In meinem Bio-Laden ums Eck bekomme ich meine Einkäufe regelmäßig in einer Tüte ausgehändigt, auf der prangt „100 Prozent recycelbar“. Bitteschön – Dankeschön. Die Tüte ist aus einem Biokunststoff gefertigt, genauer gesagt aus Maisstärke.
Nun sind Plastiktüten ja erst einmal ein Ärgernis: Unglaubliche 5,3 Milliarden Plastiktüten verwenden wir Deutschen laut Deutscher Umwelthilfe jährlich. Das macht bei rund 80 Millionen Bundesbürgern im Schnitt etwa 66 Plastiktüten im Jahr. In der Regel landen sie einfach in der Müllverbrennungs-
anlage (so wie meine Plastiktüten, die erleben schließlich bei mir zu Hause ihre zweite Existenz als Müllbeutel).
Oder noch schlimmer: Die Tüten werden einfach achtlos weggeworfen, verstopfen Gullis und landen am Ende als schwimmender Müllteppich in den Ozeanen, wo sie Lebewesen und Ökosystemen schaden.
Und meine Bioladen-Plastiktüte? Die Bundesregierung förderte bislang solche Biotüten: Sie sind etwa vom Grüner-Punkt-System und den Lizenzgebühren an das Duale System Deutschland ausgenommen, um die Markteinführung zu fördern. Noch bis zum Jahresende gelten diese Ausnahmen.
Dabei entpuppt sich die Biotüte als alles andere als umweltfreundlich. Weder wird sie im großen Stil kompostiert noch hat sie einen Umweltnutzen. Das zeigt eine aktuelle Studie des Heidelberger ifeu-Instituts für das Umweltbundesamt. Das Ergebnis: Bio-Tüten sind nicht besser, sondern leider nur genauso schlecht wie herkömmliche Plastiktüten aus erdölbasierten Rohstoffen. Die Umweltexperten schauten sich nicht nur den Rohstoff an, sondern machen eine umfassende Ökobilanz. Sie schreiben:
Durch den Anbau und die Verarbeitung von Pflanzen für diese Verpackungen versauern Böden und eutrophieren Gewässer stärker als durch die Herstellung herkömmlicher Kunststoffverpackungen. Zudem entstehen höhere Feinstaubemissionen. Auch die vermehrt angebotenen Bioplastiktüten haben damit keinen Umweltvorteil.
Das ifeu kommt zu einem eindeutigen Schluss. Die Ausnahmeregelungen für die Biotüte in der Verpackungsverordnung müssten sofort beendet werden. Eine vernünftige Forderung, wenn man eine Bilanz des gesamten Lebenszyklus der Tüte macht. Der Präsident des Umweltbundesamts, Jochen Flasbarth, sagt:
Verpackungen auf der Basis von so genannten Biokunststoffen haben unter dem Strich keine Umweltvorteile. Die Klimabilanz von Biokunststoffen ist zwar günstiger, dafür gibt es Nachteile bei anderen Umweltbelastungen. Die Ergebnisse sprechen dafür, die Sonderregelung für solche Verpackungen, wie etwa die Befreiung von der Rücknahmepflicht des Handels, nicht zu verlängern.
Übrigens: Mein Bioladen gehört mit seinem Biotüten-Angebot offenbar zu einer seltenen Spezies. In der Masse konnte sich die vermeintlich grüne Tüte nicht durchsetzen. Im Jahr 2009 kamen Biokunststoffverpackungen in Deutschland gerade einmal auf einen Marktanteil von 0,5 Prozent.