Lesezeichen
 

Radfahrer schweben über der Kreuzung

© ipf Delft
© ipv Delft

Im Januar hatte ich das Radwege-Konzept von Norman Foster für London vorgestellt. Der Architekt will über die S-Bahn einen Fahrradhighway bauen. Nun habe ich bei WirtschaftsWoche Green die oben gezeigte Schwebebrücke entdeckt. Sie hat die Form eines Kreisverkehrs und wird Hovenring genannt. Die Brücke wurde im Juni 2012 eröffnet und würde sich gut in Fosters Konzept einfügen. Im Gegensatz zu dem geplanten Londoner Superhighway existiert sie bereits – in den Niederlanden. Wo sonst.

Der Hovenring ist mit 24 Stahlkabeln an einem 70 Meter hohen Pfeiler aufgehängt und soll das neue Wahrzeichen Eindhovens werden. Für die Radfahrer gibt es vier Zu- und Abfahrten über 16 Meter langen Rampen. Der Hovenring überquert eine der meist befahrenen Einfallstraßen nach Eindhoven. Laut ipv Delft – dem niederländischen Brückenspezialisten, der den Hovenring konstruierte und den Bau begleitete – passieren hier täglich 25.000 Fahrzeuge die Kreuzung unter der Fahrradbrücke.

Das Bauwerk ist imposant, insbesondere bei Dunkelheit aufgrund der eindrucksvollen Beleuchtung.

Ganz reibungslos verlief der Bau allerdings nicht. Während der Bauarbeiten zeigte sich laut ipv Delft, dass die Abspannseile heftiger als erwartet durch Böen bewegt werden. ipv Delft besserte nach. Nun sorgen unter anderem Gegengewichte für zusätzliche Stabilität.

Laut Marion Kresken, Mitarbeiterin bei ipv Delft, hat die Brücke 6,3 Millionen Euro gekostet. Inklusive Infrastrukturkosten wurden für das Bauwerk elf Millionen Euro ausgegeben. Zum Vergleich: Berlin hat in seinen Haushalt für 2014 gerade mal vier Millionen Euro für Radverkehr vorgesehen. Damit werden aber nicht nur der Bau und Unterhalt alter und neuer Radwege finanziert, sondern auch das Leihradsystem Call-A-Bike mit einer Million Euro.

© ipv Delft
© ipv Delft

 

hellingen
© ipv Delft

 

 

Münster: Deutschlands Radfahrparadies wird alt

Schmale Radwege gibt es viele in Münsters Zentrum. Dieser führt mitten durch die Bushaltestelle führen © Reidl

Zugegeben, meine Ansprüche waren hoch. Es war mein erster Besuch im als Fahrradstadt bekannten Münster, und ich hatte erwartet, dass die Stadt hier den Radfahrern im übertragenen Sinn einen roten Teppich ausrollt. Den gibt es natürlich nicht. Aber dass die Radwege im Zentrum in der Regel nur unwesentlich breiter sind als ein Fahrradlenker und überwiegend auf Hochbordradwegen verlaufen, hat mich dann doch erstaunt.

Münster ist zweifelsohne Fahrradstadt. Aber eine, die Gefahr läuft, langfristig ihre Vorreiterrolle an Städte wie Freiburg oder Karlsruhe abzutreten. Weiter„Münster: Deutschlands Radfahrparadies wird alt“

 

Mit Bikesurfing kostenlos zum Leihrad

Als Olga Andreeva nach Berlin kam, hat sie sich ein Fahrrad ausgeliehen – umsonst. Nicht bei einer Freundin oder Bekannten, sondern über BikeSurf Berlin. Alles was die Verleiher für eine Woche Radausleihe von ihr wollten, war ihre E-Mail-Adresse. An diese schickten sie dann den Schlosscode und den Standort des Velos. Nach Ablauf der Leihdauer stellte Olga das Rad an dem vereinbarten Standort wieder ab.

Das Prinzip „Nutzen statt besitzen“ findet immer mehr Liebhaber. Die Menschen teilen bereitwillig: ihre Wohnung mit Reisenden – wie etwa beim Couchsurfing – oder Alltagsgegenstände, die sie selten oder gar nicht brauchen, in Tauschläden wie Leila in Berlin.

Von den genannten unterscheidet sich BikeSurf Berlin allerdings in einem Punkt: Die Fahrradverleiher erwartet keine Gegenleistung. Graham Pope, der Initiator des Non-Profit-Projekts, sieht vielmehr die Chance, „jeden Menschen mit dem besten, ökologischsten und gesündesten Fortbewegungsmittel der Welt zu versorgen – dem Fahrrad“.

In Berlin entwickelt sich sein Vorhaben gut. Das BikeSurf-Team – zehn Männer und Frauen – besorgt die Räder, pflegt sie und stellt sie Unbekannten zur Verfügung. Das erfordert ehrenamtliche Arbeit und Kunden, die sorgsam mit den Velos umgehen.

Bisher funktioniert das. 600 Menschen haben bei BikeSurf Berlin bereits Räder ausgeliehen. Damit hat Pope nicht gerechnet. Angefangen hat er im vergangenen Sommer mit zwei Rädern. Mittlerweile hat das Team 22 Exemplare im Fundus. Mehr geht nicht. Neben der Wartung kümmern sich die Ehrenamtler um Logistik und Werbung. Damit seien sie zurzeit am Limit dessen, was sie leisten könnten, sagt Olga Andreeva, die mittlerweile zum BikeSurf-Team gehört.

Der überwiegende Teil der Nutzer sind Touristen. Wer etwas spenden möchte, kann sich an diesem Richtwert orientieren: Wartung und Unterhalt eines Fahrrads kosten etwa 50 Cent pro Tag. Da sich das Team und die Kunden im echten Leben eigentlich nie treffen, spenden einige über die Website. „Manche BikeSurf-Kunden helfen uns aber auch und reparieren oder warten die Räder“, sagt Andreeva.

Ein Problem für das Team ist der Fahrraddiebstahl. Sechs Räder sind ihnen in den vergangenen Monaten gestohlen worden. Nachschub erhalten sie laut Olga Andreeva bei Versteigerungen der Polizei oder der Bahn. Manchmal bekommen sie auch ein Rad geschenkt.

Initiator Graham Pope hofft, dass seine Idee Nachahmer findet und man irgendwann in jeder Stadt der Welt kostenlos Fahrräder ausleihen kann. Im polnischen Krakau wurde die BikeSurf-Idee gerade kopiert: Dort kann man zurzeit zwei Räder ausborgen.