldglänzend an. In China heißt die Farbe daher auch „Tuhao-Gold“. Das Modell ist ein Designbruch, bisher waren Apple-Geräte zurückhaltend gestaltet. Doch was tut man nicht alles für die guten Geschäfte?
Viele Chinesen spotten zwar über die Tuhao – aber nicht zu sehr. Schließlich genießen sie etwa Einladungen zum Essen, großzügige Geschenke und vielleicht auch den einen oder anderen attraktiven Auftrag. Ein Witz, der zurzeit in China kursiert, beschreibt die derzeitige Entwicklung recht gut. Ein Tuhao fragt einen buddhistischen Zen-Priester: „Meister, was soll ich tun? Ich bin reich, aber nicht glücklich.“ – „Von wie reich reden wir denn?“, fragt der Priester. – „Ach, einige Millionen auf dem Konto und eine Reihe von Immobilien in Peking…“ – „Mein Sohn…“ – „Ja, Meister?“ – „Dann lass uns Freunde sein.“