Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Unterschriften sammeln für besseren Radverkehr

 

Einigen Berliner Radfahrern reicht es. Sie sind das Warten auf eine moderne und sichere Infrastruktur für Radfahrer leid und haben sich zusammengetan, um den „Volksentscheid Fahrrad“ auf den Weg bringen. Seit Freitag sammeln sie dafür Unterschriften im Internet. In ihren ersten drei Zielen geht es um: Sicherheit, Sicherheit und Sicherheit. 

Sichere Fahrradstraßen auch für Kinder und Senioren, sichere Radspuren für jede Hauptstraße und mehr Sicherheit an Kreuzungen – das ist der Kern ihrer ersten drei Forderungen. Sexy klingt das nicht. Aber Radfahren in Berlin ist auch selten sexy. Wer in Berlin auf der Fahrbahn fährt, sollte sportlich und selbstbewusst sein. In Kopenhagen und Amsterdam ist so eine Haltung überflüssig. Dort ist die Infrastruktur für Radfahrer aller Altersgruppen gemacht, vom Grundschüler bis zum Rentner.

Viele der Forderungen im Volksentscheid Fahrrad sind im Grunde im überarbeiteten Radverkehrskonzept des Berliner Senats enthalten. Den Initiatoren des Volksentscheids geht es um die Grundversorgung der Radfahrer mit zeitgemäßer Infrastruktur, die jetzt gebaut werden muss, weil ihre Instandhaltung und Anpassung an neue Standards jahrelang vernachlässigt wurden. Das beginnt bei Radwegen, die bereits seit 1997 nur in Ausnahmefällen separat geführt werden sollen, und hört bei Stellplätzen auf. Wer in Berlin zu Bahnhöfen oder U-Bahn-Stationen geht, passiert Unmengen von Fahrrädern, die mangels Abstellmöglichkeiten jeden Zentimeter Zaun und jeden Laternenpfahl mit Beschlag belegen. Das ist weder schön, noch schließen Radfahrer auf diese Art gern gute Räder an.

Bereits im Sommer hat der Berliner ADFC ein Umsetzungskonzept zur Radverkehrsstrategie der Bundeshauptstadt verfasst. Der Titel: Handeln statt Schönreden. Die wichtigste Forderung: mehr Personal. Das war ein wichtiges Signal für die Berliner Verkehrspolitik: Den Radfahrern dauert der Umbau zu lange. Doch das Personal fehlt weiterhin, damit die Radverkehrsstrategie spürbar schneller umgesetzt werden könnte.

Deshalb ist es ein schlauer Schachzug, jetzt den Volksentscheid anzustoßen. Denn im September 2016 wird in Berlin gewählt. Jetzt haben die Parteien noch Zeit, sich verkehrspolitisch zu positionieren. Tatsächlich ist Radfahren in, und die Politiker sollten die Zahl der Radfahrer nicht unterschätzen.

Mehrstufiges Verfahren

Eigentlich praktizieren die Initiatoren mit ihrem Volksentscheid parteiübergreifende Lobbyarbeit fürs Radfahren. Rein rechnerisch stehen die Chancen für eine hohe Beteiligung gut: Der Anteil der Radfahrer in Berlin lag 2013 bereits bei etwa 13 Prozent. Dass sind bei rund 3,47 Millionen Einwohnern in der Hauptstadt etwa 451.000 Radfahrer. In Berlin ist die Wahlbeteiligung traditionell recht hoch. 2011 gaben bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus rund 60,2 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab.

Vor diesem Hintergrund werden die kommenden Wochen interessant. Zunächst geht es darum, binnen sechs Monaten die notwendigen 20.000 Stimmen für den Antrag zu sammeln, damit das Volksbegehren eingeleitet wird. Anschließend sind die Berliner Radfahrer gefragt. Vier Monate haben sie dann Zeit, über das Volksbegehren abzustimmen. Rechnet man konservativ mit 40 Prozent der Radfahrer, die dafür unterschreiben, kommen rund 10.000 mehr Stimmen zusammen als die erforderlichen 170.000. Erst danach würde der Volksentscheid durchgeführt, mit einem Quorum von 25 Prozent aller Wahlberechtigten.

Die Radfahrer haben jetzt die Möglichkeit, sich für eine bessere Infrastruktur einzusetzen. So kann die Initiative zu einem Stimmungsbild der Berliner Radfahrer werden. Allerdings müssen die Berliner Radfahrer zunächst von dem Volksentscheid erfahren, damit sie sich äußern können. Deshalb braucht die Kampagne jetzt vor allem eines: eine gute Öffentlichkeitsarbeit.