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Klimaschutz: Schwarz-Gelb streicht CO2-Kompensation für Dienstreisen

 

Seit diesem Jahr nun ist es offiziell: Eine Vorbildfunktion in Sachen Klimaschutz hält die Bundesregierung offenbar für nicht mehr notwendig. In 2012 stellt Schwarz-Gelb keine Mittel mehr für die „Maßnahmen zur Klimaneutralisierung von Dienstreisen der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages“ zur Verfügung.  Das hatte der Haushaltsausschuss der Bundesregierung im vergangenen Herbst beschlossen. Im vergangenen Jahr standen bereits nur noch 2,15 Millionen Euro zur Verfügung, das war schon eine Halbierung.

Ein Haushaltsausschuss-Mitglied betont, dass das Verfahren sehr verwaltungsaufwändig gewesen sei, die Auswahl der Projekte „nach nicht immer durchsichtigen Kriterien“ erfolgt sei und dass die Kompensation keine Lenkungsfunktion gehabt habe.

Das klang vor einigen Jahren noch ganz anders. Unter Schwarz-Rot wurde das Programm sogar noch ausgeweitet:

„Die Bundesregierung hat beschlossen, die Treibhausgasemissionen im eigenen Geschäftsbereich im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 30 % im Vergleich zum Basisjahr 1990 zu reduzieren. In diesem Zusammenhang hat das Bundeskabinett am 28. Februar 2007 auf Vorschlag von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel beschlossen, die Dienstreisen der Mitglieder und Beschäftigten der Bundesregierung „klimaneutral“ zu stellen. Das bedeutet, dass die bei unvermeidbaren Dienstflügen und Dienstfahrten mit dem Pkw produzierten Treibhausgase an anderer Stelle eingespart werden, indem in Klimaschutzprojekte investiert wird.“

Damit ist nun also Schluss. Einen Rüffel gab es dafür bereits vom Umweltbundesamt:

Aus Sicht des Umweltbundesamtes ist das vorzeitige Ende der Kompensation der Dienstreisen der Bundesregierung bedauerlich. Wir halten die freiwillige Kompensation von Treibhausgasemissionen – richtig eingesetzt – für ein sinnvolles Instrument des Klimaschutzes. Eine Vorbildwirkung der Bundesregierung könnte hier ein wichtiges klimapolitisches Zeichen setzen.“

Nun ist die Frage: Was hat das Programm tatsächlich gebracht? Das lässt sich tatsächlich nur schwer recherchieren. Die Deutsche Emissionshandelsstelle teilt mit, dass das Kompensationsvolumen jährlich bei 168.421 Tonnen CO2 für die Jahre 2007 bis 2009 betrug. Wenig aussagekräftig.

Am sinnvollsten wäre es natürlich, wenn die Emissionen erst gar nicht entstehen, wenn die Ministerien also etwa ihre Mitarbeiter anhalten: „Fahrt Bahn, innerdeutsche Flüge sind tabu.“

Das ist in der Praxis allerdings kaum umzusetzen. Was also tun? Ich würde sagen: Na, dann eben kompensieren, und zwar nach den höchsten Standards, die es dafür auf dem Markt gibt.

Oder was meinen Sie, liebe Leser? Wo sind die Grenzen der Kompensation? Ganz spannend in diesem Zusammenhang ist ja, dass Atmosfair – also einer der führenden Anbieter von Kompensationsprojekten – aktuell in einem taz-Interview auch von den Grenzen der Kompensation spricht:

„taz: Alle Welt gibt sich heutzutage klimaneutral: Der Vatikanstaat, die Leuphana Universität Lüneburg, der Reiseveranstalter Studiosus, die Stadtwerke Soest. Verkommt die Kompensation zum reinen PR-Instrument?

Dietrich Brockhagen/Atmosfair: Es geht leider in diese Richtung. Ich mache dies vor allem an den Produkten fest, die kompensiert werden. Wir arbeiten zurzeit an einer Studie zu den Grenzen von Kompensation.“