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Offshore-Wind: auf der Suche nach dem besten Lärmschutz

 

Es ist wohl das klassische Dilemma: Da baut Deutschland mit einem riesigen Aufwand Windanlagen auf hoher See, um seine Energieversorgung langfristig auf Ökostrom umzustellen. Auf der anderen Seite bedeutet das  Eingriffe ins Ökosystem Meer – bei denen allerdings die Fachwelt noch unsicher ist, wie gravierend sie sind. Klimaschutz versus Naturschutz: kein einfaches Unterfangen.

Der Schweinswal treibt da zurzeit heftig die Offshore-Branche um. Wie bekommt man es hin, dass er nicht langfristig vertrieben wird von den lauten Rammarbeiten am Meeresboden und auch nicht gleich taub wird. Am heutigen Donnerstag hat die Branche eine erste Bilanz der verschiedenen Schallschutzmethoden vorgestellt. Das Projekt kostete rund vier Millionen Euro.

Das Positive vorweg: Vom „Großen Blasenschleier“, bei dem ein Mantel aus Luftblasen die Schallwellen abfängt, bis zu Dämmschalen und Schlauchvorhängen: Alle Methoden sind wirksam und mindern den Lärm um im Schnitt neun Dezibel.

Das Problem ist nur, dass das nicht ausreicht, um den gesetzlichen Grenzwert von 160 Dezibel zu garantieren. Die Unternehmen und Institute formulieren es diplomatisch:

„Damit konnte eine deutliche Annäherung an den Schall-Emissionsgrenzwert von 160 Dezibel in 750 Meter Entfernung um die Schallquelle herum erreicht werden.“

Für die Offshore-Firmen ist das Thema nicht nur, salopp gesagt: pille palle. Wenn sie die Schallschutzgrenzen nicht einhalten, kann das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie im Ernstfall sogar den Bau des Windparks untersagen. Zudem bedeuten die Schallschutzmaßnahmen enorme Kosten für sie. Denn für jeden Pfahl, den sie in den Meeresboden rammen, müssen sie zurzeit mit gewaltigem Aufwand auch ein Schallkonzept entwickeln – und das ja parallel zu den normalen Bauarbeiten. Kein einfaches Unterfangen.

Noch ist unklar, welche Technologie sich langfristig durchsetzen wird. Zurzeit setzen die Firmen vor allem auf den Luftblasenschleier, er ist „state of the art“. Doch er hat ein Problem – und das liegt in der Natur der Sache: Die Luftblasen verwirbeln und verändern sich, je nach Windstärke und Wellengang. Das bedeutet also, dass weitere Forschung nötig ist.

Wissenschafler kritisieren da wohl zu recht, dass sie gerade bei der Offshore-Windenergie aktuell nicht ausreichend Zeit haben, die ökologischen Folgen zu analysieren und zu bewerten. Was passiert mit dem Meeresboden, wenn sich langfristig mehr als 5.000 Windanlagen zukünftig in der Nordsee drehen sollen? Welche Folgen hat das auf die Biodiversität, nimmt sie zu, nimmt sie ab? Und eben: Wie wird´s dem Schweinswal mit den Windrädern gehen? Die Energiewende, sie ist zumindest in Teilen wohl gerade eine Operation am offenen Herzen. Aber anders lässt sie sich wohl auch nicht realisieren.