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Mit App und Peilsender gegen Fahrradklau

 

Wertvoll ist das Tandem nicht, aber Maltzan hängt an dem Rad © Maltzan
Wertvoll ist das Tandem nicht, aber Maltzan hängt an dem Rad © Maltzan

Schon wieder. Jörg Maltzan konnte es kaum glauben, als er aus dem Fenster seiner Wohnung in Hamburg-Wilhelmsburg schaute. Unten auf der Straße fuhr ein Knirps auf seinem gelben Falttandem davon. Erst ein Jahr zuvor war dem Journalisten und Fahrradblogger ein historisches Kinderrennrad aus dem Kofferraum seines Wagens geklaut worden. Damals hielt er gerade einen Vortrag über das legendäre Radrennen L’Eroica in einem Hamburger Fahrradladen. Sein Wagen stand im Flutlicht direkt vor der Eingangstür,  zu Dekozwecken waren Dach und Kofferraum mit historischen Fahrrädern bestückt.

Der Diebstahl damals war schon dreist und jetzt das. Maltzan hatte genug. Wenige Minuten später saß er auf seinem Rad und folgte dem Jungen. Er wollte sein Tandem wiederhaben.

Den Ärger des Journalisten können viele Radfahrer gut nachvollziehen. 317.000 Fahrräder wurden allein im vergangenen Jahr bei der Polizei als geklaut gemeldet. 4.000 mehr als im Vorjahr. Die Dunkelziffer liegt mit Sicherheit noch um einiges höher. Jeder einzelne Diebstahl ist ärgerlich und überflüssig. Mit immer mehr Technik versuchen Radfahrer ihre Räder zu schützen.

Eine gute Idee gegen Fahrraddiebe hatte Martin Jäger: Ihm wurden während seines Studiums insgesamt fünf Fahrräder gestohlen. Der Ärger war so groß, dass er das Onlineportal Fahrradjäger gegründet hat. Dort können Radfahrer ihr Fahrrad vor Diebstahl schützen, indem sie Fotos und die Rahmennummer veröffentlichen und ihr Rad mit dem Fahrradjäger-Aufkleber versehen. Auch bereits gestohlene Fahrräder können auf der Plattform gemeldet werden. Plant man den Kauf eines Gebrauchtrades, kann man so über die Rahmennummer leicht prüfen, ob es als gestohlen gemeldet wurde. 170 gestohlene Fahrräder fanden so bereits zurück zu ihren eigentlichen Besitzern.

Bezogen auf die Gesamtzahl an gestohlenen Rädern ist die Erfolgsquote natürlich äußerst gering. Aber bislang sind auch gerade mal 5.700 Radfahrer bei Fahrradjäger angemeldet. Je mehr mitmachen, umso größer sind die Aussichten auf Erfolg. Mittlerweile arbeitet Fahrradjäger auch mit der Polizei zusammen. Von den Beamten in Rostock erhalten sie von Rädern, die in der Hansestadt gestohlen wurden, Rahmennummern und weitere Fahrraddetails.

Außerdem plant Fahrradjäger, einen Peilsender mit ihrer App zu verknüpfen. Das Gerät merkt, wenn sich sein Besitzer von seinem Rad mehr als 100 Meter entfernt und sichert das Rad automatisch. Macht sich jemand an dem Rad zu schaffen, bekommt der Besitzer eine Meldung aufs Smartphone. Wird es gestohlen und fährt der Dieb mit seiner Beute davon, werden alle Fahrradjäger informiert, an denen der Dieb vorbeifährt. Die Crowdfunding-Aktion findet man hier.

Ich bin ein großer Fan von Peilsendern an Fahrrädern. Am liebsten würde ich auf jegliches Rahmenschloss am Rad verzichten, es einfach abstellen und via Knopfdruck sichern, wie ein Auto. Aber das ist noch ein schöner Traum. Das Problem der Fahrradjäger ist beispielsweise die zurzeit noch recht geringe Nutzerzahl. Die Chance, dass es über den Sender gefunden wird, ist noch sehr gering.

© Maltzan
© Maltzan

Jörg Maltzan hat sein Rad übrigens wiederbekommen. Den Jungen hat er nicht erwischen, stattdessen hat er ganz klassisch eine Belohnung versprochen und Suchmeldungen in seinem Stadtteil verteilt. Nach einiger Zeit rief ihn ein Mann an, der das Tandem in einem Teich gesehen hatte. Maltzan war gerade auf Geschäftsreise. Als der Finder merkte, wie wichtig dem Journalisten das Fahrrad war, stieg er in seine Waathose und zog das Tandem aus dem Wasser. Die Reifen fehlten bereits. Aber Maltzan war glücklich und hat es wieder hergerichtet.

Aus dem Teich gefischt © Maltzan
Aus dem Teich gefischt © Maltzan