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Buchtipp: Durch Afrika radeln und seine Grenzen kennen lernen

 

5345.jpg.347367Die Tour d’Afrique braucht Mountainbiker, keine Schönwetterfahrer wie ihn, findet Hardy Grüne eigentlich. Aber weil das Radrennen Paris – Dakar abgesagt wurde, meldet er sich für die Tour von Kairo nach Kapstadt an. Seine sehr kurzweilige Erzählung Tour d’Afrique ist auch für Nicht-Radsportler interessant, sofern sie gerne Reiseberichte lesen, sich für Afrika interessieren oder Menschen begleiten, die sich in der roten Zone des eigenen Grenzbereichs herum treiben. Denn darum geht es hauptsächlich in Grünes Buch.

Etwa 11.000 Euro kostet die Teilnahme an der Tour d’Afrique. Dafür bekommen die Radfahrer eine Abenteuerreise mit einem Minimum an Betreuung. Der Veranstalter kennzeichnet die 12.000 Kilometer lange Strecke, misst die Zeit der Teilnehmer, ist bereit zur Notfallhilfe, übernimmt den Gepäcktransport und organisiert die Campingplätze, auf denen die Teilnehmer ihr mitgebrachtes Zelt selbst aufbauen.

Der Sport-Journalist und Hobbyradler Grüne ist die Tour im Sommer 2011 mitgefahren. Für jeden einzelnen der 120 Reise- und Ruhetage schildert Grüne die Erlebnisse auf der Etappe und welchen Bedingungen die Fahrer ausgesetzt sind: Hitze, Kälte, den Wellblechpisten aus Sand in der Wüste oder rutschigen Schlammpisten während der Regenzeit und jeder Menge Viren.

Grüne erwischt der Magen-Darminfekt bereits am Ende der ersten Tourwoche. Einige Tage kämpft er sich trotz Durchfalls durch Ägypten. Dann gibt er auf und klettert samt Rad auf die Ladefläche des Begleitbusses – ein Lkw, der die Zelte und Spinde der Fahrer transportiert. Damit verliert er seinen EFI-Status. Das Kürzel steht für every fabulous inch, jeden berühmten Inch (ein Inch sind 2,54 Zentimeter). Nur wer den fährt, dessen Name erscheint am Ende des Rennens in der Gesamtwertung.

Wer ein Land per Rad durchquert, erlebt Natur und Menschen unmittelbar. Auf der Tour d’Afrique hat das auch seine Schattenseiten. In Äthiopien werden die Fahrer von den Erwachsenen bespuckt und von den Kindern mit Steinen beworfen. Doch das auszuhalten ist anscheinend leichter als der Kampf gegen das eigene Ich. Wie viele Extremtouren ist auch diese Tour eine Reise zu sich selbst. Grüne schildert seine Höhen und Tiefen sehr offen und ohne zu beschönigen. Missmutig sitzt er während der Regenzeit auf dem Laster  und kämpft gegen seinen eigenen Schweinehund statt Rad zu fahren. „Mich quält ein Totalverlust von Motivation und Moral“, reflektiert er. Er will anhalten und bleiben und nicht jeden Tag weiter durch ein unbekanntes Land hetzen.

Das sind Momente, in denen das Buch stark und interessant ist und den kurzweiligen Reisebericht über Land und Leute verlässt. Wenn ihn Lethargie und Zweifel plagen, will der Leser wissen, wie Grüne damit umgeht. Ob er aufgibt oder ob er doch wieder vom Lkw steigt, um weiterzufahren.

Tour d’Afrique von Hardy Grüne, erschienen im Delius Klasing Verlag, 19,90 Euro.