Verkehrsthemen polarisieren. Ein gutes Beispiel dafür ist die SolaRoad in den Niederlanden. Manche Leser finden es kompletten Blödsinn, Solaranlagen als Oberfläche eines Radwegs auf den Boden zu verlegen. Andere sehen es als probate Möglichkeit, eine Verkehrsfläche zusätzlich zu nutzen. Sten de Wit von SolaRoad kennt die Kritik an seinem Projekt.
Solarenergie leistet einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Energiegewinnung, davon ist de Wit überzeugt. In den Niederlanden fehle es aber an ausreichenden Flächen, sagt er. Die Straßenoberfläche sei insgesamt bedeutend größer als die Gesamtfläche geeigneter Dächer für Solaranlagen.
Diese Aussage lässt sich wahrscheinlich auf viele Industriestaaten übertragen. Allerdings kritisieren die Gegner die geringe Effizienz der Anlagen. Hier kontert de Wit mit der noch jungen Technologie und der aktuellen Forschung.
Fakt ist: Die SolaRoad in Krommenie, einem Dorf nordwestlich von Amsterdam, ist der erste Radweg, der mit Fotovoltaikpaneelen belegt ist. Es ist ein Forschungsprojekt und befindet sich in der Testphase. Nach und nach wollten die Wissenschaftler und Ingenieure nun seine Energieleistung steigern und die Kosten für Produktion, Installation und Wartung senken, erläutert de Wit.
Am Projekt SolaRoad sind unter anderem die TNO – eine staatliche Organisation für angewandte Naturwissenschaft – und die Technische Universität Delft sowie die Provinz Noord-Holland beteiligt. Zurzeit rechnet de Wit damit, dass die Gesamtbetriebskosten der SolaRoad in vier bis fünf Jahren der einer normalen Straße entsprechen. Das klingt ehrgeizig.
Was für de Wit aber mindestens ebenso wichtig ist wie die Steigerung der Rentabilität, ist die Vision hinter dem Solarradweg. Ihm geht es darum, die Energiegewinnung aus Sonnenlicht in neuen Märkten und vor allem in einem größeren Maßstab anzuwenden. Ein Straßenbelag, der Energie produziert, passt in dieses Konzept.
Die erste Zwischenbilanz fiel positiv aus, wie ich hier auf dem Blog berichtete. In den ersten Monaten produzierte das 70 Meter lange Stück SolaRoad 3.000 Kilowattstunden (kWh) an Strom. Das entspricht etwa dem Energieverbrauch eines durchschnittlichen niederländischen Haushaltes innerhalb eines Jahres. Das kurze Stück könnte pro Jahr etwa zwei Haushalte komplett mit Strom versorgen. Der Jahresertrag von 70 kWh pro Quadratmeter Fläche klingt natürlich nach sehr wenig. Wenn man aber sieht, wie viel ungenutzte Fläche bei Fuß- und Radwegen vorhanden sind, dann ist das Potenzial nicht mehr ganz so klein.
Das sehen andere anscheinend ähnlich. Das Interesse der Wissenschaft und der Kommunen scheint geweckt. Zurzeit bekommt das Unternehmen laut de Wit jede Woche Anfragen von Hochschulen, Kommunen und Unternehmen aus der ganzen Welt. Sie alle wollen sich über das Projekt informieren oder sind bereits an einer Zusammenarbeit interessiert.
Konkret sind derzeit Folgepilotprojekte in drei niederländischen Provinzen in Arbeit. Außerdem gibt es laut de Wit weitere Gespräche mit einer Reihe von Städten und Gemeinden, unter anderem sogar in Kalifornien.
Sorgen um die Robustheit des Radwegs macht sich de Wit nicht. Die Solarzellen sind zwischen zwei Platten aus gehärtetem Glas in einem Betongehäuse eingebettet. „Die mechanischen und thermischen Tests des Prototypen zeigen, dass die Elemente dem täglichen Gebrauch sehr gut standhalten“, sagt er.
Außerdem verwendet der Hersteller Sicherheitsglas. Wenn es bricht, entstehen viele kleine Stück, die aber durch die Beschichtung an ihrem Platz verbleiben. Gefährliche Scherben gibt es für den Radfahrer nicht. Er kann den Weg weiterhin befahren, bis das Element repariert ist. Dazu muss es allerdings mit einem Kran angehoben und durch ein anderes Element ersetzt werden.