Ein Fahrrad aus Bambus, ist das nicht eher ein Velo für die Wohnzimmerwand? Mitnichten. Mit seinem Fixie aus dem nachwachsenden Rohstoff fährt Daniel Vogel-Essex den ganzen Winter über – zur Uni und, wenn er als Fahrradkurier unterwegs ist, sämtliche Strecken durch Berlin.
Das Rad ist seine eigene Kreation. Es ist eines von etwa 40 Bambus-Bikes, die er zusammen mit Stefan Brüning gebaut hat. Mittlerweile ist aus ihrem gemeinsamen Hobby die Manufaktur Ozon entstanden, ein Zwei-Mann-Unternehmen, das Bambusräder fertigt oder anderen Fahrradliebhabern zeigt, wie das geht.
Bambus ist ein erstaunlich guter Werkstoff für Velos. Er ist unglaublich hart und hat sehr gute Dämpfungseigenschaften, die auch der Carbonrahmen-Spezialist Craig Calfee lobt. Der Rahmenbauer aus Kalifornien war Mitte der Neunziger einer der Ersten, die aus dem schnell wachsenden Gras stabile und vor allem wunderschöne Räder bauten. Seine Mountainbikes und Rennräder aus dem nachwachsenden Rohstoff haben Vogel-Essex und Brüning inspiriert.
Außerdem schien es den beiden anfangs der einfachste Weg zu sein, ein Velo selbst zu bauen. Jedenfalls kam die Bambus-Variante ihnen einfacher vor, als Rahmen zu schweißen. Die beiden Studenten hatten damals bereits eine gemeinsame Fahrradwerkstatt, in der sie alte Räder aufmöbelten. Ein ausgedienter Rahmen, dessen Geometrie ihnen gut gefiel, war ihre Vorlage für die erste Rahmenlehre aus Bambus. Das Ergebnis war laut Brüning „eine Katastrophe“. Nach nur wenigen Metern brach das Rad auf der ersten Probefahrt zusammen.
Das zweite fuhr zwar, war aber extrem schwer. „Das dritte konnte man dann als Fahrrad bezeichnen“, sagt Brüning. Den Weg vom Totalausfall bis zum geduldigen Ausmerzen der Kinderkrankheiten kennt jeder, der Bambusräder baut. Selbst ihr Vorbild Calfee fand sein erstes Bambusrad zu flexibel – was übersetzt heißt: Es fehlte die Rahmensteifigkeit. Wer auf so einem Rad fährt, hat das Gefühl, dass Vorder- und Hinterrad nicht auf einer Linie verlaufen, es fühlt sich schwammig an.
Die beiden nahmen es gelassen. Denn zu Beginn wollten die beiden gar kein Unternehmen gründen. Die beiden studierten, der eine hatte bereits einen Gesellenbrief, der andere einen Uni-Abschluss. Bambusräder bauen war ihr Hobby. Rund 40 Räder haben die beiden mittlerweile gebaut. Die meisten davon auf Kundenwunsch. Die Nachfrage führte dann doch zur Unternehmensgründung.
Den Materialmix aus Carbon, Stahl und Bambus wählen die Auftraggeber selbst. Die Verbindungsstücke sind stets aus Metall. Sie werden mit Hanffasern aus dem Baumarkt umwickelt, die zuvor in Epoxidharz getränkt wurden.
Zum Schutz werden die Rahmen lackiert. Ökologisch ist das nicht, bemängeln Kritiker. Aber das war auch nie das erklärte Ziel der beiden. „Es geht uns nicht darum, ein besonders ökologisches Rad zu bauen, sondern Räder, die uns gefallen“, sagt Brüning.
Der Basispreis für einen Rahmen liegt bei 1.000 Euro. Alles weitere ist abhängig von den Wünschen der Kunden. Wer will, kann sich bei Ozon sein Bambus-Bike auch selber bauen – entweder unter Anleitung in einem Workshop oder völlig autark. Dafür müssen die angehenden Rahmenbauer nur die Werkstatt der beiden mieten.