Sie möchte sich ein neues Cityrad für 500 Euro kaufen, erzählte kürzlich eine Bekannte. Mit dem Betrag trifft sie genau den Durchschnittswert, den Deutsche für ihr Neurad ausgeben. Aber reicht das? Was bekommt man dafür und worauf muss man achten?
Vor jedem Fahrradkauf muss man sich genau überlegen, wofür und wie oft man das Rad nutzen möchte. Wer im Flachland wohnt, dem reicht die Dreigangschaltung eher als demjenigen, der in der süddeutschen Kleinstadt wohnt. Wer mit dem Rad täglich zur Arbeit fährt, braucht ein robusteres Rad als derjenige, der damit nur am Wochenende fünf Kilometer zum Frühstück mit Freunden fährt. Aber unabhängig vom Einsatzzweck gilt: Ein Fahrrad muss passen wie ein guter Schuh. Ist das nicht der Fall, fährt man nach einiger Zeit noch nicht mal mehr damit zum Bäcker.
Für ein solides Cityrad gibt man nach Expertenmeinung etwa 900 Euro aus. Dann sind Schaltung, Bremse und Licht robust und gut verarbeitet, und man kann davon ausgehen, dass auch Kleinteile wie Schrauben und Züge aus hochwertigem Material bestehen und nicht innerhalb kürzester Zeit rosten.
„Geh in ein Fahrradgeschäft, lass dich beraten und vor allem fahre Räder aller Preisklassen Probe“, riet ich meiner Bekannten. Die praktische Erfahrung ist oft hilfreicher als theoretische Vorträge. Im direkten Vergleich spürt man schnell die Unterschiede beim Schalten, Bremsen und Fahren und erfährt buchstäblich mögliche Vorzüge und Nachteile.
Als ich meine Bekannte das nächste Mal traf, hatte sie einige Räder getestet. Ihr Favorit war aus dem Rennen, weil er sich „so seltsam fuhr“ und sie hatte ihr Budget auf 750 Euro aufgestockt, „weil die Räder solider verarbeitet waren“.
Allerdings verzweifelte sie an den Verkäufern im Fachhandel. Der eine beriet sie überhaupt nicht, und der andere verunsicherte sie mit Aussagen wie „Fahrräder halten heutzutage sowieso nur noch zwei, drei Jahre.“ Doch eine vernünftige Beratung ist entscheidend. Schließlich hilft der Fahrradhändler nicht nur bei der Suche nach dem passenden Rad, er stellt mit dem Kunden auch später die individuelle Sitzposition ein. Die entscheidet letztlich über den Fahrkomfort. Einen Bericht dazu gibt es hier.
Allen, die frustriert oder orientierungslos sind bei der Suche nach einem Fachhändler, rät David Koßmann, Herausgeber des Fahrstil-Magazins und ehemaliger Mitarbeiter eines Fahrradladens, einen VSF-Laden aufzusuchen. VSF steht für Verbund Service und Fahrrad und ist ein Branchenverband, dem mehr als 300 Fahrradfachgeschäfte, Hersteller und Dienstleister angehören. Der VSF vergibt auch das All-right-Siegel, das bewährte Komponenten kennzeichnet. „Diese Händler legen in der Regel Wert auf gute Beratung“, meint Koßmann.
Wer mit einem 500-Euro-Budget ein Neurad sucht, muss laut Koßmann allerdings intensiv suchen. Er rät, den Fachhändler zunächst nach Vorjahresmodellen fragen. Die haben nicht die aktuelle Modefarbe, seien deshalb häufig im Preis reduziert. Außerdem sind teurere Räder häufig mit Komponenten auf gleichem Qualitätsniveau ausgestattet. Günstigere Modelle werden von dem Großhändler dagegen mit ein oder zwei hochwertigen Komponenten als Blickfang ausgestattet. Andere Teile seien dann minderwertiger. Wichtig sei, dass Schaltung, Bremsen und Bauteile wie Kurbeln von einem Hersteller sind, sagt Koßmann.
Neben dem Vorjahresmodell sei eine weitere Möglichkeit, sich mit einem Experten aus dem Bekanntenkreis auf dem Gebrauchtmarkt umzusehen, sagt Koßmann. Dort bekomme man für das gleiche Geld ein höherwertiges Rad.
Meine Bekannte sucht weiterhin. Sie hat sich den Fahrradkauf leichter vorgestellt. Ihr Fazit: „Für Laien ist es ganz schön schwierig, die Qualitätsunterschiede der Räder zu erkennen und einzuschätzen.“