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Atomkonzerne starten massive PR-Offensive

 

Es ist kaum zu übersehen: Die Diskussion um die Laufzeitverlängerung ist in die heiße Phase eingetreten. Das lässt sich vor allem an der Lobbyarbeit der deutschen Atomkonzerne beobachten. Kaum ein Tag, an dem sich nicht ein Vorstandschef von Eon & Co. zu Wort meldet. Für die Energiekonzerne geht es schließlich um viel, die zusätzlichen Gewinne einer Laufzeitverlängerung werden auf mehr als 40 Milliarden Euro geschätzt. Eine Brennelementesteuer wollen die Vier da um jeden Preis vermeiden. Und so bekam am Samstag der Spiegel eine Botschaft an die Politik gesteckt:

„Sollte die Regierung tatsächlich eine Brennelementesteuer einführen, lohne sich der Weiterbetrieb vieler Anlagen nicht mehr. Vertreter der Konzerne E.on, RWE, Vattenfall und EnBW drohten für den Fall nach Informationen des SPIEGEL mit einem Sofortausstieg aus der Atomenergie.“

Auch wenn die Bundesregierung so etwas als „Säbbelrasseln“ abtut – die Drohung spiegelt äußerst ehrlich den Frust der Konzerne über die aktuellen Verhandlungen wider. Am heutigen Montag legte die Branche nach. Auf Seite 2 führte die BILD gleich mit den Chefs der vier Atomkonzerne ein Gemeinschaftsinterview:

„Deutschland kann auf Kernkraft nicht verzichten“

heißt die knallige Überschrift, das Wort „Kernkraft“ ist im schönsten atom-gelb unterlegt. Fast eine komplette Seite räumt Deutschlands größte Zeitung den Energieversorgern ein. Schön auch die Antwort von Vattenfall-Chef Tuomo Hattaka auf die Frage, ob es den Atomkonzerne nicht „vor allem um zusätzliche Milliardengewinne mit den alten Kraftwerken“ gehe:

„Sind Gewinne etwas Verwerfliches?“

Und gleich danach kommt wohl das wichtigste Argument, das die BILD-Leser von der Atomkraft überzeugen soll:

„Längere Laufzeiten sind vor allem für unsere Kunden gut.“

Schließlich steige die Versorgungssicherheit und der Strom bleibe bezahlbar.

Es geht den Atomkonzernen, wie ein Kollege es formulierte, um nicht weniger als „die Lufthoheit über den deutschen Stammtischen“. Wer die hat, hat auch die Politik auf seiner Seite. Auch das Deutsche Atomforum hat das erkannt. Seit kurzem traut sich der Branchenverband wieder an die Öffentlichkeit und äußert sich zum Thema Laufzeitverlängerung. Das war Endes des vergangenen Jahres noch undenkbar, wie ZEIT-Redakteur Fritz Vorholz unter der Überschrift „Das Mäuschen schweigt“ damals aufschrieb.

Wohin die PR-Strategie der Atombranche in den kommenden Wochen geht, verrät übrigens der letzte Satz unter dem BILD-Interview:

„AB MORGEN IN BILD: Die neue Serie zu unserer Energie. „

Dass die jünsten Lobbyaktivitäten der Atombranche nur dem Zufall geschuldet sind, mögen seit Ende 2009 wohl nur noch Atomstrom-Anhänger glauben. Da kam nämlich heraus, dass die Berliner Agentur PRGS  von Thorsten Hofmann für einen Atomkonzern eine Art Lobby-Fahrplan (hier das „Kommunikationskonzept_Kernernergie“ im Original) erstellt hatte. Der SPIEGEL schrieb dazu an anderer Stelle:

„Auf 109 Seiten listet Hofmanns PRGS allerlei Tricks auf, wie man die Stimmung in der Bevölkerung so drehen kann, dass eine Verlängerung der Laufzeit für Atomkraftwerke mehrheitsfähig wird. Das Arsenal reicht von geeigneten Studien und Umfragen bis zu „Grassroots“-Aktivitäten wie Unterschriften- und Call-Center-Aktionen.“