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Wacken-Festival nutzt Cargo-Bikes

 

Lastenrad mit Aufbau für leere Wertstoffflaschen © Wacken / Enno Heymann
Lastenrad mit Aufbau für leere Wertstoffflaschen © Wacken / Enno Heymann

Lastenräder sind immer häufiger in Großstädten unterwegs. Für Pizzadienste und Apotheken, als Kaffeebude oder Werkzeuglager des Handwerkers. In einer Studie lässt die Europäische Union gerade prüfen, in welchem Umfang Cargo-Bikes beim privaten und gewerblichen Frachttransport Pkw ersetzen können. Die Untersuchung ist auf vier Jahre angelegt, aber ein Zwischenbericht nach Dreiviertel der Zeit präsentiert überraschende Ergebnisse: Jede zweite Sendung könnte per Velo zum Kunden gebracht werden. Das gilt für eine Fracht unter 200 Kilogramm, mit einem Volumen von einem Kubikmeter und einer Strecke von maximal sieben Kilometern.

Dass Lastenräder auch auf ungewöhnlichem Terrain zurecht kommen, zeigte sich auf der Lastenradtagung, die der Deutsche Evangelische Kirchentag kürzlich in Hamburg initiiert hatte. Dort stellte Enno Heymann von der Organisation des Wacken Open Air vor, wie Cargo-Bikes auf dem Gelände des weltgrößten Heavy Metal Konzerts zum Beispiel als Müllmobil unterwegs sind. Die dreirädrigen Liegeräder haben hinter dem Fahrer einen Korbaufbau mit Netz. Darin sammeln drei Helfer leere Getränkedosen und Plastikflaschen; sie begleiten jeweils ein Rad zu Fuß. 15 bis 20 Leergut-Säcke passen in so einen Aufbau.

Bei gutem Wetter schaffen die zweispurigen Räder die 800 bis 2.000 Meter lange Strecke zwischen Campingplatz, Festivalgelände und Müllsammelplatz problemlos. Anders bei Regen. Dann müssen die Begleiter anpacken und die Räder durch den wadentiefen Wacken-Schlamm schieben.

Bei den 75.000 Besuchern des Festivals kommen die Räder anscheinend gut an. „Wacken ist ein grünes Festival“, sagt Heymann. Anstatt 68 Dieselaggregate aufzustellen, ließen die Organisatoren vor ein paar Jahren eine vier Kilometer lange Stromleitung verlegen. Außerdem wurde eine Drainage verlegt, ferner wurden Wasserleitungen und Brunnen installiert, um die Schlammschlacht etwas abzumildern.

In großen Industrieanlagen werden Lastenräder bereits seit Jahrzehnten eingesetzt. Timo Messerschmidt von der Firma Wisag machte auf der Lastenradtagung in Hamburg deutlich, dass Unternehmer mit den Cargo-Bikes auch richtig Geld sparen. Die Wisag ist ein Dienstleister, der für Industrieunternehmen Großanlagen reinigt oder Anlagen baut. Allerdings verlangen manche seiner Kunden von der Wisag Infrastrukturkosten. Salopp gesagt: Sie verlangen Eintritt. Messerschmidt muss dann zum Beispiel für jeden Mitarbeiter 3,50 Euro zahlen, für jedes Auto 8 Euro – pro Arbeitstag.

Um bei diesen Gebühren zu sparen, setzt die Wisag seit einiger Zeit Lastenräder ein, denn die sind kostenfrei. Außerdem können die Mitarbeiter mit den Rädern näher an die Anlagen heranfahren als mit den Autos. Das spart Zeit, und sie müssen ihr Werkzeug nicht tragen.

Im ersten Versuch hatte die Wisag herkömmliche Trekkingräder angeschafft. Die seien von den Mitarbeitern zwar gut angenommen worden, berichtet Messerschmidt. Allerdings seien sieben von elf Rädern nach sechs Monaten kaputt gewesen – sie waren für die schweren Lasten schlicht ungeeignet. Daraufhin entwickelte die Wisag mit einem Lastenradhersteller ein eigenes Cargo-Bike, mit einer Zuladung von 200 Kilogramm.

Davon setzt Messerschmidt nun etwas mehr als 100 Räder ein. Die Bilanz nach einem Jahr: ein platter Reifen. Die Räder können von den einzelnen Bereichsleitern der Wisag für ihre Belegschaft bestellt werden. Für 2014 erwartet Messerschmidt, dass sich die Bestellungen verdoppeln.