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Warum wir unser Corona-Dashboard überarbeitet haben

 

Seit mehr als eineinhalb Jahren informieren sich Millionen Leserinnen und Leser täglich auf ZEIT ONLINE über die aktuelle Corona-Situation. Die Pandemie hat in dieser Zeit verschiedene Phasen durchgemacht, weshalb sich auch unser Corona-Dashboard immer wieder veränderte. Nun stellen wir Ihnen erneut eine neue Version vor.

Die wichtigste Änderung: Künftig zeigen wir neben den etablierten Indikatoren – den Neuinfektionen, Intensivpatienten, Todesfällen und Impfungen – einen neuen Wert: die Hospitalisierungsinzidenz. Sie beschreibt, wie viele Patientinnen und Patienten binnen sieben Tagen mit Covid-19 ins Krankenhaus aufgenommen wurden. Anders als bei der üblichen Meldeinzidenz, in die alle positiven PCR-Tests einbezogen werden, zählen zur Hospitalisierungsinzidenz nur schwere Covid-Erkrankungen, die einen Klinikaufenthalt erfordern. Der Indikator drückt also die Belastung des Gesundheitssystems aus.

Das Bundesgesundheitsministerium hat sich im Sommer dafür ausgesprochen, die Hospitalisierungen künftig als Leitindikator für die Steuerung der Pandemie heranzuziehen. Ob Maßnahmen verhängt oder aufgehoben werden, soll nach dem Willen des Ministeriums künftig von der Zahl der Klinikeinweisungen abhängen, nicht mehr von der Zahl der Neuinfektionen. Am 18. November beschloss die Ministerpräsidentenkonferenz ein neues Stufensystem mit unterschiedlichen Maßnahmen ab einer Hospitalisierungsinzidenz von mehr als 3, 6 oder 9 Klinikaufnahmen je 100.000 Einwohner im jeweiligen Bundesland binnen sieben Tagen.

Die vom Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlichten, amtlichen Hospitalisierungsinzidenzen sind allerdings problematisch, da sie systematisch zu niedrig ausfallen und die Lage in den Kliniken daher unterschätzen. Einzelheiten können Sie in diesem Beitrag nachlesen. Die reale Hospitalisierungsrate ist bis zu zweimal höher als vom RKI-Wert suggeriert. Der wahre Wert lässt sich erst nach etwa zwei Wochen erkennen, wenn der größte Teil der Nachmeldungen eingetroffen ist.

Bei ZEIT ONLINE zeigen wir daher neben den offiziellen Hospitalisierungsinzidenzen eine Schätzung, die versucht, diesen Effekt auszugleichen. Die Schätzwerte stammen von einer Gruppe von Statistikern an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Die Wissenschaftler analysieren dazu, wie sich die Hospitalisierungsinzidenz in der Vergangenheit durch Nachmeldungen verändert hat, und erstellen daraus eine Hochrechnung für den aktuellen Wert. Details zur Methodik sind hier nachlesbar.

In der Startansicht des Dashboards sehen Sie auch weiterhin nicht die Hospitalisierungen, sondern die Inzidenz aller gemeldeten Neuinfektionen. Dieser Wert ist etabliert und gelernt; anders als die Hospitalisierungsrate lässt er sich auch für einzelne Landkreise und kreisfreie Städte berechnen. Außerdem ist der Fokus auf die Krankenhausaufnahmen umstritten, da sich die Lage an ihnen nur zeitverzögert ablesen lässt.

In einer weiteren Neuerung finden Sie im Abschnitt zum Impfen ab sofort auch die Zahlen zu den Auffrischungsimpfungen („Booster“).

78 Kommentare

  1.   Bernd Höcke

    Danke liebe Zeit, ihr habt die mit Abstand besten Grafiken!

  2.   d_le_nen

    Ich möchte anregen, immer auch das aktuelle 7-Tages-Mittel des R-Werts darzustellen. Dieser ist *die* wesentliche Größe zur Prognose der Infektionen, damit ein wesentlicher Alarmgeber auch bei niedrigen Inzidenzen, und seine Senkung ist das Hauptziel jeder Anstrengung, die Epidemie in den Griff zu bekommen.
    Das er nicht berichtet wurde hat meines Erachtens mit dazu beigetragen, dass er bei den Behörden und der Bevölkerung unbekannt blieb und somit auch seine Alarmfunktion nicht erfüllen konnte.
    Der R-Wert zeigt uns, ob und in welchem Maß staatliche Maßnahmen und Verhaltensänderungen der Bevölkerung Wirkung zeigen.

  3.   Freedt

    Glückwunsch! Sehr gelungen. Daten sind schnell miteinander vergleichbar. Es gibt einen guten Zoom auf der Zeitachse. Top!

  4.   Alex

    Danke, dass die ZEIT die unvollständigen Daten des RKI nicht 1:1 übernimmt, sondern zunächst aufbereitet.

  5.   berlinerin73

    Die neuen Krankenhausaufnahmen alleine sagen doch wenig aus, wenn die Intensivstation schon voll ist … in Berlin haben wir wohl noch 91 freie Betten bei täglich 25 Neuaufnahmen. Da müssen sich morgen die Leute wohl mit dem Gesundwerden beeilen, damit übermorgen keiner draußen bleibt.

  6.   Akexander Reinecke

    Ich frage mich, warum eigentlich nicht die Inzidenz nach geimpft und ungeimpft getrennt ausgewiesen wird. Das ist doch das beste Argument fuer die Impfung und nebenbei auch eine wirklich interessante Information.

  7.   Tru

    Großes Lob für die Aufbereitung! Ich nutze die Dashboards sehr gerne, weil ich finde, dass sie sehr gelungen sind. Und auch die aktuellste Änderung samt Erläuterungen sieht wieder sehr gut gemacht aus. Top!

  8.   Krawallier

    Könnt ihr bei der Intensivplätzen auch angeben wie viel Überhaupt noocht frei sind? Die 15% Belegung suggerieren manche das es ja genügend Plätze gibt, aber 2/3 aller Intensivbetten sind übers ganze Jahr ohnehin immer belegt und gerade im Herbst ist es voller als den Rest des Jahres, sodass wir eher bei einer AUslastung von 85% sein dürften.

  9.   Airz

    Alles gut! Nur ein wünsch,der vielleicht zu anspruchsvoll ist. Inzidenzen unter geimpften und ungeimpften

  10.   SJohnson

    Vielen Dank liebe ZEIT!
    Die Diskrepanzen zwischen den „täglich vermeldeten“ und „tatsächlichen“ Hospitalisierungsraten sind enorm und müssten dringend in der breiten Öffentlichkeit erklärt werden – und am besten auch an der Politik.

    Hier ein sehr ansehnliches, graphisch aufbereitetes Beispiel eines Modellierers für die enormen Unterschiede in den einzelnen Bundesländern:
    https://imgur.com/a/Z56fUi3
    Quelle: Frank Grimm
    https://twitter.com/frank_grimm/status/1461683552236548097

 

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