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Dieser Text erscheint in unserem Transparenz-Blog Glashaus. Mehr dazu hier.
Update vom 13.10.2023: Wir haben die Recherche zu Fabian Wolff vorerst abgeschlossen. Lesen Sie mehr dazu am Ende dieses Beitrags.
Am 16. Juli 2023 publizierte ZEIT ONLINE einen Beitrag des freien Autors Fabian Wolff mit dem Titel „Mein Leben als Sohn“. Wolff berichtet darin, dass er nach eigenen Recherchen nicht Jude sei – im Gegensatz zu dem, was ihm seine 2017 verstorbene Mutter jahrelang versichert habe.
Fabian Wolff schrieb 140 Beiträge für die Jüdische Allgemeine, arbeitete zudem unter anderem für die Süddeutsche Zeitung, den Spiegel, den Tagesspiegel, die jüdische Website Heeb und Deutschlandfunk Kultur. Mehr als 50 Beiträge hat Wolff auch auf ZEIT ONLINE publiziert, hauptsächlich Musikrezensionen.
Seit 2010 hat er sich als Autor auch aus – vermeintlich – jüdischer Perspektive zu Themen geäußert, auf ZEIT ONLINE neben seinem Beitrag „Mein Leben als Sohn“ in einem weiteren Text, „Nur in Deutschland“. Außerdem war er als Interviewter oder Protagonist Teil von drei weiteren Beiträgen von ZEIT ONLINE und der ZEIT, in denen seine vermeintliche jüdische Identität eine Rolle spielte. Die insgesamt vier Beiträge versahen wir nun mit einem entsprechenden Hinweis.
Hätten uns die im Folgenden zusammengetragenen Informationen früher vorgelegen, wäre Fabian Wolffs Beitrag „Mein Leben als Sohn“ in dieser Form nicht erschienen. Vor dem Hintergrund unseres heutigen Wissens bedauern wir zudem sehr, dass wir seinen Artikel „Nur in Deutschland“ 2021 veröffentlicht haben.
Die Kritik
Fabian Wolffs Text „Mein Leben als Sohn“ hatten wir vor der Publikation einem Faktencheck unterzogen, wie es unseren Standards entspricht.
Nach Veröffentlichung erschienen Beiträge in anderen Medien, die nahelegten, er schreibe die Unwahrheit. Auch manche Äußerungen in den sozialen Medien legten dies nahe. In einem Beitrag in der Jüdischen Allgemeinen wurde Wolff als „Hochstapler und Lügner“ bezeichnet, „der sich jahrelang … wider besseres Wissen als Jude ausgegeben“ habe, in der Süddeutschen Zeitung als „Täuscher“, in der FAZ als „Hochstapler“.
Gemäß unseren Standards haben wir damit begonnen, den derart kritisierten Beitrag nochmals zu überprüfen.
Wir haben erneut Dokumente überprüft, die Fabian Wolffs Darstellung der Ereignisse stützen oder widerlegen können. Wir haben mit zahlreichen Menschen gesprochen, die Fabian Wolff kennen oder sich mit ihm beschäftigt hatten, darunter Freunde, Mitglieder der jüdischen Gemeinde, Journalisten und einige seiner schärfsten Kritiker. Unser Redaktionsteam wurde bei den Recherchen auch von einem externen Experten unterstützt, der unabhängig von uns nach Belegen für Falschaussagen Wolffs gesucht hat.
ZEIT ONLINE hat mit Fabian Wolff erneut mehrfach gesprochen und ihn zu den Fakten in seinem Text, zu seiner Mutter, seiner Biografie und seiner Kindheit befragt.
Ein vorläufiges Ergebnis unserer bisherigen Recherchen machen wir im Folgenden umfassend transparent, einige dieser Recherchen sind noch nicht abgeschlossen. Wir versuchen dabei, die Privatsphäre aller erwähnten Personen so weit wie möglich zu schützen und Informationen nur so weit zu teilen, wie sie für das Verständnis der Sache notwendig sind.
Hatte die Mutter wirklich von ihrer jüdischen Herkunft berichtet?
Nach dem religiösen Gesetz, der Halacha, ist jüdisch, wer eine jüdische Mutter hat oder zum Judentum übergetreten ist. Fabian Wolff leitete sein Jüdischsein nach eigenen Angaben aus der Erzählung seiner Mutter ab. Seine Ururgroßmutter sei danach eine Weißnäherin mit dem Mädchennamen Stern gewesen. Die jüdische Großmutter sei mit falschen Papieren aus Nazideutschland nach Frankreich geflohen.
Bei unserer Prüfung vor der Publikation seines Textes ging es deshalb vor allem darum, ob Belege existierten, dass die Mutter tatsächlich über das Jüdischsein der Familie gesprochen hatte.
Wir hatten bereits E-Mails der verstorbenen Mutter an den Autor eingesehen. Nun prüften wir erneut insgesamt sechs E-Mails aus den Jahren 2013 bis 2017 auf Authentizität. Diese enthalten klare Aussagen der Mutter über ihre vorgebliche jüdische Identität.
Zusätzlich befragten wir nun zwei Personen aus dem engsten Umfeld der verstorbenen Mutter, die erst durch uns von Fabian Wolffs Artikel auf ZEIT ONLINE erfuhren. Sie versicherten, dass die Mutter im kleinen Kreis von einer jüdischen Identität berichtet habe.
Wir müssen weiterhin davon ausgehen, dass Fabian Wolffs Mutter ihm tatsächlich erklärt hat, er habe eine jüdische Ururgroßmutter, somit auch eine jüdische Urgroßmutter und Großmutter – und der Autor dies nicht erfunden hat.
Ab wann musste Fabian Wolff an seiner jüdischen Herkunft zweifeln?
Weitere Kritik an Fabian Wolffs Text bezieht sich auf dessen Darstellung, ab wann er ernsthafte Zweifel hegen musste, jüdischer Herkunft zu sein – und ab wann er seine Identität demnach nicht weiter behaupten konnte. Wir haben deshalb sowohl Fabian Wolffs Darstellung in seinem Beitrag auf ZEIT ONLINE als auch in anderen Medien und privaten Gesprächen geprüft.
Das „Dossier“
In einem Beitrag der Jüdischen Allgemeinen wird von einem „Dossier“ berichtet, das im September 2021 „einigen Journalisten in Berlin“ zugespielt worden sei und das belege: „Fabian Wolff, der angeblich jüdische Publizist, ist gar nicht jüdisch.“
ZEIT ONLINE lag dieses „Dossier“ zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels weder vor noch hatten wir Kenntnis davon. Wir haben das „Dossier“ mittlerweile aus mehreren unabhängigen Quellen in leicht unterschiedlichen Versionen erhalten. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um eine E-Mail einer ehemaligen Partnerin von Fabian Wolff, die inzwischen verstorben ist. Die Autorin Mirna Funk berichtet in der FAZ ausführlich über diese E-Mail und ihren Inhalt.
In einigen Varianten der E-Mail findet sich auch die Grabrede, die Fabian Wolff zum Tod seiner Mutter gehalten hat, Screenshots mit Aussagen einer weiteren Person in Fabian Wolffs Umfeld sowie die Audiodatei eines Gesprächs zwischen Fabian Wolff und einer weiteren Person. Die E-Mail wurde im September 2021 verschiedenen anderen Personen und auch mindestens zwei Redaktionen zugespielt. Kein Medium hat damals eine entsprechende Recherche veröffentlicht.
Erst im Rahmen unserer erneuten Prüfung haben wir davon erfahren, dass die Ex-Freundin privat Kontakt zu einem ZEIT-Redakteur hatte und diesem auch von ihren Zweifeln berichtet hatte. Diese Information erreichte ZEIT ONLINE vor Publikation nicht.
Die Verfasserin äußert in ihrer E-Mail Zweifel, ob Fabian Wolff wirklich jüdisch sei. Sie habe Angehörige der Mutter kontaktiert und diese hätten nichts von einer jüdischen Urgroßmutter gewusst. Wolff, der fest davon überzeugt gewesen sei, jüdisch zu sein, habe selbst keinerlei Belege jenseits der Erzählung seiner Mutter dafür gehabt. Er habe ihr erklärt, die Beweise für den Nachweis seiner jüdischen Identität seien durch ein Feuer vernichtet worden – eine Aussage, für die es keine Belege gibt.
Anlass für Ihre Zweifel, schreibt die Verfasserin der E-Mail, sei der Umstand gewesen, dass keine Verwandten von Fabian Wolffs Mutter zur Beerdigung eingeladen worden oder auch nur vom Tod der Mutter informiert worden seien. Auf Nachfrage sagt Fabian Wolff heute dazu, er habe die Geschwister seiner Mutter nicht von ihrem Tod informiert, weil sie das so gewünscht habe. Sie habe den Kontakt zu den Geschwistern 2007 abgebrochen.
Die Verfasserin der E-Mail hält es für denkbar, dass Fabian Wolffs Mutter die jüdische Biografie erfunden hat. Sie schreibt auch, dass sie sich mit diesem Vorwurf auf „dünnem Eis“ bewege. Sie schreibt in den uns vorliegenden Versionen der E-Mail nicht, dass Fabian Wolff sich seine jüdische Biografie vollständig selbst ausgedacht habe. Dies war in einigen Artikeln behauptet worden.
Ein konkreter Beleg für die nicht jüdische Identität von Fabian Wolff findet sich in der E-Mail und den weiteren Teilen des uns in diesem Zusammenhang vorliegenden Materials nicht.
Fabian Wolff war diese E-Mail nach eigenen Angaben seit Herbst 2021 in Teilen bekannt. Er hatte ZEIT ONLINE während der Bearbeitung seines Textes darüber informiert, dass Recherchen zu seiner Identität im Gange seien. Dies wird auch in seinem Text erwähnt. Die Ex-Freundin ist vor einigen Monaten verstorben. Aus diesem Grund habe er ihre zentrale Rolle ausgespart. Eine Andeutung über die Ex-Freundin war in einer frühen Version des Textes vorhanden. Sie wurde beim Bearbeitungsprozess aus demselben Grund gestrichen.
Behauptet wird ferner in einigen Medien und sozialen Netzwerken, Fabian Wolff habe der Ex-Freundin durch einen Anwalt ein „Unterlassungsschreiben“ zukommen lassen, um sie „mundtot“ zu machen. Dies ist nach unserer Recherche nicht der Fall. Der Anwalt hat die Ex-Freundin am 1. April 2022 aufgefordert, zu Fabian Wolff keinen Kontakt mehr aufzunehmen. Seither kam es nach Aussage Wolffs zu keinem weiteren Kontakt, sein Anwalt bestätigt das. Das Schreiben liegt ZEIT ONLINE vor.
Die kursierende E-Mail, erklärt Fabian Wolff, habe ihn damals sehr verunsichert. Er habe eine Veröffentlichung in den Medien befürchtet. Freunde hätten ihn darin bestärkt, nun herauszufinden, was stimme. Im Frühjahr 2022 habe Wolff deshalb seine Recherche begonnen. Diese Behauptung wird durch die ZEIT ONLINE vorliegende, entsprechend datierte Kommunikation mit Archiven (siehe unten) zumindest gestützt. Viele weitere Aussagen aus dem Umfeld von Fabian Wolff stützen diese Darstellung ebenfalls.
Die Grabrede
Teil des E-Mail-Dossiers ist die Grabrede, die Fabian Wolff 2017 während der Trauerfeier für seine Mutter gehalten hat. In der Kritik an Wolffs Darstellungen wurde sie während unserer Recherchen immer wieder erwähnt, weil sie öffentliche, detaillierte Falschaussagen zu seinen Familienverhältnissen enthält. Beispielsweise erwähnt er dort fälschlicherweise einen Großonkel, der im „KZ ermordet“ worden sei. Diese Erzählungen basierten, so erklärt uns Fabian Wolff heute, ausschließlich auf den Schilderungen seiner Mutter, die er zunächst übernommen habe. Nach einer späteren Prüfung habe er die falschen Angaben nicht mehr verwendet.
In der Grabrede sagte Wolff laut Manuskript auch, er habe „in den letzten Jahren … das jüdische Erbe“ seiner Familie „erforscht und neu gelebt“. Dies muss als Hinweis verstanden werden, dass er seine Familiengeschichte bereits damals recherchiert hat. Auf Nachfrage erklärt er nun, er habe lediglich das „jüdische Leben an sich“ erforscht.
Fabian Wolffs Besuch bei einem Rabbiner
2013 suchte Wolff nach eigenen Angaben den mittlerweile verstorbenen Rabbiner Tovia Ben-Chorin auf. Dieser Besuch wird auch in seinem Text erwähnt und von unabhängigen Quellen bestätigt. Wolff wollte wissen, ob und wie er eine Anerkennung seiner jüdischen Identität erreichen könnte. Die für eine Anerkennung notwendigen Dokumente hatte er allerdings nicht parat und hat sie damals auch nicht zu beschaffen versucht. Das sei „ein Versäumnis gewesen“, sagt er nun auf Nachfrage.
Eine Konversion, die der Rabbiner ihm 2013 ebenfalls angeboten hatte, lehnte Fabian Wolff ab, nach eigenen Angaben unter anderem aus „Stolz“. Es ist davon auszugehen, dass eine Konversion einem Eingeständnis gleichgekommen wäre, dass seine Herkunft nicht geklärt ist.
Bereits zu diesem Zeitpunkt hätte Fabian Wolff klar sein können, dass die bisher nicht belegte Erzählung der Mutter nicht ausreicht, eine jüdische Identität zu behaupten. Zweifel daran hatte er aber nach eigener Aussage bis 2021 nie gehabt.
Wolffs frühere Recherchen zur Genealogie
Fabian Wolff hat in den Gesprächen, die wir nach der Publikation seines Artikels mit ihm geführt haben, bestätigt, 2017 mit seiner Ex-Freundin, der späteren Verfasserin der E-Mail, über seine Familiengeschichte gesprochen zu haben. Nach dem Tod seiner Mutter habe er versucht, mehr dazu herauszufinden. Seine Ex-Freundin habe ihm ihre Hilfe angeboten, auf Genealogie-Plattformen wie MyHeritage nach Verwandten und Vorfahren zu suchen. Diese Suche habe 2017 stattgefunden, sei aber ergebnislos verlaufen.
Im Zuge unserer Recherchen sind wir, wie erwähnt, auf einen privaten Kontakt der Ex-Freundin in der Redaktion der ZEIT gestoßen. Diesem privaten Bekannten gegenüber hatte sie bereits einmal 2017 im Vertrauen geäußert, dass sie Zweifel an der jüdischen Identität Fabian Wolffs hege. Auch deutlich später, im Jahr 2022, hatte sie noch einmal Kontakt aufgenommen, um von ihren Zweifeln zu berichten. Diese Information hat ZEIT ONLINE erst jetzt im Rahmen dieses Faktenchecks erreicht.
Am 28. Juli 2018 schrieb Fabian Wolff einer Freundin der Mutter eine E-Mail und fragte, ob sie mehr über seine angeblich nach Frankreich geflohene Großmutter wisse. Vielleicht habe die Mutter ihr gegenüber ja einmal etwas erwähnt. Die E-Mail sowie die Antwort der Freundin, die Mutter habe leider nur sehr wenige Details erzählt, liegt uns vor.
Recherchen im Jahr 2022 in öffentlichen Archiven
Ab Frühjahr 2022 hat Fabian Wolff, wie in seinem Beitrag auf ZEIT ONLINE berichtet, seine Herkunft mit mehr Nachdruck recherchiert. Dies ist durch die uns vorliegende Kommunikation mit dem Staatsarchiv Leipzig belegt.
Die Auszüge aus den Akten zeigen, dass die angeblich jüdische Großmutter, die laut Erzählung der Mutter mit gefälschten Papieren aus Nazideutschland nach Frankreich geflohen sein soll, im Jahr 1943 in Deutschland geheiratet hatte.
Die letzte Akte, die Geburtsurkunde der Urgroßmutter, beantragte Wolff im Juli 2022 beim Leipziger Stadtarchiv. Er bekam sie nach eigenen Angaben im Herbst 2022. Sie belegt, dass seine Ururgroßmutter nicht den von seiner Mutter behaupteten, in jüdischer Tradition stehenden Geburtsnamen hatte und zudem evangelisch-lutherisch getauft war.
Ob Wolff vergleichbare Recherchen beim Staatsarchiv Leipzig sowie dem Leipziger Stadtarchiv schon einmal zu einem früheren Zeitpunkt angestrengt hat, können wir nicht ausschließen, finden dafür aber bisher keine Hinweise.
Sagte Fabian Wolff an anderer Stelle die Unwahrheit über seine Herkunft?
Wir sind weiteren Hinweisen nachgegangen, dass Fabian Wolff über Details seiner Identität wissentlich die Unwahrheit gesagt hat. Belege dafür würden Wolfs Glaubwürdigkeit ebenfalls in Zweifel ziehen.
Jüdisch-kommunistische Familie
Fabian Wolff spricht wiederholt von seiner jüdisch-kommunistischen Familie in Berlin-Pankow. Die dort gelegene Synagoge Rykestraße war zu DDR-Zeiten die einzige Gemeinde in Ost-Berlin und wurde 1953 eröffnet. Zur Wendezeit war die Rykestraße eine kleine Gemeinde mit selten mehr als 30 Besuchern, der Gottesdienst fand in einem kleinen Gebetsraum statt. Man kannte sich. Gerade Kinder wären zu diesem Zeitpunkt aufgefallen.
ZEIT ONLINE sprach mit mehreren Mitgliedern der Gemeinde. Weder zu DDR-Zeiten noch in den Neunzigerjahren seien Mutter und Sohn dort bekannt gewesen.
Fabian Wolff erklärt auf Nachfrage, er selbst habe die jüdische Gemeinde mit seiner Mutter erst nach dem Jahr 2008 besucht.
Aufwachsen in einem jüdisch geprägten Umfeld
Wir haben Fabian Wolff gefragt, warum er im Dezember 2020 twitterte, er sei „mit diesem ‚bad for the Jews/nicht vor den goyim‘ auch aufgewachsen“, also in einem jüdisch geprägten Umfeld. Auch Personen, die ZEIT ONLINE im Rahmen dieses Faktenchecks kontaktiert hat, sagen, Fabian Wolff habe ihnen gegenüber behauptet, er sei als Kind jüdisch aufgewachsen.
Nach seiner eigenen Darstellung im Text auf ZEIT ONLINE hat ihm seine Mutter jedoch erst als 18-Jährigem erklärt, dass er Jude sei. Auf diese Inkonsistenz war in einigen Beiträgen hingewiesen worden. Wolff sagt nun, dass es in seiner Kindheit „ein Reden über das Jüdischsein“ gegeben habe. So sei beispielsweise Streit in der Berliner jüdischen Gemeinde Gesprächsthema gewesen. Seine Mutter habe das Wort „goyim“ hin und wieder benutzt.
Jüdische Herkunft des Vaters
2016 behauptete Wolff in einem privaten Gespräch, zu dem eine Tonaufnahme existiert, dass auch sein Vater jüdisch sei. Auf unsere Nachfrage nannte Wolff die Äußerung „fundierte Spekulation“. Seine Mutter habe ihm erzählt, auch die Mutter seines Vaters habe jüdische Vorfahren gehabt. Da die Familie seines Vaters eine bürgerliche Familie aus Hamburg und Bremen gewesen sei und viele der bürgerlichen Juden der Hanse vor 1900 ursprünglich sephardisch gewesen seien, habe er das angenommen und „weitergetragen, aber stets im privaten Rahmen“. Dennoch veröffentlichte er beispielsweise im August 2021 auf Facebook ein Foto des Vaters mit Andeutungen zu dessen vorgeblicher jüdischer Identität.
Vorläufiges Fazit
Bisher haben wir im Text „Mein Leben als Sohn“ keine Informationen gefunden, die belegbar nicht der Wahrheit entsprechen oder gar auf einer Lüge basieren, wie es viele Texte nahelegen.
Eine Täuschung kann auch auf dem gezielten Weglassen von wichtigen Informationen beruhen. Viele für ihn unvorteilhafte Umstände hat Wolff in seinem Beitrag zwar selbst angeführt. Einige andere jedoch, auf die wir nun gestoßen sind und die ein schlechtes Licht auf seine Glaubwürdigkeit, besonders auf die viel zu späte Aufarbeitung seiner Identität werfen könnten, hat er ausgelassen.
Wir können Fabian Wolff bisher nicht nachweisen, an anderer Stelle bewusst die Unwahrheit gesagt zu haben. Unsere Recherchen zeigen allerdings, wie er die spärlichen, von seiner Mutter erfundenen Informationen zu seinem vermeintlichen Jüdischsein durch weitere „fundierte Spekulationen“, wie er sie selbst bezeichnete, ergänzt hat. Diese „fundierten Spekulationen“ sind von bewussten Täuschungen teilweise nur mit gutem Willen zu unterscheiden.
Das schwache Fundament von Fabian Wolffs vermeintlicher, spät entdeckter jüdischer Identität steht in starkem Kontrast nicht nur zu seinem Privatleben, in dem diese Identität für ihn eine bestimmende Rolle spielte, sondern auch zu seinen teilweise scharfen Äußerungen in der Öffentlichkeit aus einer dezidiert jüdischen Perspektive. Zu diesen Äußerungen gehört auch sein Beitrag „Nur in Deutschland“ aus dem Mai 2021 auf ZEIT ONLINE, der nach Veröffentlichung vielfach kritisiert wurde.
Vor dem Hintergrund unseres heutigen Wissens bedauern wir sehr, dass wir diesen Beitrag 2021 veröffentlicht haben. Es tut uns insbesondere leid, dass Fabian Wolff mit diesem Text viele Jüdinnen und Juden verletzt hat, unter anderem dadurch, dass er aus einer – vermeintlich – jüdischen Sprecherposition scharfe Kritik an der jüdischen Gemeinde in Deutschland oder deren Mitglieder geäußert hat. Aus Transparenzgründen lassen wir den Beitrag zunächst online, versehen mit einem entsprechenden Hinweis.
Vorwerfen müssen wir uns, dass wir die seit Herbst 2021 kursierende E-Mail vor Veröffentlichung des Textes „Mein Leben als Sohn“ nicht kannten. Dies wiegt umso schwerer, als die Autorin der E-Mail in privatem Kontakt mit einer Person in unserem Haus stand, und über die Jahre mindestens zwei Mal von ihren Zweifeln berichtet hat. Der Frage, warum uns diese Information nicht erreicht hat, gehen wir in einer internen Prüfung weiter nach.
Hätten wir den Inhalt der E-Mail gekannt, hätten wir bei der Publikation von Fabian Wolffs Beitrag deutlich mehr Vorsicht walten lassen. In seiner jetzigen Form wäre er nicht erschienen. Aus Transparenzgründen lassen wir diesen Beitrag vorerst ebenfalls online, versehen mit einem entsprechenden Hinweis.
Die drei weiteren Beiträge auf ZEIT ONLINE, in denen Fabian Wolff als Interviewpartner oder Protagonist mit vermeintlich jüdischer Identität eine Rolle spielt, haben wir ebenfalls mit einem Hinweis versehen.
Unsere Recherchen dauern noch an. Sollten Sie Hinweise haben, sind wir für eine Nachricht an hinweis@zeit.de dankbar. Hier können Sie uns auch anonym eine Nachricht hinterlassen.
Update, 13.10.2023: Wir haben nach der Publikation dieses Faktenchecks weiter in der Sache recherchiert.
Untersucht haben wir unter anderem die vermeintliche Verwandtschaft von Fabian Wolffs Vater mit der Familie des Hamburger Architekten Fritz Schumacher und damit mit den Familien Heisenberg und Mann. Über diese angebliche Verwandtschaft hat Wolff im privaten Kreis gesprochen. Unsere Recherche hat ergeben, dass Fabian Wolff diese Geschichte ungeprüft von der Familie seines Onkels Christoph Theusner übernommen hat. Sie stimmt nicht.
Auch haben wir mit zahlreichen weiteren Personen aus Fabian Wolffs Umfeld und mit ihm selbst nochmals lange gesprochen. Daraus haben sich einige neue Erkenntnisse und Klarstellungen ergeben, allerdings keine eindeutige Neubewertung von Wolffs zentralen Aussagen.
Wir schließen die Recherchen damit ab. Sollte es einen Anlass geben, nehmen wir sie wieder auf.
Our Fact Checking of an Article by Freelance Writer Fabian Wolff
This text appears on our transparency blog Glashaus. You can find out more about it here.
Update from October 13, 2023: We have concluded our investigation into Fabian Wolff for the time being. Read more at the end of this article.
On July 16, 2023, ZEIT ONLINE published an article by freelance writer Fabian Wolff entitled “Mein Leben als Sohn” (“My Life as a Son”). In the piece, Wolff wrote that, according to his own research, he is not actually Jewish – contrary to what his mother, who died in 2017, had assured him for years.
Fabian Wolff wrote 140 articles for the Jüdische Allgemeine newspaper and also produced pieces for the Süddeutsche Zeitung, Der Spiegel, Der Tagesspiegel, the Jewish website Heeb and the public radio station Deutschlandfunk Kultur, among other outlets. ZEIT ONLINE has also published more than 50 articles written by Wolff, primarily music reviews.
Since 2010, he has also spoken out on issues from a – putative – Jewish perspective as a writer. In this context, in addition to his article “My Life as a Son,” ZEIT ONLINE published another article titled, “Nur in Deutschland” (“Only in Germany”). Fabian Wolff was also featured in three other ZEIT ONLINE and DIE ZEIT articles, where he is either interviewed or is a subject in a context in which his supposed Jewish identity played a role. We added a transparency note to these articles.
If the information compiled below had been available to us earlier, Fabian Wolff’s article “My Life as a Son” would not have been published in this form. In light of our current knowledge, we also very much regret that we published his article “Nur in Deutschland” (“Only in Germany”) in 2021.
The Criticism
In line with our standards, we vetted Wolff’s article “My Life as a Son” in the form of a fact-checking process prior to publication.
After publication, articles appeared in other media suggesting that what Wolff had written was not truthful. Some social media posts made similar claims. In an article in the Jüdische Allgemeine newspaper, Wolff was called an “impostor and liar,” and described as a man “who for years … posed as a Jew against his better knowledge.” The Süddeutsche Zeitung described him as a “phony” and the Frankfurter Allgemeine Zeitung as a “imposter.”
In accordance with our standards, we launched a review of the article based on the criticism.
We have again reviewed documents that could serve to either corroborate or refute Fabian Wolff’s account of events. We have spoken with numerous people who know Wolff or have interacted with him, including friends, members of the Jewish community, journalists and some of his harshest critics. Our editorial team was also supported in its research by an external expert, who independently searched for evidence of false statements made by Wolff.
ZEIT ONLINE spoke with Wolff again several times and asked him about the facts in his article, about his mother, his background and his childhood.
In this post, we are releasing the preliminary results of our investigation, even though the process is still ongoing. In this report, we have done our utmost to protect the privacy of all individuals mentioned to the extent possible and to share only information that is necessary for a clear understanding of the matter at hand.
Did his mother really talk about her Jewish background?
According to the Jewish religious law halacha, all those born to a Jewish mother and individuals who have converted to Judaism are considered Jewish. Wolff claims he inferred his Jewishness from his mother’s story, according to which his great-great-grandmother had been a seamstress with the maiden name Stern. He said his mother had told him that the grandmother had fled Nazi Germany to France with forged documents.
Our fact checking prior to the publication of his article focused primarily on whether evidence existed that Wolff’s mother had actually spoken about the family’s Jewishness.
We had already viewed emails from the deceased mother to the author. We have since reexamined a total of six emails from 2013 to 2017 for authenticity. They contain clear statements made by his mother about her professed Jewish identity.
In addition, we have also now interviewed two people who were close to the deceased mother. They first learned about Wolff’s article on ZEIT ONLINE when we contacted them. They assured us that his mother had, in fact, told people close to her that she was of Jewish origin.
As such, we must continue to assume that Wolff’s mother actually did tell him that he had a Jewish great-great-grandmother, and thus, by extension, also a Jewish great-grandmother and grandmother – and that the author did not make it up.
At what point should Wolff have had doubts about his Jewish background?
Further criticism of Wolff’s article relates to his account of the point at which he should have entertained serious doubts about whether he was of Jewish origin – and the point at which he could thus no longer assert that identity. To that end, we examined Wolff’s account in his article on ZEIT ONLINE as well as in other media outlets and private conversations.
The “Dossier”
An article in the Jüdische Allgemeine reports on a “dossier” that was leaked to “some journalists in Berlin” in September 2021 and proves that: “Fabian Wolff, the supposedly Jewish journalist, isn’t Jewish at all.”
ZEIT ONLINE was not in possession of this “dossier” at the time of the article’s publication, nor were we aware of its existence. We have since received the “dossier” from several independent sources in slightly different versions. It is comprised largely of an email from a former girlfriend of Wolff, who has since passed away. Journalist Mirna Funk reported in detail about this email and its content in the Frankfurter Allgemeine Zeitung newspaper.
Some variants of the email also contain the eulogy Wolff delivered when his mother died, screenshots that include statements by another person in Wolff’s circles and the audio file of a conversation between Wolff and another individual. The email was leaked to various people and also to at least two media organizations in September 2021. No media published any related articles at the time.
It was only in the course of our renewed investigation that we learned that the ex-girlfriend had been in private contact with a journalist at DIE ZEIT and had also shared her doubts with that staff member. This information did not reach ZEIT ONLINE prior to publication.
In her email, the author expressed doubts as to whether Wolff is, in fact, Jewish. She wrote that she had contacted relatives of Wolff’s mother and that they had no knowledge of a Jewish great-grandmother. Wolff, who was firmly convinced that he was Jewish, had no evidence for such a background beyond his mother’s account. He had told the ex-girlfriend that the evidence proving his Jewish identity had been destroyed in a fire – a statement for which there is no evidence.
In the email, the author wrote that her doubts stemmed from the fact that no relatives of Wolff’s mother had been invited to the funeral or even informed of her death. When asked about this today, Wolff says that he didn’t inform his mother’s siblings of her death because that had been her wish. He says she had broken off contact with her siblings in 2007.
The author of the email wrote that she thought it was conceivable that Wolff’s mother invented the Jewish biography. She also wrote that she was on “thin ice” with this accusation. In the version of the email we have viewed, she did not write that Wolff made up his Jewish biography entirely on his own. Some of the articles recently published on the matter have made that claim.
There is no concrete evidence that Wolff is not Jewish either in that email or in any of the other material relating to this matter in our possession.
According to Wolff, he had known about parts of the email since autumn 2021. During the editing of his article, Wolff informed ZEIT ONLINE that research into his identity was underway. This is also mentioned in his article. The former girlfriend passed away a few months ago, which, he says, is why he left out the central role she played. A reference to the former girlfriend was included in an early version of the article, but it was cut during the editing process for the same reason.
It has also been alleged in some media and social networks that Fabian Wolff sent the former girlfriend a “cease-and-desist letter” through a lawyer to silence her. According to our investigation, that isn’t the case. The lawyer requested on April 1, 2022, that the ex-girlfriend stop contacting Fabian Wolff. After that, according to Wolff, there was no further contact, a statement confirmed by his lawyer. ZEIT ONLINE has obtained a copy of the letter.
Wolff says the email that was circulating unsettled him at the time. He was concerned that it might be published in the media. Wolff says friends encouraged him to find out the truth, and that he thus began his own research in spring 2022. This assertion is supported by the dates of his communications with archives, which have been made available to ZEIT ONLINE (see below). Many other statements from people close to Wolff also support this account.
The Eulogy
Part of the email dossier is the eulogy Wolff gave in 2017 at his mother’s funeral. It was repeatedly mentioned in criticisms of Wolff’s accounts during our investigation because it contains public, detailed misstatements about his family. For example, he untruthfully speaks of a great uncle who was “murdered in a concentration camp.” These stories, as Wolff has since explained to us, were based exclusively on his mother’s accounts, which he initially accepted. He says he stopped repeating the false information after later checking it more thoroughly.
According to the manuscript, Wolff also said in the eulogy that he had “in recent years … researched and re-lived” his family’s “Jewish heritage.” This should be understood as an indication that he had, by that time, begun researching his family history. When asked about it now, he says he had just been researching “Jewish life in general.”
Fabian Wolff’s Visit with a Rabbi
In 2013, Wolff said he sought out Rabbi Tovia Ben-Chorin, who has since died. This visit is also mentioned in his article and has been confirmed through independent sources. Wolff wanted to know if and how he could obtain recognition of his Jewish identity. He did not, however, have the documents necessary for recognition on hand and did not attempt to obtain them at the time. When asked, he now says that this was “negligence.”
Fabian Wolff says that he declined a conversion to Judaism, which the rabbi had also offered him in 2013 – a decision that came, among other things, out of “pride,” he says. It can be assumed that a conversion would have been tantamount to an admission that his background was not clear.
By this point it could have been clear to Fabian Wolff that his mother’s previously unsubstantiated narrative was not sufficient for asserting a Jewish identity. According to his own account, however, he didn’t harbor such doubts until 2021.
Wolff’s Earlier Genealogical Research
In the conversations we had with Wolff following the publication of his article, he confirmed that he had spoken to his ex-girlfriend, the later author of the email, about his family history in 2017. He said he tried to find out more after his mother’s death. He says his former girlfriend offered to help him search for relatives and ancestors on genealogy platforms like MyHeritage. That search was performed in 2017, but it turned up nothing.
As mentioned previously, during our investigation we learned that the ex-girlfriend had a private contact with a member of the DIE ZEIT newsroom. She had already once expressed confidentially to this private acquaintance in 2017 that she had doubts about Wolff’s Jewish identity. Even significantly later, in 2022, she again got in touch to express her doubts. This information only reached ZEIT ONLINE in the course of this fact-checking review.
On July 28, 2018, Wolff emailed a friend of his mother’s to ask if she knew more about his grandmother, who had allegedly fled to France. He asked if his mother had perhaps at some point said something to her? We are in possession of the email as well as the answer from the friend, who said his mother had shared only very few details.
Research in 2022 in Public Archives
As reported in his article on ZEIT ONLINE, Wolff began looking into his background more vigorously in spring 2022. This is evidenced by the communications we have seen with the Leipzig State Archives.
Excerpts from the files show that the allegedly Jewish grandmother, who, according to the mother’s account, had escaped from Nazi Germany to France with forged documents, had married in Germany in 1943.
Wolff requested a final file, his great-grandmother’s birth certificate, from the Leipzig City Archives in July 2022. By his own account, he received it in autumn 2022. It shows that his great-great-grandmother did not have the traditional Jewish birth name that his mother had claimed, and that she had instead been baptized as a Lutheran Protestant.
We cannot rule out the possibility that Wolff had already made similar inquiries with the Leipzig State Archives and the Leipzig City Archives at an earlier date. Thus far, however, we have found no such indications.
Did Wolff misrepresent his background elsewhere?
We have also investigated additional indications Wolff knowingly told untruths about details of his identity. Such evidence would also cast doubt on Wolff’s credibility.
Jewish Communist Family
Wolff has spoken repeatedly of his Jewish-Communist family in Berlin’s Pankow district. The Rykestraße Synagogue located there was the only congregation in East Berlin during the years of the German Democratic Republic (GDR) and was opened in 1953. At the time of German reunification, Rykestraße was a small congregation, with rarely more than 30 visitors, and services were held in a small prayer room. People knew each other. Children, especially, would have stood out.
ZEIT ONLINE spoke with several members of the community. The mother and her son were neither known there in GDR times, nor following reunification in the 1990s.
When asked, Wolff told us that he didn’t visit the Jewish community with his mother until after 2008.
Growing Up in a Jewish Environment
We asked Wolff why he tweeted in December 2020 that he “also grew up with this ‘bad for the Jews/not in front of the goyim,’” – i.e., in a Jewish-influenced environment. People contacted by ZEIT ONLINE as part of this investigation also said that Wolff had claimed to them that he had grown up Jewish as a child.
According to his own account in the text on ZEIT ONLINE, however, his mother didn’t explain to him that he was Jewish until he was 18 years old. People had also pointed out this inconsistency in some articles. Wolff now says that there was “talk about being Jewish” during his childhood. For example, disputes in the Berlin Jewish community had been a topic of conversation. He claims his mother had used the word “goyim” from time to time.
Jewish Origin of the Father
In 2016, Wolff claimed in a private conversation, of which an audio recording exists, that his father was also Jewish. In response to our inquiry, Wolff described the statement as “well-founded speculation.” His mother had told him that his father’s mother also had Jewish ancestors. Since his father’s family had been an upper middle-class family from Hamburg and Bremen, and many of the bourgeois Jews of the Hanseatic League before 1900 had originally been Sephardic, he had accepted this and “passed it on, but always in private.” Nevertheless, in August 2021, he published a photo of the father on Facebook with insinuations about his purported Jewish identity.
Preliminary Conclusion
So far, we have not found any information in the text “My Life as a Son” that is demonstrably untrue or even based on a lie, as many articles have suggested.
Deception can also be based on the deliberate omission of important information. Wolff himself cited many circumstances in his article that were unfavorable to him. However, he also omitted some others that we have since discovered that might cast a negative light on his credibility, particularly in terms of the reappraisal of his identity that came far too late.
In our research so far, we have not been able to prove that Wolff deliberately told untruths elsewhere. However, our research does indicate that he embellished the sparse information available about his supposed Jewishness, invented by his mother, with further “well-founded speculation,” as he himself described it. These “well-founded speculations” are, in some cases, hardly distinguishable from deliberate attempts at deception.
The weak foundation of Fabian Wolff’s supposed Jewish identity, and one that was discovered quite late, stands in stark contrast not only to his private life, in which this identity played a defining role for him, but also to his sometimes-strident public statements made from a decidedly Jewish perspective. These statements include his May 2021 article “Only in Germany” on ZEIT ONLINE, which was widely criticized after publication.
In light of what we know today, we regret that we published that article in 2021. We particularly regret that Fabian Wolff has hurt many Jews with this article, among other things by expressing sharp criticism of the Jewish community in Germany or its members from the position of a – purportedly – Jewish voice. For reasons of transparency, we are leaving the article online for the time being, with an editor’s note.
We must reproach ourselves for not being aware of the email that had been circulating since fall 2021, prior to the publication of the article, “My Life as a Son.” That is all the more serious considering that the author of the email had been in contact, privately, with a journalist who works for our organization, and had shared her doubts with that person at least twice over the years. The question as to why this information didn’t reach us is being investigated further as part of an internal review process.
Had we been aware of the content of the email, we would have exercised considerably more caution when publishing Wolff’s article. It would not have been published in its present form. For reasons of transparency, we are also leaving that article online for the time being, along with an editor’s note.
In addition, we have added a note to the three other articles on ZEIT ONLINE in which Wolff plays a role either as an interview subject or as a person cited with a supposed Jewish identity.
Our investigation is still ongoing. If you have any tips, we would be grateful if you could email them to hinweis@zeit.de. You can also leave us a message anonymously here.
Update, October 13, 2023: We continued looking into the matter after the publication of this fact check.
Our investigation has looked into a number of aspects, including the alleged relationship of Fabian Wolff’s father to the family of the Hamburg architect Fritz Schumacher and, thus, with the Heisenberg and Mann families. Wolff spoke about this alleged relationship in private. Our research has found that Fabian Wolff uncritically accepted the veracity of this story from the family of his uncle Christoph Theusner. It is not, however, true.
We also spoke with numerous other people from Fabian Wolff’s circle of acquaintances and had another long conversation with Fabian Wolff himself. This has resulted in some new insights and clarifications, but not in a clear re-evaluation of Wolff’s central statements.
This concludes our research. We will, however, resume it should there be a reason to do so.
Erstaunlich, dass es offensichtlich Leute gibt, die den ellenlangen Text ‚Mein Leben als Sohn‘ bis zu Ende gelesen haben. Wussten sie, dass da noch was kommt?
Ich hatte nach nicht mal der Hälfte aufgegeben, ob des belanglosen ich, ich, ich…
WEil hier irgendwer gefragt hat – weil immer irgendwer fragt – Jude sein hängt nicht ausschliesslich von der Religion ab, man bekommt nicht einfach Wasser auf den Kopf – oder sagt vor zwei anderen Juden: Ich will Jude sein – und ist dann einer.
Das Judentum ist zugleich Religion und Volkszugehörigkeit. Und Schicksalsgemeinschaft.
Man *kann* dem Judentum beitreten, dann wird man, wenn man den Wunsch bei einem Rabbiner äussert, erst mal mindestens 3 mal abgelehnt – damit man sich sicher ist. Dann muss man mindestens ein Jahr lang, meistens mehr, studieren, *alles* lernen, alle Regeln, alle Gesetze der Religion. Dann legt man einen Test ab und macht ein Bad, lässt sich, als Mann, rituell beschneiden. Ist also nicht so einfach. Und dann ist man religiös Jude und die Kinder gelten auch volkszugehörig (sofern die Mutter auch Jüdin ist.). Aber bei jenen, die tatsächlich in das Volk und die Mentalität hineingeboren wurden, gibt es dennoch noch einen Rest, der nicht dazu gehört. Man akzeptiert übergetretene Juden, und zeigt es ihnen nicht, aber so *ganz*… denn die Mentalität, den Humor, den Umgang, viele anerzogene oder tradierte oder im kollektiven Unbewussten erhaltene Eigenschaften dauern einfach seine Zeit, bis sie aufscheinen. Man kann in die Religion eintreten, aber aus dem Volk dafür nicht wirklich austreten.
Diese Ambiguität, dass das Judentum eben nicht nur Religion ist – man kann religiös sein, und dennoch nicht *ganz* Jude, man kann ganz Jude sein und überhaupt nicht religiös ( und es gab bekanntlich auch mal einen jüdischen Papst) – diese Vielheit trägt gern mal mit zu dem Distanzgefühl bei, den die Mehrheitsgesellschaft gegenüber Juden hat. Man kann sie nicht einordnen. Und das reizt viele, gerade dazu zu gehören, weil sie sich eben „allein für das, was sie sind“ nicht „besonders“ genug fühlen.
„Es tut uns insbesondere leid, dass Fabian Wolff mit diesem Text viele Jüdinnen und Juden verletzt hat, unter anderem dadurch, dass er aus einer – vermeintlich – jüdischen Sprecherposition scharfe Kritik an der jüdischen Gemeinde in Deutschland oder deren Mitglieder geäußert hat.“
Es tut Ihnen also leid? Warum haben Sie dann kürzlich erst Eva Menasses Brief veröffentlicht, der exakt in die gleiche Kerbe schlägt?
Ich versuche, mich in die Situation hineinzuversetzen. Angenommen, meine Mutter behauptet, ihre eigene Mutter sei im letzten Krieg als Jüdin aus Angst vor Verfolgung nach Frankreich geflohen…Das wäre für mich der allererste Ansatzpunkt. Wieso ist die Tochter damals hier geblieben? Was ist aus der Großmutter geworden, wohin ist sie gegangen, bis wann hat sie gelebt? Die Mutter hatte nach diesem Bericht ja auch Geschwister. Wurden die alle von der Großmutter bei der Flucht zurückgelassen? Das ist doch nicht so weit weg, wie die Ururgroßmutter, die ‚Weißnäherin namens Stern‘.
Dieser Faktencheck hinterlässt mir einen bitteren Geschmack im Mund. Letztlich ist es Schadensbegrenzung. Somit kommt Zeitonline zu dem Schluss, dass es doch keine Lügen in seinem quälenden Essay gab. Doch seltsamerweise kommen sie auch zu dem Schluss, dass sie es nicht so hätten veröffentlichen sollen, wie es ist. Warum nicht, wenn es keine Lügen gäbe?
Für mich ist der wichtigste Punkt, dass Wolff sich 2013 entschieden hat, nicht zu konvertieren, als ihm ein Rabbiner die Option angeboten hat. Alles nach diesem Punkt wird verdächtig finde ich.
Er lügt es sich immer wieder ‚passend’zurecht.
Die Mutti hat gesagt-Variante glaube ich ihm so wie er es schildert nicht.
Ich hoffe, dass man als Leser von zukünftigen Artikeln des Herrn W. verschont bleibt.
Liebe Redaktion,
Bitte verifizieren, ob es in Fabians Haus Judaica gab wie er behauptet hat, obwohl wir inzwischen wissen, dass es keine jüdische Familientradition oder gar Verbindung gab. Das haben Sie nie erklärt.
Bitte könnten Sie auch prüfen ob seine Behauptung, dass er Sachen wusste, die seine Klassenkameraden nicht kannten, wenn, wie wir inzwischen wissen, dass es keine jüdische Tradition in seinem Haus gäbe. Das haben Sie nie geprüft.
Ich würde es begrüßen, wenn Sie dies in Ihrem Abschlussbericht klären würden.
„Wolff sagt nun, dass es in seiner Kindheit „ein Reden über das Jüdischsein“ gegeben habe. So sei beispielsweise Streit in der Berliner jüdischen Gemeinde Gesprächsthema gewesen. Seine Mutter habe das Wort „goyim“ hin und wieder benutzt“.
Liebe Redaktion, könnten Sie uns freundlicherweise erklären, wo diese Diskussion über „Judischsein“ stattgefunden hat und in welche Form? War das angemessen, um die jüdische Sozialisierung zu behaupten? Wie deutet die Verwendung des Wortes „Goy“ oder eines anderen jiddischen Wortes auf jüdische Erziehung oder Tradition hin? Halten Sie das für eine angemessene Erklärung, und wenn nicht, warum haben Sie sie gedruckt?
Ich würde mich über Klarheit in Ihrem Abschlussbericht freuen.