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Oslo steckt viel Geld in den Radverkehr

 

In der Regel steckt die Politik ihre Ziele weit in die Zukunft. Das neue Bündnis im Osloer Rathaus macht es anders: 2019 sollen in der norwegischen Hauptstadt viel weniger Autos unterwegs sein. Stattdessen will der neue Stadtrat den ÖPNV stärken und das Radfahren etablieren.  

Mitte September wurde in Oslo gewählt. Nach 18 Jahren Regierungszeit wurde der konservative Stadtrat von einem neuen Bündnis aus Sozialdemokraten, Grünen und Linken im Rathaus abgelöst. Jetzt will die neue Stadtregierung das Radwegenetz ausbauen und Autos aus dem Stadtzentrum verbannen.

Das Vorhaben ist ambitioniert. Zwar leben von den rund 600.000 Einwohnern Oslos nur etwa 1.000 im Zentrum, dem kleinen Stadtteil zwischen Oper und Königlichem Schloss, zwischen der Veranstaltungshalle Spektrum und der Festung Akershus. Doch 90.000 arbeiten in diesem Gebiet – was zu einem enormen Pendelverkehr führt.

Noch ist der Anteil der Radfahrer am Gesamtverkehr mit acht Prozent recht gering. Deutsche Städte mit vergleichbarer Größe wie Stuttgart und Dortmund sind mit rund sieben Prozent auf vergleichbarem Niveau, Düsseldorf mit ebenfalls 600.000 Einwohnern hat hingegen einen Radfahreranteil von zwölf Prozent. Oslo will den Anteil bis 2025 auf 16 Prozent verdoppeln, berichtet das schwedische Planungs- und Beratungsbüro Spacescape. Es hat das Strategiepapier für Oslos Radverkehr mitentwickelt.

Um das zu schaffen, soll massiv investiert werden. Wie die Onlinetageszeitung Osloby, ein Ableger der wichtigsten norwegischen Tageszeitung Aftenposten, berichtet, will die Stadtregierung in der ersten Phase bis 2025 eine Summe von 4,3 Milliarden norwegische Kronen (rund 450 Millionen Euro) investieren. Das entspricht also rund 45 Millionen Euro pro Jahr. Anschließend soll das Budget verdoppelt werden.

Wer für den Radverkehr so viel Geld ausgibt, meint es ernst mit dem Umstieg vom Auto aufs Rad und den ÖPNV. Unter anderem will der Stadtrat ab Januar die Anschaffung eines Elektrofahrrads finanziell unterstützen.

Das Ziel ist, bis 2019 den Autoverkehr im gesamten Stadtverkehr um 20 Prozent zu reduzieren, bis 2030 um weitere 10 Prozent. Ein Mittel hierfür ist neben dem Ausbau der Radinfrastruktur die Anpassung der seit 25 Jahren in Oslo bestehenden Straßenmaut. Für Autos mit Verbrennungsmotor soll die Mautgebühr steigen, Elektrofahrzeuge zahlen nichts.

Oslos Einzelhändler und Unternehmen fürchten, dass ihre Umsätze zurückgehen. Immerhin elf der 57 großen Einkaufszentren Oslos befinden sich in der Innenstadt. Allerdings zeigt die Erfahrung bislang, dass die Kaufkraft nicht schwindet, eher im Gegenteil.

Außerdem gibt es bereits Alternativen, wie das Möbelhaus Ikea mitten im Hamburger Stadtteil Altona zeigt. Dort werden die Einkäufe der Kunden unter anderem per Lastenrad, mit Anhängern oder auch dem Mietwagen heim transportiert – entweder per Kurierdiensten oder die Kunden fahren selbst.

Die autofreie City war im Osloer Wahlkampf eine Hauptforderung der dann gewählten Mehrheit. Das ist aufschlussreich. Die Hauptstadtbewohner haben sich bewusst entschieden: für ein lebenswertes Zentrum ohne Autos, freie Plätze ohne Krach und Gestank, dafür entspanntes Radfahren auf den Straßen oder Fahren mit der U-Bahn. Klingt ziemlich gut, fast ein bisschen wie Urlaub.