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Warum wir fast nie über Straftaten berichten

 

Dieser Text erscheint in unserem neuen Glashaus-Blog. Was es damit auf sich hat, erfahren Sie hier.

Berichten oder nicht berichten? Dutzendfach stellt sich der Redaktion von ZEIT ONLINE diese Frage täglich. Ist eine Nachricht für uns relevant? Schreiben wir eine schnelle Meldung? Schicken wir einen Reporter? Bilden wir ein Rechercheteam? Unser redaktionelles Angebot ist nichts anderes als ein vorläufiges Abbild dieser vielen kleinen und großen Entscheidungen.

Berichten oder nicht berichten? Manchmal fällt uns diese Entscheidung schwer. Beispielsweise dann, wenn sich die Relevanz und Größe einer Geschichte nicht sofort erschließt. Manchmal irren wir uns. Es gibt aber auch Fälle, in denen wir uns sicher sind, dass eine Meldung nicht auf unsere Homepage gehört.

Die meisten Straftaten, die in Deutschland begangen werden, fallen in diese Kategorie. ZEIT ONLINE meldet keine einzelnen Einbrüche, Raubüberfälle, keine Vergewaltigungen und Morde. Manche nennen derartige Meldungen Boulevard. Für uns sind dies tragische Einzelfälle. So lange sie ohne gesellschaftliche oder politische Auswirkungen bleiben, glauben wir, dass sich ZEIT ONLINE nicht damit befassen sollte.

Das heißt nicht, dass Straftaten überhaupt nicht auf ZEIT ONLINE vorkommen. Über politisch motivierte Straftaten berichten wir selbstverständlich: Wenn etwa Menschen aufgrund ihrer Lebensweise oder Herkunft angegriffen werden. Wenn in einer Stadt plötzlich jede Nacht Autos brennen. Wenn anhand einer bestimmten Geschichte ein generelles Problem erkennbar ist, wie es beispielsweise bei der Drogenkriminalität an einigen Orten in Berlin-Kreuzberg der Fall ist. Wenn Personen des öffentlichen Lebens als Täter überführt werden, wie in den Fällen Edathy oder Hoeneß. Wenn viele Menschen betroffen sind, wie beim Amoklauf von München oder dem Absturz des Germanwings-Flugs 9525. Auch ein einzelner Kriminalfall kann zum Berichtsgegenstand werden, doch nicht als Meldung – als breaking news -, sondern als Porträt oder Reportage.

Unsere Berichterstattung zu Freiburg

Als am 17. Oktober 2016 am Ufer der Dreisam in Freiburg die Leiche einer jungen Frau gefunden wurde, haben wir nicht darüber berichtet – ein tragischer Einzelfall. Da die afghanische Herkunft des Tatverdächtigen erst mit seiner Festnahme eineinhalb Monate später bekannt wurde, spielte sie bei dieser Entscheidung keine Rolle. Für uns war dieser Fall nicht anders als all die anderen Kriminalfälle, bei denen Deutsche als Tatverdächtige ermittelt werden, und die auf ZEIT ONLINE üblicherweise auch nicht als Nachricht vorkommen.

Das änderte sich erst, als der Fall zum Politikum gemacht wurde. Als sich Minister und die Bundeskanzlerin zu Wort meldeten. Als die Frage auftauchte, ob in Freiburg nicht ein genereller Trend zu beobachten sei. Ob Migranten mehr Gewaltverbrechen verüben als Deutsche. Wir sind diesen Fragen nachgegangen und haben sie hier zu beantworten versucht.

169 Kommentare

  1.   TilmannJ

    Sie haben ein Problem der Wahrnehmung, die zu der „Lügenpresse“ führt genannt.

    Der Vorfall „Biodeutscher vergewaltigt Flüchtlingsmädchen, bringt sie um und entsorgt die Leiche“ würde höchstwahrscheinlich die deutschen Schlagzeilen über Wochen füllen. Auch dann, wenn es sich um ein ganz normales Verbrechen handelt („normal“, wenn auch abscheulich).

    Der Freiburger Fall ist da unglücklicher gelaufen – klar das der Mordfall erst einmal nur in der Lokalpresse war, da gehörte er erst einmal ohne Täter auch hin.

    Der erste Fall würde nach Ihren Statuten wahrscheinlich als politisch und damit überregional eingestuft, der zweite nicht.

    Beide nicht berichten kann danebengehen, beide berichten, aber in einer Nebenspalte „Sonstiges“ wäre vielleicht die beste Möglichkeit die Wellen zu beruhigen.

  2.   Libelle9

    Schön zurechtgebastelt, Ihre Argumentation, aber so einfach geht das nicht, denn über die Sivesternacht hat die Zeit auch berichtet. Es geht hier nicht um irgend einen Mord. Ihre politisch verfärbte Argumentation blendet die Realität aus und schützt die Opfer nicht. Die zunehmende Zahl an sexueller Belästigung, Vergewaltigungen und sogar Mord durch zugewanderte Männer mit komplett anderer Sozialisierung und einem anderen Frauenbild ist mehr als politisch. Auf die hier lebenden Frauen, die sich westlich kleiden etc. trifft voll zu: „Wenn etwa Menschen aufgrund ihrer Lebensweise oder Herkunft angegriffen werden.“ Die haben Sie auch zu schützen durch Berichterstattung der Realität. Nur so kann politisch gehandelt werden, um Opfer zu schützen.

  3.   GrüßeNachAfDhanistan

    Grundsätzlich ein guter Ansatz, diese Rubrik zu eröffnen. Aber das sich heutzutage Journalisten schon dafür rechtfertigen müssen, dass sie sich ganz einfach nach journalistischen Maßstäben arbeiten, ist doch eigentlich traurig. Besser wäre eine breite gesellschaftliche Debatte über Medienkompetenz und die Bedeutung der Pressefreiheit. Wenn ich hier im Forum regelmäßig lese, wie sich wutschnaubende Foristen anmaßen, unter dem Deckmantel „für ausgewogene Berichterstattung“, den Journalisten diktieren zu wollen, was geschrieben werden darf und was nicht, glaube ich, dass bei dem Grundverständnis vieler Leute, was den Begriff Journalismus angeht, große Lücken klaffen. Es muss offen, außerhalb von Hörsälen und in verständlicher Weise kommuniziert werden, wie man seriöse Meldungen im Netz von Fakes oder Propaganda unterscheidet, was Recherche und Quellenarbeit bedeuten. Nicht, damit jemand nach der Arbeitsschicht anfängt stundenlang auf Quellensuche zu gehen, sondern damit ihm bewusst ist, dass Journalist noch immer ein akademischer Beruf ist, dessen Ausübung nicht bedeutet, dass man den ganzen Tag in Pausenraum steh und Brötchen schmiert. Wenn ich sehe, was für Seiten von manchen Foristen als Belege für irgendwas zitiert werden, fall ich manchmal echt vom Glauben ab. Da gibt es Leute, die sich anhand verwackelter Youtube-Videos über Kriege informieren wollen, oder irgendwelche als Nachrichten-Seite getarnten Bloggs von Extremisten ins Feld führen. Der heiße Renner sind ja im Moment deutschsprachige Ausgaben russischer Staatsmedien – weil man denen ja am allermeisten vertrauen kann. Alle sind ganz besorgt, dass manchen Muslime sich „im Internet radikalisieren“. Das Teile der „Biodeutschen“ sich gedanklich bereits völlig in eine Welt aus Propaganda und Fake-News verabschiedet haben, wird noch kaum thematisiert.

  4.   DasImperiumSchlägtZurück

    Mir erschließt sich nicht, was bzw. ob mit den Kommentaren jetzt etwas passieren soll. Fließen sie ein in die Berichterstattung? Sollen sie eine Diskussionsgrundlage bilden und die Redaktion antwortet darauf? Oder soll sie nur dem Dampfablassen dienen?

  5.   HarryHochecker

    Das Format ist ja noch peinlicher als die üblichen Zeit Mein… Artikel. Opinion discarded.

  6.   Markus Horeld

    Liebe/r demokratieren:

    bei diesen Links handelt es sich um einen automatisch einlaufenden dpa-Feed. Sie sind nicht Teil der von der ZEIT-ONLINE-Redaktion erstellten Beiträge.

    Grüße, Markus Horeld

  7.   Mgladbacher

    Ich verstehe, dass sie berichten, wenn Menschen aufgrund ihrer Lebensweise oder Herkunft angegriffen werden.
    Sie sollten dann aber auch berichten, wenn Menschen aufgrund ihrer Lebensweise oder Herkunft angreifen.

    Es gibt mittlerweile zuviele Einzelfälle. Und die Todesumstände Marias stehen in direktem Zusammenhang mit dem anarchichen Sexualverhalten, dass viele der zu uns Gekommenen in ihrer Sozialisierungsphase erworben haben. Genau dies ist von gesellschaftlicher Relevanz und genau das ist es, was die Leute umtreibt und besorgt.

    Natürlich ist abzuwägen und natürlich ist Vorsicht undSachlichkeit angebracht.
    Aber zu meinen, dass Verschweigen eine Eskallation vermeidet ist falsch, das Gegenteil ist der Fall.

    Die Einwanderung, speziell aus dem afrikanisch, abrabischem Kulturkreis spaltet die Gemüter und wird eine zunehmende Gefahr für unsere gesellschaftliche Statik. Hier hilft nur die wahre Benennung der neu auf uns zukommenden Probleme und zum Teil Gefahren.

    Mir ist an Deeskallation gelegen – deshalb schreibe ich diesen Beitrag.

  8.   Eugen Ratzeputz

    Liebes ZON-Team, kürzlich erhielten sie einen Preis für die Berichterstattung über brennende Asylbewerberheime. Sie haben 8 Wochen intensiv recherchiert (sogar investigativ). Recherchieren sie doch mal die nächsten 8 Wochen über Ausländer/Flüchtlingskriminalität. Überprüfen sie Statistiken und besuchen sie doch mal JVAs. Finden sie heraus wie hoch der Anteil der Insassen mit Migrationshintergrund ist. Es wäre doch ein Leichtes den Rechtspopulisten den Wind aus den Segeln zu nehmen, oder?

  9.   Kriegsminister

    Eine seltsame Geschichte.

    Es gibt nach wie vor keinen Anlass so ausgelassen über dieses Verbrechen zu berichten. Letztlich hängt sich die ganze Story daran auf, weil die Schreihälse im Internet meinen ihre Agenada – Flüchtlinge bringen mehr Kriminalität in’s Land – müsse in der Tageschau verbreitet werden. Schlimm genug, dass es soviele sind, die das glauben. Noch schlimmer, dass ihnen auf einmal viele Recht geben.

    Was kommt als Nächstes? Der tägliche TV-Bericht „Achtung, Flüchtling!“ oder eine Presskonferenz?

    Der Fall wurde akribisch aufgeklärt (was auch zu gejammer im „sozialen“ Netz geführt hat, weil Mitstudenten kontrolliert wurden und nicht gleich Flüchtlinge verdächtigt wurden) und wenn sich zeigt, dass eine bestimmte Bevölkerungsgruppe für einen signifikaten Anstieg von Verbrechen verantwortlich ist (ist nicht so, zumindest nicht durch Flüchtlinge) dann wird man darüber auch berichten und sollte gegenenfalls Maßnahmen ergreifen.

    Aber was jetzt passiert ist man hat den Hetzern und Aufpeitschern eine grosse Brücke gebaut, da sie denken sie hätten Recht mit dieser unsinnigen Forderung. Das wird sich vermutlich böse rächen

  10.   A. Garcia

    @PineapplePunch „Sie möchten also zu jedem der etwa 7000 Vergewaltigungsfälle, die es jährlich in Deutschland gibt, einen eigenen, ausführlichen Bericht haben?“

    Das erledigen iaR. Regionalzeitungen. Von einer überregionalen deutschen Wochenzeitung, würde ich erwarten, dass sie Themen, die weit über eine bestimmte Region hinausgehen, aufgreifen und sich nicht erst dann äußern, wenn solche Fälle bereits zum Politikum wurden. Ähnlich wie bei der Tagesschau, und das auch nur auf Anfrage.

    Kurz, ich erwarte von einer überregionalen Zeitung, dass sie solche Fälle zum Politikum macht und sich nicht darauf beruft, dass erst die Mitbewerber die unangenehme Arbeit für sie erledigen müssen …

 

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