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Mit Konzept: Blind Drawings und Bilddokumente

Sprüth Magers präsentiert zwei spannende Positionen. Die Galerie zeigt Zeichnungen von Robert Morris und Fotoarbeiten von Stephen Shores.

In fünf Jahrzehnten hat der Künstler Robert Morris ein komplexes Oeuvre geschaffen. Die Blind Time Drawings sind eine Facette davon. Morris geht dabei mit verschlossenen Augen und nach präzisen methodischen Vorgaben vor. Blind Time (Grief) zeigt 12 Arbeiten aus einer Serie, in der der Künstler seine Wut über die politischen Missstände in den Vereinigten Staaten buchstäblich verarbeitet.

Der Autodidakt Stephen Shore unterwanderte seinerzeit die für die Fotografie geltenden Konventionen: Während seiner Roadtrips fotografiert er anonyme Orte, dokumentiert auswechselbare Begegnungen. Er porträtiert das gewöhnliche Amerika der 1970er Jahre mit der Großformatkamera und in Farbe. Uncommon Places umfasst neben 80 solcher Aufnahmen Auszüge aus Shores Road Trip Journal. Die akribischen Einträge illustrieren den analytischen Charakter von Shores Werk.

Das NRW-Forum in Düsseldorf zeigt Stephen Shore gerade in der Ausstellung Der rote Bulli.

18 Uhr | 11. November 2010 | Sprüth Magers Berlin | Oranienburger Straße 18 | Berlin Mitte

 

Eine Kunstdokumentation-Onlineserie

@ The Future of Art

The Future of Art geht online.

Nachdem das Thema „Kunstmarkt“ seit der Krise exzessiv verhandelt wurde, sucht The Future of Art nun das Erfolgsmodell der Zukunft. Das Besondere: Die rund zweieinhalbstündige Kunstdokumentation funktioniert auch als Serie. Die Folgen gehen in regelmäßigen Abständen online.

Wie verdient sich ein Künstler Anerkennung? Autor Ingo Niermann hat beschlossen, Kunst zu machen, möglichst gute Kunst. Der Künstler Erik Niedling soll ihm dabei helfen. Gemeinsam durchstreifen sie die Kunstwelt und sprechen mit Gewinnern des Kunstbetriebes. Die Protagonisten treffen Künstler, wie Marina Abramovic, Tobias Rehberger oder Damian Hirst. Sie besuchen Sammler wie Harald Falckenberg und Thomas Olbricht. Und natürlich lassen sie auch Meinungsführer wie Boris Groys und Hans Ulbrich Obrist zu Wort kommen. Die Auswahl ist, nun ja, nicht originell.

Zum Auftakt treffen Niermann und Niedling den Künstler Olafur Eliason. Sie besprechen seine Ausstellung im Gropius-Bau und diskutieren dann Eliassons Vision einer idealen Stadt. Das ist Gespräch ist nett, vielleicht ein wenig zäh. Es bringt jedoch wenig neue Einsichten. Und irgendwie fehlt der Kontext. Aber es folgen ja auch noch 18 Kapitel auf 3min.de.

Alles in allem wirkt The Future of Art wirkt wie eine sympathische Nabelschau – vor allem für Berliner. Die können den Start der Kunstdokumentation heute Abend feiern bei Gloria Berlin. Weil die Filmvorführung eines Onlineformats nicht konsequent wäre, gibt’s zur Veröffentlichung einfach nur Drinks. Frei.

19 Uhr | 10. November 2010 | Gloria Berlin | Heidestraße 52 | Gebäude 4a | Berlin Mitte

 

Deutschland und die Erinnerungskultur

Tilda Swinton fuhr 1988 mit dem Rad die Westseite der Berliner Mauer ab. Sie singt “The wall, the wall – the wall must fall”. Das Gorki Theater zeigt die Aufnahmen, die damals entstanden. © Sandro Kopp/Filmgalerie 451
Tilda Swinton fuhr 1988 mit dem Rad die Westseite der Berliner Mauer ab. Sie singt “The wall, the wall – the wall must fall”. Das Gorki Theater zeigt die Aufnahmen, die damals entstanden. © Sandro Kopp/Filmgalerie 451

Das Maxim Gorki Theater beleuchtet die historische Dimension des 9. Novembers

Der 3. Oktober mag Nationalfeiertag sein. Der Schlüsseltag deutscher Geschichte ist jedoch der 9. November: Novemberrevolution (1918), Hitlerputsch (1923), Pogromnacht (1938) und Mauerfall (1989) sind gleichermaßen mit dem Datum verbunden. Das Maxim Gorki Theater nimmt ihn zum Anlass für ein „Nachdenken über das Gedenken“.

Die heutigen Veranstaltungen beleuchten nicht nur die Facetten dieses schicksalhaften Tages. Sondern sie hinterfragen auch unseren Umgang mit den jeweiligen Geschehnissen, als Gemeinschaft und als Individuum. Zur Debatte steht der schmale Grat zwischen Gedenken und Erinnern, Auslassen und Verdrängen.

Statt Belehrung setzt das Gorki auf ausgefallene Formate, die das Publikum fordern. Auf dem Programm stehen eine historische Entdeckungstour, ein politischer Salon sowie zwei Filme.

Tagsüber führt Im Raume hören wir die Zeit. Ein Spaziergang mit Kopfhörern II die Teilnehmer an geschichtsträchtige Orte. Eine MP3-Aufnahme lotst sie an unsichtbare Denkmäler im öffentlichen Raum rund um das Theater.

Den Abend eröffnet ein Film über den Hitlerattentäter Maurice Bavaud. Es ist kalt in Brandenburg (Hitler Töten) (1980) erzählt die Geschichte des jungen Schweizers, der am 9. November 1938 auf der Ehrentribüne steht. Die Nationalsozialisten gedenken des Putschversuchs von 1923. Bavaud hat beschlossen Hitler zu töten – und scheitert. Der Führer gerät nicht in Schussweite, Bavaud wird gestellt und stirbt drei Jahre später unter dem Fallbeil. Die Schweizer Villi Hermann, Niklaus Meienberg und Hans Stürm vollziehen Bavauds Weg in den Tod nach. Entstanden ist keine gewöhnliche Dokumentation, sondern ein „sehr trauriger, resignativer Film“ urteilt der Spiegel.

Anschließend steht der Freitag Salon unter dem Motto Was fällt uns ein? Die Deutschen und die Erinnerung als Kult und Kultur. Seit September lädt der Freitag monatlich wechselnde Politiker, Redakteure und Kulturschaffende ins Maxim Gorki Theater. Dort besprechen sie „Glück und Unglück der Gegenwart“. Diesmal geht es um das Verhältnis der Deutschen zu ihrer Geschichte. Gemeinsam diskutieren der ehemalige DDR-Außenminister Markus Meckel, Lea Rosh vom Förderkreis Denkmal für die ermordeten Juden Europas und der Historiker Wolfgang Wippermann. Der freitag-Verleger Jakob Augstein moderiert das Gespräch.

Cycling the frame (1989)/ The invisible frame (2009) von Cynthia Beatt beschließt den Abend: Zwischen den beiden Filmprojekten liegen 21 Jahre. 1988 fährt Tilda Swinton erstmals mit dem Rad die Westseite der Berliner Mauer ab. Sie singt „The wall, the wall – The wall must fall“. 2009 wiederholt die mittlerweile sehr berühmte Schauspielerin ihre buchstäbliche Grenzerfahrung. Diesmal führt sie die Fahrradtour durch vergessene Orte entlang der langsam verschwindenden Mauerlinie.

Ein Tag in Deutschland am Maxim Gorki Theater – sehr ereignisreich und sehr empfehlenswert!

ab 12 Uhr | 18 Uhr | 20.30 Uhr | 22 Uhr | 9. November 2010 | Maxim Gorki Theater | Am Festungsgraben 2 | Berlin Mitte

 

Perspektivenwechsel

© ALFILM

ALFILM präsentiert arabische Filme in Berliner Kinos.

Produktionen aus und über die arabische Region schaffen es noch immer selten in das Bewusstsein der westlichen Öffentlichkeit. Dabei hat sich gerade in den letzten Jahren viel getan.

Das arabische Filmfestival zeigt seit dem 3. November Spiel und Dokumentarfilme. Neben dem Hauptprogramm läuft die Sektion FOKUS 10 mit arabischen Arbeiten zum Thema Migration.

Das Babylon führt heute beispielsweise eine Dokumentation des Regisseurs Ghassan Salhab vor. 1958 (2009) folgt einer Mutter, die ihr Kind in Senegal zur Welt bringt. Währenddessen kündigt sich in ihrer libanesischen Heimat der Bürgerkrieg an. Danach läuft die ägyptische Produktion El Medina − Die Stadt (1999) von Yousry Nasrallah. Der Spielfilm erzählt die Geschichte vom Marktarbeiter Ali, der sein Existenz in Kairo aufgibt und sein Glück in Paris sucht.

Das Festival dauert noch bis Mittwoch.

18 Uhr und 22 Uhr | 8. November 2010 | Kino Babylon | Rosa-Luxemburg-Str. 30 | Berlin Mitte

 

Angenehm unprätentiös

© TÄT

TÄT zeigt einfach nur Kunst.

Der Projektraum gehört einer Gruppe von Künstlern, die sich sich für Konzeptkunst begeistern. In einem ehemaligen AntiquiTÄTen-Laden zeigen sie Ausstellungen, veranstalten Screenings und Lesungen. Regelmäßig entscheiden sie über eingehende Projektvorschläge.

Das Künstlerduo BURGHARD hat die TÄT-Kriterien erfüllt und präsentiert Verschnitt. Stef & Romy Richter schaffen mit einfachen Mitteln subtile Installationen.

Die Ausstellung ist nur nach Vereinbarung mit den Künstlern zu sehen – abgesehen von der Eröffnung am Nachmittag.

14 Uhr | 7. November 2010 | TÄT | Schönhauser Allee 161 a | Berlin Prenzlauer Berg

 

Kurz vor Schluss

© Renata Lucas Renata Lucas, Kunst-Werke 2010, Installationsansicht Foto: Uwe Walter
Renata Lucas, Kunst-Werke 2010, Installationsansicht Foto: Uwe Walter © Renata Lucas

Die Ausstellung von Renata Lucas ist nur noch dieses Wochenende geöffnet.

Wer die großartigen Eingriffe an und in den Kunst-Werken noch nicht gesehen hat, sollte dieses Wochenende unbedingt vorbeischauen.

Einfach den Sport streichen; die Installation verlangt Körpereinsatz!

12-19 Uhr | 5.-7. November 2010 | KW Institute for Contemporary Art | Auguststraße 69 | Berlin Mitte

 

Gedenken 3000

Die Berliner Volksbühne gedenkt Christoph Schlingensiefs.

Das Motto der Veranstaltung Gedenken 3000 für Christoph Schlingensief klingt platt und ist doch konsequent – oder dem Anlass angemessen. Immerhin wird hier eine ganze Stadt eingeladen zu einem öffentlichen Trauerfest. Im großen Stile zelebriert die Volksbühne den Abschied von einem sehr lauten, sehr öffentlichen und sehr visionären Menschen. Mit ihrem Festakt erweist sie Christoph Schlingensief eine letzte wilde Ehre und feiert sein Vermächtnis.

Der Abend spiegelt die Bandbreite seines Ouevres: Die Volksbühne zeigt neben Filmen auch Installationen und im ganzen Haus finden Gespräche und Darbietungen statt. Zudem widmet der rbb Schlingensief eine lange Filmnacht und überträgt sie ab 23.15 Uhr in die Volksbühne. Währenddessen wird an einer großen Tafel gemeinsam getrunken und gegessen, was die Anwesenden mitgebracht haben.

Wer teilnehmen möchte, sollte sich anmelden unter: +49 (0)30 240 65 777 oder ticket@volksbuehne-berlin.de.

20 Uhr | 6. November 2010 | Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz | Linienstr. 227 | Berlin Mitte

Nebenan startet das Kino Babylon die Christoph Schlingensief Retrospektive mit Die 120 Tage von Bottrop – Der letzte neue deutsche Film.

23 Uhr | 6. November 2010 | Kino Babylon | Rosa-Luxemburg-Str. 30 | Berlin Mitte

 

the place to be

Die Feuilletons schwärmen schon. Heute Abend stürmen die ersten Besucher den Großversuch Carsten Höllers.

Der Künstler hat die historische Halle des Hamburger Bahnhofs in ein tableau vivant verwandelt, darin Rentiere und Fliegenpilze. Sie sind der Stoff, aus dem Soma entstehen könnte, der mythische Trank der Erkenntnis und Unsterblichkeit. Belegen soll das Höllers gigantische Versuchsanordnung mit zwei identischen Tiergehegen. Nur eine der beiden Rentier-Gruppen frisst die Giftpilze, berauscht dann mit ihrem Urin Vögel, Mäuse und Fliegen. Ob das stimmt, erfährt aus Prinzip niemand. Es gehe ihm nämlich um die persönliche Erfahrung der Besucher und nicht um das Soma, zitiert Monopol Carsten Höller.

Die Welt jedenfalls fühlt sich allein vom Anblick der Tiere leicht, glücklich, berauscht. Und der Tagesspiegel würdigt den vorläufigen Höhepunkt an Extravaganz, der in einem Museum zu erreichen ist.

Extravagant ist aber nicht nur der Aufwand, den der Künstler und Direktor der Nationalgalerie Udo Kittelmann betrieben haben. Wem es 1000 Euro wert ist, der kann in der Mega-Installation auch übernachten. Die Lektüre eines exklusiven Erfahrungsberichtes von ZEIT-Autor Tobias Timm wirft bei mir vor allem die Frage auf: Ist die Schau auch massentauglich?

Die Walton Ford-Ausstellung war bereits eine Qual. Die Besucher schoben einander von Aquarell zu Aquarell. Und Höllers Ausstellung dürfte erst recht vom Publikum gestürmt werden.

Wenn es stimmt, dass der Reiz von Soma in der aufmerksamen Suche nach vorhandenen oder eingebildeten Verhaltensauffälligkeiten liegt und dass gerade die selbstvergessene Kontemplation der surrealen Szenerie Glücksgefühle auslöst, dann bleibt diese Erfahrung den meisten Besuchern wohl verwehrt.

20 Uhr | 4. November 2010 | Hamburger Bahnhof | Invalidenstr. 50/51 | Berlin Mitte

 

Nachts bei Sprüth Magers

Der literarische Nachtclub HARDCOVER findet heute in der Galerie Sprüth Magers statt.

HARDCOVER sprengt das klassische Lesungsformat: Schauspieler aus dem Ensemble des Maxim Gorki Theater tragen literarische Neuerscheinungen vor. Wahlweise lesen dazu die Autoren, finden Musikperformances statt oder werden Filmsequenzen gezeigt. Das Ganze endet dann in einem Clubabend. Heute ist die Galerie Sprüth Magers Gastgeber der Lesung, die unter dem Motto Das wahre Leben im Fälscher steht. Zu Gast ist der schottische Autor William Boyd, ein Meister der Täuschung.

In seinem Roman Nat Tate entwirft er die Biografie des fiktiven Malers Nat Tate, einem vermeintlich in Vergessenheit geratenen Expressionisten aus New York. Boyd stellt Leben und Werk so überzeugend dar, dass die New Yorker Kunstszene bei Erscheinen des Buches meinte, Herrn Tate tatsächlich gekannt zu haben! Der Schauspieler Wilhem Eilers trägt Auszüge aus der deutschen Übersetzung vor, die gerade im Berlin Verlag erschienen ist.

Im Anschluss unterhalten sich Boyd und der Monopol-Chefredakteur Holger Liebs über ihre liebsten Themen: Fälschung und Kunst.

20 Uhr | 4. November 2010Sprüth Magers Berlin | Oranienburger Straße 18 | Berlin Mitte

 

Künstler, Musik und Weißwursttattoos

Zweite Dada(da) Akademie im White Trash

Die Künstler Amelie und Philip Grözinger verantworten zusammen mit Yaneq von Party Arty die Dada(da) Akademie. Auf der Bühne rocken Berliner Künstler, die nebenbei auch Musiker sind.

Heute treten auf: die B-Men (Marc Bijl, Marcus Sendlinger, Manfred Peckl, Schlaegel), Jo Normal and the cambridgeBlueMan (aka Johanna Thompson and Lea Nicholson) und DJ Stray Kat.

Letztes Mal gab’s dazu einen herrlich bescheuerten Weißwursttattoo-Wettbewerb.

20 Uhr | 4. November 2010White Trash Fast Food | Schönhauser Allee 6-7 | Berlin Mitte