Lesezeichen
 

Niedrige Strafen für Radfahrer

Kürzlich wurde hier im Blog lebhaft über die erstaunlich niedrigen Bußgelder für Falschparker in Deutschland debattiert. Im Vergleich zu einigen europäischen Nachbarn kommen Autofahrer, die sich auf Behindertenparkplätzen, Fuß- oder Radwegen breit machen, erstaunlich günstig weg.

Haben es deutsche Radfahrer ähnlich gut?

Um es vorwegzunehmen: Zumindest teilweise sind die Bußgelder für deutsche Radfahrer ebenfalls ziemlich niedrig im Vergleich zu denen, die Dänemark, Österreich, die Schweiz und Griechenland ansetzen. Im Radler-Vorzeigeland Niederlande sind die Verhältnisse hingegen ähnlich moderat wie in Deutschland. Anscheinend benötigt man keine hohen Strafen, um ein entspanntes Miteinander auf den Radwegen zu garantieren.

Geisterfahrer

Wer in der Niederlande als Geisterfahrer auf dem Radweg unterwegs ist, zahlt 30 Euro. Das ist in Deutschland (25 bis 30 Euro) und in der Schweiz (25 Euro) ebenso. Allerdings: Wer fährt in Amsterdam freiwillig gegen den Strom, wenn er auf der anderen Straßenseite entspannt mitschwimmen kann? Das Argument sollte eigentlich auch in Kopenhagen greifen. Aber die Dänen verlangen mit 134 Euro deutlich mehr – und die Griechen sogar 200 Euro von ihren radelnden Falschfahrern. Aus deutscher Sicht ist das unverhältnismäßig hoch. Im Vergleich dazu: Autofahrer, die hierzulande im Ort mit 70 km/h statt mit 50 über die Straße brettern, müssen gerade mal 35 Euro bezahlen.

Smalltalk am Telefon

Radfahren und gleichzeitig mit Freunden telefonieren wird ohne Freisprechanlage in Griechenland ebenfalls ziemlich teuer. 150 Euro muss man dort auf den Tisch legen, in Deutschland sind es nur 25 Euro und in der Niederlande kostet es gar nichts. Wird dort allerdings ein Autofahrer mit seinem Smartphone am Ohr erwischt, muss er 140 Euro bezahlen.

Alkohol am Lenker

Selbst wer betrunken aufs Rad steigt, kommt in der Niederlande mit 130 Euro erstaunlich günstig davon. Auch die Dänen verlangen mit 200 Euro ein recht geringes Bußgeld. In Deutschland, Griechenland, Österreich und der Schweiz sind die Strafen abhängig vom Grad der Trunkenheit. Sie beginnen bei einigen Hundert Euro und steigern sich auf einige Tausend, zudem kassiert man Punkte.

In der Schweiz liegt die Promillegrenze bei 0,5 deutlich niedriger als in Deutschland. Hierzulande gelten Auto- und Motorradfahrer erst ab einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille als absolut fahruntauglich. Radfahrer können nach Ansicht des Gesetzgebers offenbar sogar noch mehr wegstecken. Für sie gilt absurderweise erst ab 1,6 Promille die absolute Fahruntauglichkeit. Das sagt letztlich aber wenig aus. Fällt man auch unterhalb des Grenzwerts alkoholisiert durch Fahrfehler auf, hat man sich ebenfalls strafbar gemacht. In der Schweiz können Richter auch ein Fahrverbot fürs Fahrrad aussprechen.

Strafmaß

Braucht man also hohe Strafen, damit auf dem Radweg die Regeln besser befolgt werden? Blickt man in die Niederlande, ist die Antwort eindeutig: Nein. Dort scheint eher die Fahrradsozialisation von Kindesbeinen an für die hohe Regelakzeptanz zu sorgen. Wer schon mal in Kopenhagen mit dem Rad unterwegs war, weiß, wie entspannt man dort inmitten der Radfahrer dahinrollt. Selbst das Anhalten wird per Handzeichen angesagt. Derlei Besonderheiten erklären Fahrradverleiher den Touristen. Polizeistreifen, die auf Fahrrädern für die Einhaltung der Regeln sorgen, sind mir dort nie aufgefallen. In Münster dagegen schon.

Allein in den zwei, drei Stunden, in denen ich in diesem Jahr durch Münster radelte, habe ich drei Fahrrad-Polizisten gesehen. Sie greifen durch, verhängen Bußgelder gegen Geisterfahrer, beim Fahren ohne Licht und sonstigen Verstößen. Das zeigt Wirkung. Die Radfahrer dort sind erstaunlich gut erzogen – sie halten sich an die Regeln und schieben ihre Räder auf dem Bürgersteig, statt sich um die Fußgänger herum zu schlängeln oder sie aus dem Weg zu klingeln. Das ist schon schön. Dennoch glaube ich, dass eine angemessene Infrastruktur schlussendlich effektiver ist als permanente Kontrolle.

 

Falschparken: Ein Schnäppchen in Deutschland

Immer wieder schauen deutsche Radfahrer neiderfüllt nach Dänemark und in die Niederlande. Dort rollen Politiker und Verkehrsplaner ihren Radfahrern nicht nur auf der Straße den roten Teppich aus. Sie sorgen auch dafür, dass die Wege frei bleiben. Wie der EU-Knöllchen-Report der Agentur für clevere Städte zeigt, greifen die Regierungen dort zu drastischen Mitteln. Weiter„Falschparken: Ein Schnäppchen in Deutschland“