Die meisten Deutschen leben nicht in Millionenstädten, sondern in kleinen und mittelgroßen Städten wie Unna, Wismar, Bretten. Dort nehmen sie die Informationen auf, die ihre Sicht auf die Dinge beeinflussen, dort diskutieren sie mit Freunden oder Kollegen. Die vielen kleinen Orte machen Deutschland zu dem, was es ist.
„Wir haben gelernt, dass Journalisten das Gefühl für die Hälfte eines ganzen Landes verlieren können“, schrieb Chefredakteur Jochen Wegner, als wir vor einigen Wochen unser neues Sonder-Ressort #D17 gegründet haben, das vor der Wahl „Deutschland Deutschland erklären“ will. Das Land ist nicht so gespalten zwischen den Metropolen und der Peripherie wie etwa die USA, Frankreich oder Großbritannien. Und doch haben wir uns gefragt: Haben wir etwas übersehen? Wissen wir genug darüber, was in den Regionen geschieht? Viele Projekte von #D17 suchen nach einer Antwort darauf, etwa die Serie Heimatreporter, in deren Rahmen ZEIT- und ZEIT-ONLINE-Redakteure in ihre Heimat fahren und von dort berichten.
Eine weitere Antwort ist unser #D17-Projekt „Überland“, das heute beginnt: Wir haben sieben erfahrene Lokalreporter gebeten, viele von ihnen preisgekrönt, für ZEIT ONLINE in diesem Jahr aus ihrer Region zu berichten. Sie sollen regelmäßig darüber schreiben, was die Menschen in ihrer Umgebung bewegt, egal ob diese Themen schon deutschlandweit diskutiert werden. Und bitte so erzählt, dass sie auch die Menschen in anderen Regionen und in Berlin, Köln oder München interessieren, weil die Geschichten erstaunlich sind oder weil sie für etwas Größeres stehen. Wie ändert ein geplanter Nationalpark in Bayern den Alltag der Menschen? Was bedeutet es, wenn in einem Ort eine Sparkassenfiliale schließt? Was geschieht, wenn die Politik versucht, das Teilstück eines Flusses zu privatisieren?
Überland startet heute ganz leise: Mit dem Porträt eines Mannes, der in einem Dorf in Sachsen nach der Liebe sucht. Er steht für viele Männer in den ländlichen Regionen Ostdeutschlands, die damit umgehen müssen, dass junge Frauen in die Großstädte ziehen. Aufgeschrieben hat die Geschichte Doreen Reinhard, die für uns in den kommenden Monaten aus Sachsen berichten wird.
Die weiteren Reporter von „Überland“ sind: Sophie Rohrmeier, die zuvor Korrespondentin für die Deutsche Presse-Agentur in Franken war und nun für ZEIT ONLINE aus Bayern schreibt. Gabriel Kords, der als Reporter für den Nordkurier und die ZEIT im Osten in Mecklenburg-Vorpommern arbeitet und in den kommenden Monaten ein Teil von „Überland“ wird. Benjamin Piel, der als Chefredakteur die Elbe-Jeetzel-Zeitung in Lüchow-Dannenberg leitet und kürzlich den Theodor-Wolff-Preis gewann. Daniel Gräber, der viele Jahre als Reporter der Badischen Zeitung den Süden Deutschlands bereist hat und Träger des Axel-Springer-Preises ist. Christian Parth, der lange in der Lokalredaktion des Kölner Stadt-Anzeigers gearbeitet hat und für uns fortan aus Nordrhein-Westfalen berichten wird. Und Martin Debes, der seit Jahren als Chefreporter der Thüringer Allgemeinen in Erfurt die Landespolitik verfolgt. Ein- bis zweimal im Monat meldet sich ab sofort jeder der sieben „Überland“-Reporter aus seiner Region.
Natürlich werden wir so nie alle wichtigen Geschichten erzählen können. Vieles spricht dafür, dennoch anzufangen: Die ersten Anzeichen vieler politischer Strömungen finden sich abseits der großen Städte, zunächst unbemerkt von überregionalen Medien. Als man in Berlin noch Sparpolitiker für ihren Mut lobte, wussten viele auf dem Land schon, welche Konsequenzen der Abbau von Polizeistellen haben wird. Dass die offenen EU-Grenzen nicht nur etwas zum Feiern waren, sondern auch Diebesbanden die Arbeit erleichterten, das sah man dort früher als in Berlin. Und die Truppenstationierung der Nato in den baltischen Staaten nimmt man vielleicht in Hamburg anders wahr als in Bremerhaven oder Frankfurt (Oder), wo man lange Güterzüge mit US-Panzern Richtung Osten fahren sieht.
Wir wollen sicher sein, dass wir diese Geschichten nicht verpassen – und uns irgendwann wundern, warum wir das Gefühl für einen Teil des Landes verloren haben.
Hier geht es zur ersten „Überland“-Geschichte.
Zweiter Versuch:
Gut. Offenbar ist man bei ZON bemüht die Qualität zu steigern. Sicher nicht zuletzt eine Antwort auf „Lügenpresse“, „Alternative Fakten“, AFD, Pegida, Trump, Putin und Geistesverwandte.
Ebenso wichtig fände ich aber, jedem Artikel einen „FaktenCheck“ oder „Quellen“-Kasten hinzuzufügen. Dort könnten alle online verfügbaren Quellen verlinkt werden, sowohl von externen Quellen als auch Dokumente die ZON veröffentlichen kann (zur Not redigiert). Das hier nicht immer alle Quellen genannt werden können ist klar, aber nicht jeder Artikel (ich würde behaupten die allerwenigsten) basieren auf vertraulichen Informanten, die man nicht mal als ebendiese umschreiben könnte.
So etwas wäre ein Zeichen an die restlichen Medienlandschaft und ein sehr starkes Argument gegen alle die an der Seriosität der Medien zweifeln. Und könnte ZON nicht zuletzt an die Spitze des verantwortlichen und seriösen Journalismus in Deutschland katapultieren.
Warum Rechtfertigung? Ich glaube nicht, dass das zutrifft oder so etwas in dem obigen Artikel behauptet wird. Hierbei handelt es sich vielmehr um die Einführung eines neuen Projektes, das hier vorgestellt wird und Interesse wecken soll.
Und die Truppenstationierung der Nato in den baltischen Staaten nimmt man vielleicht in Hamburg anders wahr als in Bremerhaven oder Frankfurt (Oder), wo man lange Güterzüge mit US-Panzern Richtung Osten fahren sieht.
Danke für ZON.Was hier geschieht ist in hohem Maße beunruhitgent,
Denkt bitte auch an Ostwrstfalen auch OWL genannt.
Gerade habe ich gepostet und finde ich mich bei den Kommdntaren nicht wieder.
Die Idee von ZON begrüße ich aus OWLer Sicht.
Und wie wäe es mit Berichten aus dem Lipperland?
Da bin ich ja mal gespannt, wann wir hier was von den Hidden Champions lesen aus dem Sauer- und Siegerland, der mecklenburgischen Seenplatte oder der Altmark.
Ich freue mich sehr über diese Serie, ist der in der modernen Onlinepresse verbreitete „Wie finden bisexuelle, vegane Schmuckdesigner in Berlin die große Liebe über Tinder?“-Themenkomplex doch sehr weit von meinem Alltag entfernt. Danke dafür!
Aber ich lebe weder in der Großstadt, noch auf dem Land. Meine Stadt ist mit rund 60.000 Einwohnern und 20 Minuten Fahrtentfernung bis ins nächste Ballungszentrum eine der vielen von Forschung und Presse schmählich vernachlässigten Mittelstädte in Deutschland, in der weder Hipster noch Pegida die Oberhand haben. Dennoch sind wir – bezogen auf die Bevölkerungszahl – die stille Mehrheit im Land.
Kommen Sie uns doch auch mal besuchen. :)
Es trumpelt plötzlich überall. Auch die Landeier haben Kaufkraft und Wählerstimmen. Landlust? Wenn die Redaktion jetzt noch merkt, daß die Problemchen der wehleidigen Städter wirklich nur Problemchen der hyperventilierenden Städter sind . . . .
Spätestens in einem halben Jahr nach der BTW ist wieder Ruhe.
Hervorragende Einsicht dass in einem Land nicht nur die Ansichten der Stadtbewohner zählen. Kommt spät, aber immerhin. Freue mich auf diese Serie.
Liebe ZON, ich freue mich auf dieses Projekt und bin gespannt auf jeden Ihrer Artikel.
Und ich hoffe sehr, dass Ihre Beiträge nicht nach Zoobesuchen klingen und ohne die häufig anklingende, großstädtische Belächelung, der ach so weltfremden Dörfler.
Oft sind nämlich die Menschen der stadtfernen Räume kreativer, aufmerksamer, bewusster, vielseitiger und können besser improvisieren.
Warum?
Weil es hier um elementare Dinge geht und wie ich selber Lösungen finde muss, weil der jeweilige Service nicht um die Ecke wartet und ebenso wenig die Zerstreuungsindustrie für einsame Abende.
Hier geht es um solche Problemchen wie Sturmschäden beseitigen, Hochwasser verhindern, brennende Strohlager löschen, verstopfte Leitungen frei zu machen, Naturschutz aktiv gestalten, Wege zu erhalten, sich gegenseitig zu helfen, Alte und Kranke nicht alleine zu lassen, jegliche Aktivitäten selbst zu gestalten und selbst zum Akteur zu werden, statt sich abends im Kino berieseln zu lassen.
Hier werden noch Spielplätze selbst erbaut und Theater gespielt. Hier werden noch Mitfahrgelegenheiten organisiert und erste Hilfe geleistet. Und hier wird noch geredet und zugehört, ohne das ständig das Handy schnurrt und mich jemand fragt, ob ich heute noch ins Kino oder in die Kneipe will.
Hier kann auch kaum jemand mit den ,,Öffentlichen“ zur Arbeit fahren, welche zudem oft sehr weit entfernt ist. Hier muss man bei Glatteis, Schnee und Sturm zusehen, wie man heil von A nach B kommt.
Man kümmert sich noch umeinander,jeder hat ein Ehrenamt, jeder ist irgendwie engagiert, jeder wird gebraucht.
Und ja. Das Thema Einbruch ist ein Thema und nicht das Hirngespinst von Überängstlichen.
Warum schreibe ich das so ausführlich?
Weil ich den Großteil meines Lebens in der Großstadt verbracht habe und damit objektiv vergleichen kann.
Und weil ich, seitdem ich auf dem Land wohne, viel größere Hochachtung vor dieser Art zu leben habe.
Zudem ist es einfach wunderbar hier.
Vielen Dank für Ihr Interesse.
Hallo, liebe ZON, warum wird mein Kommentar nicht veröffentlicht?