Vor zwei Jahren hatte der freischaffende Künstler Norbert Krause in Mönchengladbach das Projekt 200 Tage Fahrradstadt gestartet (ZEIT ONLINE berichtete). Nicht etwa weil man dort besonders gut Radfahren kann, sondern gerade, weil die Infrastruktur in der Stadt nicht viel für Radfahrer hermacht. Mittlerweile engagiert die Stadtverwaltung Krause, damit er Radfahren in Mönchengladbach populärer macht.
Krause ist ein Macher. Er hält nichts davon, abzuwarten, bis etwas passiert. Zudem ist er Künstler und hat deshalb einen anderen Zugang zu dem Thema als Verkehrsplaner oder der ADFC. Mit verschiedenen ungewöhnlichen Aktionen wie Tandem-Speeddating oder einer Performance mit Orchestermusikern hat er 2013 erstmals versucht, Leute aufs Rad zu bringen. Als er zum Abschluss seines Projekts mit Mitstreitern dem Oberbürgermeister Norbert Bude Ideen überreichte, wie man mit wenig Geld die Rahmenbedingungen für Radfahrer in der Stadt verbessern könnte, bat ihn Bude, im kommenden Jahr das Projekt weiter zu führen. Seitdem versucht Krause den Mönchengladbachern das Radfahren schmackhafter zu machen.
Dabei geht er pragmatisch vor. Im Mai hat er mithilfe der Stadt und Sponsoren die Broschüre Querfeldein herausgegeben, ein kleines Heft im DIN-A5-Format, das zwölf Routen enthält. „Es gibt gute Fahrradwege durch die Stadt“, sagt Krause. Diese führten allerdings nicht entlang der Autostraßen und seien deshalb nicht jedem bekannt.
Um herauszufinden, wo man gut mit dem Rad durch Mönchengladbach kommt, stand er im vergangenen Jahr mehrere Tage auf den Marktplätzen der Stadt und forderte die Einwohner auf, ihre Favoriten auf Straßenkarten der Stadt zu markieren. Um die 200 Radfahrer haben mitgemacht. Von ihren Lieblingsstrecken sollen nun auch Gelegenheitsfahrer oder Zugezogene profitieren. Die Broschüre kann man sich hier herunterladen.
Im vergangenen Jahr organisierte Krause unter anderem die Rad-und-Tat-Tour: Vier Tage lang war er mit Mitarbeitern der Stadt in einem Bus auf zwei Marktplätzen in der Stadt, und die Einwohner konnten Ideen für eine fahrradfreundliche Stadt vorbringen. Interessierte konnten ihre Lösungsansätze und Meinungen zu Fahrradthemen in einem Café mit anderen teilen und diskutieren. Dabei ging es nicht um Fahrradwege, sondern um weiche Faktoren, vom Fahrradständer bis zum Miteinander auf der Straße. Die Ergebnisse sollen nun in den zukünftigen Masterplan Nahmobilität der Stadt Mönchengladbach einfließen. Dieser soll langfristig den Rad- und Fußverkehr in der Stadt neu regeln.
Messbar ist das Ergebnis von Krauses Arbeit nicht. Aber dass sich langsam etwas bewegt, zeigt für ihn die Fahrradsternfahrt, die er in diesem Jahr zum zweiten Mal mit dem ADFC in Mönchengladbach organisiert hat. Im vergangenen Jahr haben 500 Leute teilgenommen. Dieses Jahr wurden per Videozählung 1.200 Mitfahrer gezählt.
Auf die lokale Politik wollte Krause nicht warten. Ähnlich wie der Verein Wie leben wir, der ein freies Lastenrad für Köln angeschafft hat, wurde er lieber selbst aktiv, um etwas in der Stadt zu verändern, in der er lebt. Das stößt auf viel positive Resonanz und zeigt deutlich: Der Bedarf ist da. Bei der Bevölkerung und bei den Politikern. Die anscheinend gute Zusammenarbeit ist motivierend. Ich bin gespannt, wie es dort weitergeht.