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Mountainbiker brauchen keine Waldautobahn

Mountainbiker haben in deutschen Wäldern und Gebirgen meistens freie Fahrt auf schmalen Pfaden – außer in Baden-Württemberg. Dort sollen sie auf mindestens zwei Meter breiten Forstwegen bleiben. Es sei denn, es gibt eine Ausnahmeregelung. Der Widerstand gegen diese Regelung ist groß: Im Sommer hat sich ein Arbeitskreis verschiedener Lobbygruppen dafür starkgemacht, mehr Singletrails für Mountainbiker auszuweisen. Der Deutschen Initiative Mountainbike (DIMB) geht die Forderung jedoch nicht weit genug. Sie wollen die baden-württembergische Zweimeterregel per Onlinepetition komplett kippen.

Eines steht fest: Wer auf zwei bis drei Meter breiten Wegen durch den Wald fährt, braucht selten ein Mountainbike. Mountainbiken macht dort Spaß, wo Trekkingräder schlapp machen. Das sind sogenannten Singletrails, die sich winden, über Wurzeln führen oder verblockte Passagen enthalten, die den Fahrer technisch fordern. In jedem Bundesland dürfen sich die Radfahrer im Wald und Gebirge auf diesen Wegen bewegen. Mit Ausnahme von Baden-Württemberg. Wo liegt das Problem?

In Baden-Württemberg gibt es durchaus Mountainbike-Strecken. 8.500 Kilometer weit reicht das Netz, aber nur zwei Prozent davon sind schmale Trails. Der Rest verläuft auf breiten Wegen. Die Süddeutschen halten an der Zweimeterregel fest, weil sie „Rechtssicherheit“ bietet, wie eine Sprecherin der Landesregierung sagt. In anderen Bundesländern sei die Regelung „auf geeigneten Wegen“ eher schwammig.

„Aber wir ermuntern die Gemeinden, Singletrails zu schaffen“, sagt die Sprecherin. „Wir sind offen, wir finden das gut“ und der Bedarf sei da. Über eine Ausnahmeregel könnten die Gemeinden schmale Pfade für die Biker ausweisen. Die Mountainbiker der DIMB möchten diese Regelung umdrehen: Überall fahren, nur dort nicht, wo es ein berechtigtes Schutzinteresse gibt – so ist es in den anderen Bundesländern geregelt. Davon hält die Landesregierung nichts, weil sich die alte Regel bewährt habe. In Baden-Württemberg gebe es kaum Konflikte zwischen Wanderern und Mountainbikern. Zudem sei im Sommer im Schwarzwald ein Pilotprojekt gestartet, das zehn Prozent der bestehenden Mountainbike-Routen auf Singletrails verlegen wolle.

„Die Forderung der DIMB, die Zweimeterregel zu kippen, geht zu weit“, sagt eine Sprecherin von Schwarzwald Tourismus. Sie lasse sich nicht mit den Interessen des Schwarzwaldvereins vereinbaren. Der Schwarzwald verstehe sich vorrangig als Wanderregion, der Schutz und die Rechte der Wanderer stünden im Vordergrund. In ihren Augen sei es zu schwierig gewesen, mit der DIMB am Tisch eine Einigung zu erzielen. Darum habe man sie erst gar nicht eingeladen. Außerdem gebe es keinen DIMB-Ansprechpartner für die Region, so die Sprecherin.

Doch, gibt es. Ein Anruf bei der Initiative hätte ihr das Gegenteil bewiesen. Über diese Ausgrenzung ärgern sich die Mountainbiker zu Recht. In der Erklärung der Sprecherin offenbart sich der eigentliche Konflikt. Es geht um Veränderung. Während die einen auf ein über Jahrzehnte manifestiertes Recht beharren, allein auf ihren Wegen zu wandern, fordern die Jungen sie plötzlich auf, einen Teil der Wege mit ihnen zu teilen. Wobei die Jungen in dem Fall selbst schon häufig 40 Jahre alt sind und älter.

„Wir sind Familienväter, die Touren fahren“, sagt DIMB-Sprecher Hendrik Ockenga, „und Kindern und Jugendlichen den Spaß am Fahren und an der Natur weitergeben wollen.“ Für ihn ist das Umwelt- und Klimaschutz. „Wer den Wald nicht von innen kennt, setzt sich auch nicht für ihn ein“, sagt er.

In dem Konflikt spiegelt sich auch ein verändertes Freizeitverhalten wider. Die Zahl der Wanderer sinkt. Die Zahl der Mountainbiker steigt. Bei den Gastronomen ist das schon angekommen. Dort sind die Radfahrer gern gesehene Gäste. Umfragen zeigen: Sie haben hohe Bildungsabschlüsse und verdienen gut. Auch aus diesem Grund will der Tourismusverband die Ausweitung der Singletrails vorantreiben und Baden-Württemberg einen mountainbikefreundlicheren Anstrich verpassen. Doch den Radfahrern vor Ort reicht das nicht. Sie starteten die Onlinepetition, um über das Gesetz zu diskutieren.

Erst im vergangenen Jahr hatten sie mithilfe einer ähnlichen Onlinepetition die Neuregelung des Waldgesetzes in Hessen verhindert. Dort sollten Radfahrer auch auf autobreite Waldwege verwiesen werden. Nachdem sie 44.700 Unterschriften gesammelt hatten, lenkte die hessische Umweltministerin Lucia Puttrich im September ein und lud alle Parteien zum Runden Tisch. Die konstruktive Runde hat sich angenähert und einen gangbaren Kompromiss für alle Parteien gefunden. Dort dürfen Mountainbiker nun auf festen Waldwegen radeln.

Ähnliches erhofft sich nun DIMB-Sprecher Ockenga von der aktuellen Petition. Gegenseitige Anerkennung, Toleranz und Rücksichtnahme sind der Schlüssel für ein zeitgemäßes und bürgerfreundliches Betretungsrecht in Baden-Württemberg, dafür setzen wir uns ein, heißt es auf der Homepage der Initiative.

Noch bis Mitte November kann man sich hier registrieren. Der Badische Radsportverband, der Württembergische Radsportverband und der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) unterstützen die Petition. „Die Zweimeterregelung in Baden-Württemberg ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt ADFC-Sprecherin Bettina Cibulski. „Dass ein vernünftiges Miteinander im Wald funktioniert, zeigen beispielhaft die anderen Bundesländer.“

 

Kölns Kasimir: Ein Lastenrad für lau

© Anna Gold
© Anna Gold

„Für lau“, sagen die Kölner, wenn sie soviel meinen wie: umsonst oder für wenig Geld. Und nach diesem Prinzip funktioniert Kasimir. Das Lastenrad darf man umsonst ausleihen, eine kleine Spende ist aber willkommen. Möglichkeiten bieten sich viele, denn Kasimir ist ein Vagabund. Alle zwei, drei Wochen wechselt er seinen Standort. Mal steht er vor einem Geschäft, mal vor Cafés oder auch bei Privatpersonen. Wer ihn beherbergt, organisiert ehrenamtlich den Verleih. Die Idee ist, dass möglichst viele Menschen Kasimir testen.

Sieben Privatleute aus Köln haben im Frühjahr das Projekt gestartet. Sie wollten eine Alternative zum motorisierten Autoverkehr anbieten. Die Idee kam nicht von ungefähr: Seit Jahren beschäftigen sie sich unter dem Namen Wie leben wir? mit Themen wie Stadtraum, Mobilität, Arbeitswelt und dem Verhältnis zwischen Individualisierung und Gesellschaft. Aus diesen Themen heraus entwickeln sie Projekte.

Lastenräder erleben zurzeit in den Städten ein Comeback. Ein dänischer Mechaniker entwickelte bereits Ende der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts das Lastenrad Long John. Schon zuvor wurden mit Rädern Botendienste erledigt. Heute sind Kurierdienste, aber auch Handwerker – etwa Monteure oder Kleinunternehmer – mit mobilen Suppen-, Eis- und Kaffeelastenrädern unterwegs. Aber auch immer mehr Privatleute entdecken das Rad für sich. Allerdings lohnt sich ein Lastenrad für eine Person oder einen Haushalt fast nicht. Ein Lastenrad ist prädestiniert dafür, geteilt zu werden – mit Nachbarn, Geschäftsleuten oder innerhalb eines Wohnviertels.

Das haben sich auch die sieben Kölner gedacht. Über eine Stiftung erhielten sie die 2.500 Euro, die Kasimir kostete. Dann fragten sie bei verschiedenen Cafés und Organisationen an, ob sie bereit seien, Kasimir eine Weile zu beherbergen und seinen Verleih zu betreuen. Mittlerweile melden sich die Leute bei ihnen, um Kasimir eine Weile vor ihrer Tür abzustellen. Lange steht er dort nie. Die Nachfrage ist gut.

Seit März rollt das Dreirad nun durch Köln. Es ist fast immer ausgebucht. Anmeldungen und Buchungen werden über eine Website organisiert. Ein bis drei Tage kann man Kasimir ausleihen. „Im Sommer nutzen die Leute das Rad zwei Tage für irgendwelche Veranstaltungen“, sagt Christian Wenzel, einer der Initiatoren. Sie fahren damit an den Rhein zum Grillen, erledigen kleinere Umzüge, transportieren damit Maschinen oder ihren Wocheneinkauf.

Wer will, spendet einen kleinen Betrag. Davon werden dann kleine Reparaturen bezahlt. Kürzlich wurde über Kasimirs Facebook-Seite eine Klingel gesucht und schnell gefunden.

Das System funktioniert nur mit freiwilligen Helfern, Vertrauen und dadurch, dass alle verantwortungsvoll und pfleglich mit dem Rad umgehen. Bislang hat das gut geklappt. Somit sind die Chancen gut, weitere Kasimirs nach Köln zu holen. Die sieben wollen das Projekt weiter ausdehnen. „Am liebsten flächendeckend in Köln“, wie Wenzel sagt.

© Anna Gold
© Anna Gold

 

Falschparker bald per App anzeigen?

Das Problem kennt jeder Velofahrer: Autos parken Radwege zu. Bislang konnten Radfahrer sich das Nummernschild notieren und den Halter anzeigen. Wenn es nach vier Berlinern geht, schlüpfen Radfahrer und Fußgänger demnächst in die Rolle von Hilfspolizisten. Mit der Smartphone-App Straßensheriff sollen Falschparker erst auf ihr Vergehen hingewiesen und – falls sie sich als Wiederholungstäter entpuppen – via App per Fingertipp angezeigt werden.

„Die Anzeige ist die ultima ratio. Manchen notorischen Falschparkern kommt man anders nicht bei“, heißt es auf der Finanzierungsplattform Startnext. Dort sammeln die Straßensheriff-Macher gerade Geld für ihr Projekt. „Ein Klick, ein Foto und GPS-Daten fügen sich zu einer Anzeige zusammen und werden mit den eigenen Absenderdaten an Amt oder Polizei übermittelt“, heißt es dort weiter. Der Anzeige soll allerdings eine freundliche Botschaft an den Falschparker vorangehen. Sie soll ihn auf sein Fehlverhalten hinweisen. Weiter„Falschparker bald per App anzeigen?“