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Berliner Fahrrad Schau: Mehr als ein hipper Catwalk

 

© Reidl
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Für die Besucher der Berliner Fahrrad Schau ist das Rad mehr als ein reines Fortbewegungsmittel. Hier treffen sich Bike-Liebhaber, die sportlich oder aus Überzeugung mit dem Rad in der Stadt unterwegs sind. Auf der Messe bekam man am Wochenende ein prägnantes Bild von dem, was Radfahren zurzeit in vielen Städten der Welt ausmacht.

Im Gegensatz zu vielen anderen Messen waren auf der Berliner Fahrrad Schau Elektroräder eher eine Randerscheinung. Obgleich direkt am Eingang die Porsches unter den E-Bikes aufgehängt und aufgestellt waren: unter anderem der Straßenfeger II von Elektrolyte. Mir gefällt die Optik der Elektrolyte-Räder. Sie sind sehr puristisch, und der Straßenfeger II ist mit 17 Kilogramm eher ein Leichtgewicht unter den Elektrorädern. In diesem Jahr hat das kleine Münchener Unternehmen die herkömmliche Gabel der Räder durch eine Einarmschwinge auf der linken Seite ersetzt. Das ist eine Weltneuheit. In der Einarmschwinge ist die komplette Technik untergebracht, die das Vorderrad antreibt: Motor, Akku und Controller. Was mich etwas irritiert, ist die Rücktrittbremse. Zwar favorisieren einige Fahrer das Bremsen per Pedale, aber dann doch eher bei Cityrädern und weniger bei so sportlichen Gefährten wie dem Straßenfeger.

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Elektrolyte © Reidl

Sehr klassische Stadträder hat der Hersteller Creme Cycles aus Polen ausgestellt. Die Stahlrahmen sind gemufft oder handgeschweißt und mit soliden, teilweise auch gehämmerten Metallschutzblechen ausgestattet. Das passt gut zu dem aufgeräumten Design. Insgesamt wirken die Räder zeitlos. Die eher dezenten Retro-Farben unterstreichen diesen Eindruck.

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Creme Cycles © Reidl

Ganz anders kommt Retro Speed Style 61 daher. Wer Single ist, dringend Kontakt sucht und Geld übrig hat, ist mit einem dieser Räder gut beraten. Auffälliger geht es kaum. Das Design des niederländischen Rahmenbauers Vanhulsteijn ist auf jeden Fall Geschmackssache: Man mag es oder nicht. Auf den wenigen Runden im Testparcours fand ich es überraschend  bequem. Wobei die eher mäßigen Bremsen überhaupt nicht zum Gesamtbild passen. Zwar sei das Rad eher zum Flanieren als zum Rasen gedacht, erklärte Andreas Frahm von Retro Speed Style sinngemäß, aber technisch kann hier noch nachgebessert werden.

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Retro Speed Style 61 © Reidl

Die Berliner Fahrrad Schau (BFS) gilt als die hippe Schwester der Velo Berlin, die am 23./24. März stattfindet. Dem Ruf wurde sie auf ganz unterschiedliche Weise gerecht. Gib Gummi, dachte man an einem Stand, wo es Gürtel, Portemonnaies und Schlüsselanhänger ausschließlich aus alten Fahrradschläuchen gab. Verspielt-schnörkelig waren dagegen die Klingeln am Bike Belle Stand und very british die Umhänge der amerikanischen Manufaktur Cleverhood.

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Cleverhood © Reidl

Sehr schöne Funktionskleidung haben die Franzosen von Café du cycliste mitgebracht. Die kleine Manufaktur produziert seit zwei Jahren an der französischen Riviera. Im Ausland ist die Kollektion schon recht erfolgreich. Sie wird unter anderem nach England, Amerika, Kanada und Japan verkauft. In Frankreich läuft das Geschäft jedoch eher schleppend. „Die Franzosen tragen lieber Funktionskleidung, die auch so aussieht“, sagte eine der Macher von Café du cycliste.

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Zum urbanen Biken gehört auch Radsport in der Stadt. Die BFS veranstaltete erstmals die Fixed Days im Rahmen der Messe. Unter Fixed Gear versteht man Räder, die eine starre Nabe haben. Das Rad hat keinen Freilauf, man tritt also ohne Unterbrechung – manche Fahrer kommen auch ohne Bremse aus. Auf diesen Rädern fuhren Männer und Frauen im k.o.-Verfahren gegeneinander im Velodrom. In derselben Halle stellten auch Mountainbiker und BMX-Fahrer alles Mögliche und Unmögliche mit ihren Rädern an. Etwas separiert waren die Bike-Polo-Spieler untergebracht. Was sie machen, kann man grob mit Hockey vergleichen. Polo wird mittlerweile in vielen deutschen Städten auf öffentlichen Plätzen gespielt. Es ist ein Nischensport, aber Bike-Polo-Spieler sind international orientiert. Wer dabei ist, gehört häufig zu dem weltweiten Netzwerk und reist gerne zu Spielen auf der ganzen Welt.

Keine Messe ohne Preis. Die BFS vergibt einen Frame Fame Award unter den Rahmenbauern. Die Besucher haben abgestimmt und den italienischen Fixed-Räder-Hersteller Ucycles mit diesem Rad gewählt.  Es ist ein Fixie aus Edelstahl, muffenlos gelötet und mit hochwertigen Teilen bestückt.

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In den kommenden Wochen werde ich verschiedene Räder, Accessoires und Rahmenbauer vorstellen, die ich auf der BFS gesehen und gesprochen habe.