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Die ZEIT beendet Zusammenarbeit mit freiem Mitarbeiter

 

Die Medien der ZEIT beenden die Zusammenarbeit mit einem freien Mitarbeiter, der bei einem Täuschungsversuch beim Magazin der Süddeutschen Zeitung aufgefallen war. In den Jahren von 2015 bis 2018 hat dieser Autor auch 30 Beiträge für ZEIT ONLINE und elf Texte für DIE ZEIT geschrieben.

Insgesamt sind bei der Überprüfung der Beiträge bisher elf Texte mit einem oder mehreren Fehlern aufgefallen. Neben Schludrigkeiten und Unsauberkeiten waren auch einige Fehler darunter, die offenbar die Dramaturgie der Beiträge unterstützen sollten. In einem Absatz einer Reportage wurden zum Beispiel Ereignisse, die an mehreren Tagen spielten, zu der Beschreibung eines einzigen Tages verdichtet. In einer anderen Geschichte waren Einrichtungsgegenstände zweier Räume vertauscht. Alle bisher gefundenen Fehler haben wir in unserem Onlinearchiv korrigiert und die Texte mit entsprechenden Transparenzhinweisen versehen.

Der Autor hat uns selbst kontaktiert, um auf den Vorfall bei der Süddeutschen Zeitung hinzuweisen, und uns bei der Überprüfung aktiv unterstützt. Er beteuert, dass alle Fehler in seinen Beiträgen ohne Täuschungsabsicht entstanden seien. Die Verdichtung von Ereignissen und die Häufung der Fehler verstoßen allerdings gegen die Sorgfaltspflicht und die journalistischen Grundsätze, die auch bei der ZEIT gelten. Den Namen des Autors nennen wir nicht, um seine berufliche Existenz nicht weiter zu gefährden.

37 Kommentare

  1.   quaestiones

    Der Autor räumte nicht nur ein Fehler gemacht zu haben sondern er wies sogar darauf hin. So konnte in Ordnung gebracht werden, was nicht der üblichen Sorgfaltspflicht entsprach. Ich nehme dem Auto ab, dass keine Täuschungsabsicht vorlag und er wird daraus lernen.

    Eine *Abmahnung* hätte meines Erachtens gereicht.

  2.   Tobilerone

    Ein guter erster Schritt, nun würde ich noch gerne wissen um welche Beiträge es sich handelt. Sonst bin ich ja dauerhaft im Zweifel bei allen vergangenen Beiträgen ob dies auch wirklich stimmte.

  3.   hunter100

    Spätestens seit Relotius sollte man als Leser darauf hoffen können, dass sich ein Medium, das auf einen Lieferanten von Falschinformationen hereingefallen ist, transparent, ehrlich und auch rücksichtslos gegen sich selbst damit auseinander setzt – und den Leser daran teilhaben lässt. Dieser Artikel zeigt, dass man bei der ZEIT dazu weder fähig noch willig zu sein scheint. Sehr schade.

  4.   Que Che

    > Wahre Transparenz wäre es allerdings, nun auch noch den Namen des Mitarbeiters zu nennen.

    Warum?

  5.   Sinnkrise

    Transparenz bedeutet, dass sie auch den Namen nennen. Sonst ist es kein Glashaus.

  6.   Abdul Alhazred

    Es lohnt sich eben nicht. Solange Qualitätshäuser ihre Artikel hin und wieder überprüfen, werden schwarze Schafe immer gefunden werden. Deswegen können wir nicht auf sie verzichten! Vielen dank zeit

  7.   rumbati

    „Preisgekrönter Autor“ (Meedia)

    Das scheint ja symptomatisch für „erfindungsreiche“ Journalisten zu sein.

    Der freie Journalist wurde mit dem renommierten Henri-Nannen-Preis und dem Deutschen Reporterpreis ausgezeichnet.

  8.   KaRamamba

    Und wie soll jetzt „relotieren“ bei ZON benannt werden?

  9.   AWD ron Silberstein

    Es bleibt zu hoffen, dass man bei den etablierten Blättern wie der Zeit, dem Spiegel, Süddeutscher usw. endlich einmal systemische Überlegungen führt. Gleiches gilt für die oft gierige Erwartungshaltung von uns Lesern. Es stellt sich die Frage: Strotzen trendartig gestiegen selbst die etablierten deutschen Blätter vor seichten aufgepeppten Geschichten nichtssagender freier Mitarbeiter, weil wir als Konsumenten inzwischen „Hipp“ intellektuell so abgeflacht sind, dass wir ständig diese Übeehöhungen brauchen oder sind es die Blätter selbst die diesen Trend zur Wichtuerei bei eher banalen Geschichten fördern. Anstatt mit Fachwissen lebendig gesellschaftliche Trends zu beschreiben, fällt mir in letzter Zeit gerade die Zeit mit Geschichten unbekannter Schreiber über oft Extremverhalten von Einzelpersonen auf, die angebliche Trends in Gesellschaft oder im persönlichen Verhalten aufzeigen wollen. Zumeist ein inhaltloses Fabulieren von Wichtigtuern und ihren wenigen Claqueuren. Also liebe Leute von der Zeit: Bitte einmal wieder ran an wirklich wichtige Themen, mit fachlich gut recherchierter Arbeit nicht nur für verschwindende Minderheiten. Ich als Leser würde es sehr begrüßen.

  10.   bromfiets

    „Den Namen des Autors nennen wir nicht, um seine berufliche Existenz nicht weiter zu gefährden.“

    Das würde am eigentlichen Problem des Journalismus auch nichts ändern. Das ist nämlich ein ganz anderes: Spätestens ab Mitte der 1990er haben die Verlage systematisch angefangen, feste Anstellungsverhältnisse mit Vollzeitbeschäftigung gegen „flexiblere“ Arbeitsverhältnisse bzw. freie Mitarbieter zu ersetzen. Das wiederum hat einen fatalen Teufelskreis in Gang gesetzt: Mit sinkender Qualität der Artikel sanken die Abonnentenzahlen. Die hohe Arbeitslosigkeit machte Zeitungs-Abos ebenfalls den Garaus. Das erhöhte den Sparzwang, die Prekarisierung und senkte die Qualität weiter. Dann kam das Internet mit seinem Gratis-Content obendrauf und das Chaos war perfekt.

    Es verwundert nun nicht, dass Teile der journalistischen Arbeit aus freier Erfindung oder unkritisch übernommenen PR-Machwerken besteht: Der Arbeitsdruck ist zu hoch, um wirklich kritisch Quellen und Fakten zu überprüfen. So haben es mir Mitarbeiter von PR-Agenturen und Zeitungsverlagen bestätigt.

 

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