„Wir nutzen den Wald regelmäßig für unseren Sport, also ist es auch selbstverständlich, dass wir uns um ihn kümmern“, sagt Christian Krämer. Er organisiert das Mountainbike-Rennen Schlaflos im Sattel (SIS). Einmal im Jahr trommelt er die Teilnehmer von SIS zusammen, damit sie ihren Gastgebern in Weidenthal helfen, im Wald oder auf dem Sportplatz aufräumen.
Mit dieser Haltung kratzt Krämer an einem Reizthema. Mountainbiken polarisiert. Die einen vertreten die Meinung, Mountainbiker dürften überall fahren, solange sie sich benehmen; die anderen wollen sie auf ausgewiesene Routen verweisen, was viele Mountainbiker ebenso inakzeptabel wie indiskutabel finden.
Krämer will die Radfahrer in die Pflicht nehmen. Sie sollen sich auf ihrem Spielfeld im Wald engagieren. Als Nebeneffekt verspricht er sich davon, dass sie sensibilisiert werden für das Terrain, die Tiere und den Menschen, denen sie im Wald begegnen.
In einigen Regionen kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen Radfahrern und Wanderern, Jägern, Förstern oder Joggern. Gern zitiert Krämer in diesem Zusammenhang das „Share the Trail“- Schild der amerikanischen Mountainbiker Organisation IMBA. Die Botschaft ist so simpel, dass es für eine Gesellschaft eigentlich peinlich ist, sie überhaupt äußern zu müssen: Nehmt Rücksicht auf die Schwächeren.
Ist die Konsequenz aus regionalen Problemen, dass jeder Mountainbiker einmal im Jahr seine Arbeitsstunden im Wald ableisten muss? Eher nicht. Man kann nicht alles professionalisieren. Zudem helfen viele Mountainbiker bereits oder wollen helfen und werden abgewiesen. Womit Krämer allerdings richtig liegt: Menschen sind bereit, sich zu engagieren, wenn sie erkennen, dass die Möglichkeit besteht, etwas mitzugestalten. Allein in Deutschland engagieren sich 36 Prozent der Bevölkerung ab ihrem 14. Lebensjahr ehrenamtlich. Mehr Engagement im Wald würde sicherlich vielen Menschen und dem Wald gut tun.
Über ehrenamtliches Engagement funktioniert auch Krämers Veranstaltung SIS. Seit acht Jahren fahren in Weidenthal in der Pfalz am ersten August-Wochenende rund 500 Menschen auf. Die meisten sind Mountainbiker, im Schlepptau haben sie ihre Liebsten und den Nachwuchs, der beim Kinderrennen am Samstagnachmittag startet. SIS ist eine Mischung aus Mountainbike-Festival und Familienfest. Freitagabends spielt eine Hardrock-Band, Samstagnachmittag gibt es ein Singlespeed-Rennen mit Männern in bizarren Kostümen. Es gibt viele Fahrräder, noch mehr Fachsimpeleien. Und um 20.52 Uhr beginnt dann das, worum es eigentlich geht: die Nachtfahrt durch den Wald bis morgens um 5.59 Uhr.
Der Arbeitseinsatz einmal im Jahr ist für viele der Mountainbiker deshalb selbstverständlich. 40 von ihnen standen Pfingstsamstag morgens um 10 Uhr auf dem Weidenthaler Sportplatz. Sie haben Wurzeln entfernt, Geländer gestrichen, einen Hang befestigt und den Platz fürs Sportfest fit gemacht. Bei früheren Einsätzen haben sie verwilderte Wanderwege frei gelegt. „Der Förster sagt uns, was anliegt, und wir machen das“, sagt Krämer.
In Weidenthal reden Radfahrer und Anwohner miteinander, einer hilft dem anderen. So funktioniert Gesellschaft auch im Wald. Den wenigen, die sich im Wald gegenseitig das Leben schwer machen, kann man eigentlich nur zurufen: Entspannt euch! Und es selber besser machen.