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Lernen, wie Großstädte autofrei werden

 

Diese Schlagzeile ging im Dezember um die Welt: Keine Autos mehr im Zentrum von Paris! Madrids Innenstadt soll zwar auch autofrei werden, aber die Ankündigung der Verwaltung in der spanischen Hauptstadt hat weniger Aufruhr verursacht. Wie viele andere Metropolen weltweit ersticken die beiden Städte am Stau und versuchen seit Jahren, ihre Luftqualität zu verbessern. Bislang erfolglos. Stadt- und Verkehrsplaner müssen dringend umdenken und die Mobilität in ihren Städten nachhaltiger gestalten. Was man dafür machen kann, vermittelt das European Institute of Sustainable Transport (Eurist) – eine Nichtregierungsorganisation – in mehrtägigen Kursen, sogenannten Summer Schools. Im März organisiert die NGO das erste Mal einen Kurs in Hamburg.

Eurist berät seit Jahren Städte und Kommunen auf der ganzen Welt. Dabei geht es stets darum, den Autoverkehr zu reduzieren und den nicht-motorisierten Verkehr zu fördern. In der Summer School beschäftigen sich Studenten und Akademiker ausführlich mit nachhaltiger Mobilität. Die Summer School besteht aus drei Modulen, die jeweils mehrere Tage dauern und jeweils einen Schwerpunkt haben: Metropolitan Accessibility (Erreichbarkeit von Zielen in Ballungsräumen), Walking and Cycling (Zufußgehen und Radfahren) und Urban Logistics (Warentransport in der Stadt). Die Sprache während der Veranstaltung ist Englisch.

Die Summer School ist mit Vertretern aus Frankreich, den Niederlanden, Belgien, Österreich, der Schweiz, Kolumbien, den USA (New York) und Deutschland sehr international – und vor allem mit interessanten Rednern besetzt. Patrick Kayemba von der First African Bicycle Information Organisation aus Uganda wird beispielsweise die Situation für Radfahrer in Uganda schildern, und Michael Kodransky von der NGO Institute for Transportation & Development Policy in New York wird über die Rolle der Stadtplanung und den nicht-motorisierten Verkehr in Megastädten sprechen. Zudem sind Exkursionen geplant.

Jürgen Perschon, Geschäftsführer bei Eurist, sagt, die entscheidenden Personen in Deutschland seien über nachhaltige Mobilität bereits bestens informiert. Wie überall auf der Welt sei der politische Wille entscheidend und die Frage: „Was ist das für eine Stadt, in der ihr leben wollt?“

Wie wichtig eine klare Vorstellung ist, zeigt das Beispiel Kopenhagen. Heute ist die dänische Hauptstadt eine Metropole, die weltweit für ihren Radverkehr und eine hohe Lebensqualität bekannt ist. Dabei sahen ihre Straßen vor einigen Jahrzehnten genauso aus wie in jeder anderen europäischen Stadt. Über Jahre wurde die Infrastruktur für Radfahrer nach und nach aus- und die Parkflächen für Autos zurückgebaut. Der politische Wille der Entscheider und ihre Vorstellung über das zukünftige Stadtbild einer lebenswerten, nachhaltigen und modernen Metropole haben sie umgeformt.

Der Stadtplaner Jan Gehl war maßgeblich an Kopenhagens Umbau beteiligt. Er findet eine Stadt dann lebenswert, „wenn sie sich am Tempo der Fußgänger und Radfahrer orientiert statt am Tempo der Autos“. Ein weiterer wichtiger Indikator ist für Gehl die Anwesenheit von Kindern und Senioren in der Stadt, die sich autark auf den Straßen und Plätzen bewegen. „Überall in Kopenhagen sieht man Eltern mit Kinderwagen und selbst Fünfjährige auf dem Fahrrad“, sagte Gehl kürzlich im Interview mit brand eins. Von diesem Bild sind die meisten deutschen Städte weit entfernt.

Die Summer School von Eurist beginnt mit dem ersten Modul Metropolitan Accessibility am 9. März, das letzte Modul Urban Logistics endet am 27. März – der gesamte Kurs geht also über drei Wochen. Das ausführliche Programm gibt es hier. Die Module lassen sich aber auch einzeln buchen. Die Zielgruppe von Eurist sind vor allem Studenten, Akademiker sowie Stadt- und Verkehrsplaner.