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Die Chinesen und der Daimler-Deal

 

Noch herrscht Verwirrung um den angeblichen Einstieg des chinesischen Großinvestors bei Daimler. Chinas größte Staatszeitung Renminribao (Volkszeitung) hatte in ihrer Montagsausgabe berichtet, der chinesische Staatsfonds China Investment Corporation (CIC) wolle Anteile an dem deutschen Autohersteller erwerben. Vier bis zehn Prozent des Stuttgarter Konzerns könnte CIC übernehmen, berichtet das Staatsblatt und beruft sich auf Quellen im Umfeld von CIC. Nach dem derzeitigen Marktwert wären das zwischen 1,8 und 4,5 Milliarden Euro. Im Gegensatz dazu berichtet Dow Jones, der chinesische Staatsfonds denke nicht über einen Anteilskauf nach. Die Nachrichtenagentur beruft sich ebenfalls auf „eine mit der Situation vertrauten Person“.

Auch wenn sich Daimler selbst noch nicht äußert: Die Katze scheint aus dem Sack. Daimler-Chef Dieter Zetsche hatte erst vor Kurzem in einem Interview mit der Börsen-Zeitung gesagt, sein Unternehmen wolle stärker als bisher langfristige Aktionäre gewinnen. „Dabei sind uns auch Investoren aus China willkommen“, hatte Zetsche gesagt. Zudem peilt Daimler für das Jahr 2015 den Verkauf von 300.000 Autos in China an, rund zwei Drittel davon sollen in der Volksrepublik gebaut werden. Angesichts solcher ehrgeiziger Pläne schadet es nicht, den chinesischen Staat mit ins Boot zu holen. Ist das deutsche Traditionsunternehmen also demnächst in chinesischer Hand?

Dass ein autoritäres Regime zum Großaktionär von Daimler aufsteigt – es wäre kein Novum. Auch der Staatsfonds Aabar des Königshauses von Abu Dhabi war einst an Daimler beteiligt. Auf die Firmenpolitik hatte das Engagement keinen spürbaren Einfluss. Die Araber haben das Anteilspaket vor Kurzem wieder abgestoßen. Wird der chinesische Staatsfonds mehr Einfluss nehmen? Das scheint eher unwahrscheinlich. Die Vergangenheit hat eher gezeigt, dass sich auch CIC zurückhält.

Der Staatsfonds, im Jahr 2007 gegründet, hat die nicht ganz leichte Aufgabe, Chinas gigantische Devisenreserven zu verwalten. Rund 200 Milliarden Dollar an Startkapital erhielt CIC. Anfangs konzentrierten sich die Investitionen des Fonds vor allem auf kleinere Anteile an börsennotierten Unternehmen. Inzwischen soll CIC auch in größere Geschäfte involviert sein, etwa bei portugiesischen Öl- und Energieunternehmen. Erst vor Kurzem gab der Fonds bekannt, er werde sich mit zehn Prozent an der Betreibergesellschaft des Londoner Großflughafens Heathrow beteiligen. Anfang 2012 übernahm CIC außerdem neun Prozent der Anteile des britischen Versorger Thames Water. Eingemischt in die Unternehmensführung hat sich CIC in all diesen Fällen nie. Zumindest ist davon nichts bekannt.

Sonderlich erfolgreich war der Fonds bislang übrigens auch nicht. Zu den ersten Investitionen gehörten auch Beteiligungen an Finanzkonzerne wie Blackstone und dem Geldhaus Morgan Stanley. Der Einstieg erfolgte vor der Finanzkrise 2008. Dann platzte in den USA die Immobilienblase. Ein Jahr später war der chinesische Staatsfonds bereits weniger Wert war als bei seiner Gründung. Das Vermögen des Fonds liegt jüngsten Zahlen zufolge bei rund 480 Milliarden Dollar – aber nur, weil die Zentralbank weiteres Geld aus dem hohen Devisenschatz zugeschossen hat. Im Jahr 2011 verbuchte CIC bei seinen internationalen Engagements ein Minus in Höhe von 4,3 Prozent.