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Der Mann für den feinen Unterschied

© The Bike Book - Lifestyle. Passion. Design. published by teNeues
© The Bike Book – Lifestyle. Passion. Design. published by teNeues

Der Sattel ist aus Ziegenfell, Stierhörner ersetzen den Lenker und der Bremshebel kommt aus England und ist eigentlich eine Badezimmer-Armatur. Wer hinter dem Erbauer dieses ungewöhnlichen Fahrrads einen egozentrischen Macho vermutet, liegt falsch. Dirk de Günther ist unglaublich freundlich, zugewandt und neugierig auf sein Gegenüber. Das muss er auch sein. Denn der Wahlberliner baut seinen Kunden Traumräder. Dabei weiß er sogar häufig genauer, wovon sie eigentlich träumen, als die Kunden selbst.

Ein schönes Beispiel dafür ist seine Beratung eines Immobilienmaklers. Als dieser aus seinem Bentley stieg und auf die kleine Manufaktur in Berlin-Charlottenburg zusteuerte, wusste der Fahrraddesigner sofort, was der Kunde für ein Fahrrad brauchte: einen gemufften Rahmen aus den sechziger Jahren, ohne jegliches Plastik, dafür mit Pedalen, Griffen und einem Kettenschutz aus Leder.

Dem Bentley-Fahrer gefiel das – bis er mit de Günther über die Farbe diskutierte. Der Kunde wollte schwarz. Aber sein Gegenüber winkte ab. Das passe nicht zu ihm, er sei nicht so ein kantiger Typ, erklärte de Günther. Der Kunde war skeptisch. Als ihm der Fahrraddesigner dann jedoch erklärte, dass er sicherlich nie schwarze Anzüge trage, sondern dunkelblaue, dunkelbraune oder dunkelrote, hielt der Immobilienmakler inne. So genau hatte ihm ein Fremder noch nie seinen Kleiderschrank beschrieben. Das Rad wurde dunkelblau.

Es sind Nuancen, für Laien oft kaum erkennbar, die den Unterschied ausmachen zwischen schön und perfekt. De Günther ist Fachmann für den feinen Unterschied.

Dirk de Günther vor seinem Laden in Berlin Charlottenburg © Reidl
Dirk de Günther vor seinem Laden in Berlin-Charlottenburg © Reidl

© Deginder Cycle Manufactur
© Deginder Cycle Manufactur

Sein Technikverständnis verdankt Dirk de Günther zum Teil seinem Vater. Der hatte ein Fahrradgeschäft und sein Sohn dadurch Zugang zu den neuesten Modellen – von klein auf. „Meine Mutter sagte immer, dass ich erst Fahrrad fahren und dann laufen konnte“, erzählt er.

Schon als Knirps hatte er eine sehr genaue Vorstellung davon, wie sein Rad aussehen sollte. Nämlich „clean“, wie er sagt. Man könnte auch sagen, der Kleine war ein Purist. Licht, Schutzbleche und Klingel fand er überflüssig und baute sie regelmäßig ab. Zum Ärger seines Vaters, der stillschweigend alles wieder anschraubte. Darüber wunderte sich der Junge zwar, aber es hielt ihn nicht davon ab, es wieder abzuschrauben. „Es war das ein ständiges Hin und Her“, erinnert sich de Günther.

An sein erstes Kinderrad habe er Fußrasten montiert und mit dem Rad Tricks gemacht, erinnert er sich. 50 Meter sei er damit auf dem Hinterrad gefahren. „Ich war natürlich stolz wie Oskar, wenn die großen Jungs gestaunt haben, was ich Knirps alles kann“, sagt er heute.

Als Erwachsener geriet seine Liebe zu Fahrrädern zwischenzeitlich ein bisschen in Vergessenheit. De Günther wurde Kfz-Mechaniker, studierte BWL, arbeitete als Manager in Hamburg und sammelte Autos – englische Oldtimer. Dann machte er sechs Jahre Urlaub. Irgendwann hat er mit seiner Frau eine Modeboutique in Berlin betrieben.

© Deginder Cycle Manufactur
© Deginder Cycle Manufactur

© Deginder Cycle Manufactur
© Deginder Cycle Manufactur

In der Hauptstadt fand er in einer Hecke ein völlig eingewachsenes Rad aus den dreißiger Jahren. Da er sich schon lange wieder ein Fahrrad wünschte, nahm er es mit und putzte es heraus: Der Rahmen bekam einen neuen Lack, die Pedale überzog er mit Leder, ebenso die Griffe und den Sattel. Damit fuhr er durch die Stadt.

Was dann geschah, war für de Günther eine Überraschung: Die Leute auf der Straße sprachen ihn an. Ihnen gefiel das Rad, und sie wünschten sich ein ähnliches. De Günther hörte ihnen zu, machte Vorschläge und baute so erst in Gedanken, später dann in seiner Werkstatt neue Räder auf.

Seitdem hantiert er mit Fahrradrahmen aus dem vergangenen und dem neuen Jahrhundert. Er macht aus alten wie neuen Rädern etwas komplett anderes. Dafür wird geschraubt, gelötet, lackiert, genäht, überzogen, verziert, verchromt und auch mal vergoldet. Wenn die guten Stücke seinen Laden verlassen, sind sie für de Günther „Kunstwerke“.

Inzwischen ist die Deginder Cycle Manufaktur eine bekannte Marke. Seine Räder zieren Designbücher, sie stehen zu Werbezwecken auf Messen und vor Designergeschäften.

Aber unabhängig davon, für wen de Günther ein Rad fertigt: Entscheidend für ihn ist, dass seine Räder zu ihren Besitzern passen und sie glücklich machen. Jeden Tag, bei jeder Fahrt immer wieder ein kleines bisschen aufs Neue.

© Deginder Cycle Manufactur
© Deginder Cycle Manufactur

 

Die Top 50 German Bike Blogs: Ein Ranking und seine Bedeutung

Zimmer mit Fahrrad © www.stephanlemke.com für 25hours Hotel
Hotelzimmer mit Fahrrad © www.stephanlemke.com für 25hours Hotel

Der Journalist und Fahrradblogger Wolfgang Scherreiks hat vergangene Woche zum zweiten Mal sein Ranking der Top 50 German Bike Blogs veröffentlicht. Die Liste seiner Favoriten ist subjektiv, aber wie er selbst schreibt, geht es eher „um das Kuratieren einer Sammlung als ein erbittertes Geschacher um einzelne Plätze“. Interessanter als der eigentliche Listenplatz ist ein Blick auf die Anzahl und Vielfalt der Blogs und dem, was sie widerspiegeln. Weiter„Die Top 50 German Bike Blogs: Ein Ranking und seine Bedeutung“

 

Preise für jugendliche Fahrradfilmer

Es ist Berlinale und die Hauptstadt wird zur Filmstadt. Doch während die Aufregung bei Filmemachern und Schauspielern noch steigt,  durften sich 21 junge Nachwuchsfilmer bereits Freitagabend in Berlin freuen. Sie haben bei dem Kurzfilmwettbewerb „Like it ­– Bike it“ gewonnen und bekamen am Abend ihre Preise überreicht. Jeder der Jugendlichen hat mit seinem Kurzfilm gezeigt, warum er das Fahrrad liebt.

„Vielseitig, kreativ, spannend, lustig, beurteilte die Jury ihre Werke. Zurecht. Die elf- bis 18-Jährigen haben sehr witzige Stücke produziert, die unabhängig davon, ob sie laienhaft oder professionell daherkommen, ihre persönliche Fahrradliebe sehr treffend darstellen. Zwei von den Siegerfilmen gehören auch zu meinen Favoriten.

Mit „MTB – Makes Teaching Better“ haben Luca, Marcel und Sebastian den zweiten Platz in der Altersgruppe Elf- bis 14-jährige belegt. In ihrem Beitrag zeigen sie Schüler, die kurz entschlossen aus dem langweilen Geometrieunterricht fliehen. Ihr Fluchtfahrzeug sind Mountainbikes. Nach einer kurzen wilden Jagd stellt sie der Lehrer, er hat aber auch eines begriffen: Lernen mit Praxisbezug geht und macht mehr Spaß. Nun erklärt er ihnen die Flächenberechnung von Kreisen anhand eines Laufrads und hat ihre volle Aufmerksamkeit.

Sehr realistisch ist der Beitrag „I am Billy“, mit dem Gina, Jördis und Tom es auf den zweiten Platz in der Gruppe der 15- bis 18-Jährigen geschafft haben. Sie haben ihre Liebe zum Trial-fahren und das Thema Mobbing geschickt verknüpft.

Einige der Beiträge sind im Rahmen von Jugendfilmschulen entstanden. Manche Teilnehmer beschäftigen sich bereits seit Jahren mit Film und Fotografie, wie Silas Metz. Seinen Film „Live your Dream Series: Mountainbike edit“ könnte auch ein Profi gedreht haben. Die Kombination aus langen Nahaufnahmen von Flora und Fauna und dem Mountainbikefahrer sind fein aufeinander abgestimmt und haben eine sehr erwachsene Bildersprache.

Mit so einer hohen Qualität der Beiträge haben die Initiatoren von „Like it – Bike it“ nicht gerechnet. Sie haben viel mehr Filme erwartet, die mit Handykameras gedreht wurden. Die  reichen für den Wettbewerb vollkommen aus. Auch in der zweiten Runde, die bereits im April startet. Hier gilt wieder: Die Teilnehmer reichen ihre Beiträge ein. Sie werden auf der Like it – Bike it“-Webseite freigeschaltet und dann müssen die Jugendlichen ihre Sozialen Netzwerk-Kontakte aktivieren, um möglichst viele Klicks zu bekommen. Die Teilnehmer mit den meisten Klicks gehen in die zweite Runde. Dann bewertet eine Jury die Filme. Kriterien sind unter anderem, wie gut sie das Thema getroffen haben, wie gut ihr Drehbuch war oder welche technischen Effekte sie genutzt haben.

Zu der vierköpfigen Jury gehörte auch Mike Marzuk, der Regisseur von Fünf Freunde 1 und 2. Finanziert wird der Wettbewerb unter anderem vom Bundesverkehrsministerium. Den Initiatoren geht es darum, das Fahrradfahren als cooles attraktives und nachhaltiges Fortbewegungsmittel zu etablieren. Diese Botschaft haben viele Filmer transportiert. Die Erstplatzierten blieben das Wochenende über in Berlin und nahmen an einem Filmworkshop teil.

Die Siegerfilme: Altersgruppe 11 bis 14 Jahre

Platz 1: „Follow“ von Josefine und Charlotte

Platz 2: „MTB – Makes Teaching Better“ von Luca, Marcel und Sebastian

Platz 3: „10 Dinge, die man mit einem Fahrrad machen kann“ von Kristin und Silvia

Platz 4: „Die 5 Arten des Fahrradfahrens” von Dominik und Ferdinand

Altersgruppe 15 bis 18 Jahre

Platz 1: Vélove“ von Ekatarina und Anna

Platz 2: I am Billy“ von Gina, Jördis und Tom

Platz 3: „Radfahren lohnt sich!“ von Janis, Maria, Merit und Fynn

Platz 4: fünfhunderteinundneunzig” von Ferdinand, Theresa und Lena

Alle weiteren Filme findet man außerdem hier.