Die Ansage war deutlich: „Auf keinen Fall Radurlaub“, hatte unser Elfjähriger bei der Planung für die Sommerferien gefordert. Drei Jahre in Folge waren wir mit Rad und Zelt unterwegs gewesen. Diesen Sommer wollten wir – mit dem Blick auf zukünftige Fahrradurlaube – kürzer treten. Wir planten, am Bodensee kurze Radtouren mit den Kindern zu unternehmen und längere Ausfahrten allein zu bestreiten.
Radbegeisterte Familien mit Kindern bis etwa zehn Jahren sind am Bodensee gut aufgehoben. Der See ist für eine Umrundung geradezu perfekt geeignet. Der Weg rund um den Hauptsee verläuft eben, ist gut ausgebaut und oft so breit, dass man nebeneinander fahren kann. Die Strecken sind gut ausgeschildert, sodass größere Kinder über weite Strecken den Wegweisern folgen und auch mal voraus fahren können.
Eine Umrundung stand für uns allerdings nicht zur Diskussion – jedenfalls nicht als Familientour. Dafür haben wir sämtliche Ausflüge im Umkreis von 20 Kilometern entlang des Sees mit dem Rad zurückgelegt. Den Kindern fiel das gar nicht auf: Für sie war bei über 30 Grad Radfahren bedeutend verlockender, als im Auto zu sitzen. Vor allem, da wir stets einen Badebeutel griffbereit hatten und sie so ständig ins glitzernde Wasser hüpfen konnten. Entweder in den vielen Strandbädern oder an einem der öffentlichen Strände.
Die Kinderräder hatten wir mitgebracht. Rückblickend wäre das nicht nötig gewesen, denn Räder ausleihen ist in der Region unkompliziert. Es gibt unzählige Fahrradverleiher, die eine große Bandbreite an unterschiedlichen Velos anbieten. Nur wer spezielle Wünsche hat, sollte sich vorab informieren.
Ich suchte für den Urlaub ein Crossrad. Hier empfahl mir unser Vermieter in Meersburg das Fachgeschäft s’Sporträdle ein paar Orte weiter. Bernd Rimmle verleiht dort solide Räder: vom Kinderfahrrad ab 20 Zoll über Tandems, Mountainbikes und Gazelle-Kindertransportern bis hin zu Renn- und Crossrädern.
Für die Bodensee-Umrundung auf dem ausgewiesenen Radweg stellte sich das Crossrad als die richtige Wahl heraus – mit einem Rennrad erreicht man auf den zahlreichen Schotterstrecken schnell die Spaßgrenze. Wer auf rennradtauglichen Wegen um den See fahren will, muss auf GPS-geführte Routen anderer Rennradler ausweichen, die dann auf der Straße entlangführen.
Meine Idee war es, den Hauptsee zügig zu umrunden. Etwa 130 Kilometer misst die Strecke. Die ersten 50 Kilometer verliefen überwiegend über Asphalt, und ich kam in den Morgenstunden flott voran. Ab Bregenz führte die Strecke in Österreich und der Schweiz immer wieder über Schotter und machte Schlenker, die zwar landschaftlich hübsch waren, aber sich zunehmend mit Radfahrern füllte. Private und geführte Reisegruppen bummelten den Weg entlang, außerdem viele Familien.
Für mich, die statt Sightseeing Strecke machen wollte, war die Route ab 11 Uhr ungeeignet. Ich hätte besser eine der Ausweichtouren gewählt, die man etwa bei Gpsies (beispielsweise unter Bodenseemann) findet. Sie führen ins hügelige Hinterland und teilweise über Straßen, sind dafür aber fürs sportliche Fahren geeigneter. Ich dagegen wurde ständig ausgebremst, was bei über 30 Grad und 50 verbleibenden Kilometern irgendwann lästig war.
Sobald man den See verlässt, geht es bergauf. Wer hier unterwegs ist, braucht Kondition. Aber die Anstrengung lohnt sich. Denn hinter den Hügeln locken stille Täler, ein dichtes Netz teils sehr gut ausgebauter Radwege abseits der großen Straßen und beeindruckende Ausblicke auf den Bodensee. Einer der schönsten Aussichtspunkte auf der Meersburger Seite befindet sich auf dem knapp 900 Meter hohen „Höchsten“. Von dort liegt einem der ganze See zu Füßen, und im Hintergrund erheben sich die Schweizer Alpen.
Nach zwei Wochen Ferien mit vielen Radtouren waren alle zufrieden. Dass wir fast jeden Tag Rad gefahren sind, ist den Kindern nicht aufgefallen. Aus unseren früheren Radurlauben wussten wir: Für sie zählen die Stopps zwischendurch. Das kann ein Eis sein, ein Spielplatz, Ponyreiten oder der Sprung ins Wasser. Je autofreier und abgelegener die Strecke ist, umso unbesorgter können die Kinder Rad fahren, sich während der Fahrt mit Spielen ablenken und ohne nachzudenken in die Pedale treten. Das funktionierte gut, und wir Erwachsenen konnten das Fahren und die Landschaft genießen.
Wer mit anderen den Bodensee auf dem Rennrad umrunden will, kann dies am 7. September tun. Dann startet der alljährliche Radmarathon „Rund um den Bodensee“. Mehr Informationen dazu gibt es hier.