Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Deutschlands Biobauern fehlt es an Ackern

 

Das Europäische Statistikamt Eurostat hat kürzlich spannende Zahlen über die Agrarwirtschaft in der EU veröffentlicht. Wer sich durch den Zahlenwust wühlt, entdeckt interessante Entwicklungen in der Bio-Landwirtschaft in Europa. Nur etwa 1,3 Prozent der europäischen Betriebe wirtschafteten im Jahr 2010 nach Bio-Kriterien: Sie halten also ihre Tiere auf größeren Flächen und setzen weniger Dünger ein als ihre konventionell arbeitenden Kollegen – und wenn, dann biologischen Dünger. Die Fläche, die sie bewirtschaften, entsprach im Jahr 2010 gerade einmal 2,9 Prozent der Agrarfläche in der EU.

Und genau da ist der Knackpunkt. Glaubt man Alexander Gerber, dem Geschäftsführer des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft, dann kommt in Deutschland die Bio-Anbaufläche nicht mehr der Nachfrage der Konsumenten hinterher. Die Nachfrage nach Bioprodukten wachse jährlich um etwa acht Prozent (genau Zahlen veröffentlicht der BÖL im Februar). Die Zunahme an Bioflächen aber falle weitaus geringer aus. „Das Marktwachstum steht nicht mehr im Verhältnis zum Flächenwachstum“, sagt Gerber. Die ökologisch wirtschaftenden Betriebe hätten große Probleme, an neue Flächen zu kommen. „Die Situation hat sich deutlich verschärft.“

Gerber nennt dafür zwei Gründe: Wer als konventioneller Bauer überlege, sein Land auf Bioanbau umzustellen, der schaue natürlich aufs Geld: Womit lässt sich mehr verdienen, mit Bioproduktion oder Standardanbau? Doch gerade in der jüngsten Vergangenheit sind die Agrarpreise in die Höhe geschossen. Der Preisabstand bio versus konventionell ist inzwischen zu klein, als dass sich eine Umstellung lohnen würde.

Zudem sind die Flächen generell knapp. Wer die Wahl hat, baut Mais an – trotz umfassender Kritik (Stichwort: Teller-Tank-Diskussion) ist es für Landwirte immer noch am lukrativsten, Mais für Biogasanlagen anzupflanzen, um Ökostrom zu produzieren. Der Run auf landwirtschaftliche Flächen lässt die Preise in die Höhe steigen (darunter leiden natürlich auch die konventionellen Betriebe). Bis zu 1.000 Euro werden inzwischen an Jahrespacht für einen Hektar verlangt. Das kann sich nicht jeder Biobauer leisten.

Ein Blick zu unseren Nachbarn Österreich und Tschechien zeigt, dass es auch anders geht (nun gut, die Länder spielen in einer anderen Größenliga, aber mir geht es hier um die politischen Rahmenbedingungen). Österreich führt in der EU den Biomarkt an: Kein EU-Land wirtschaftet auf seinen Flächen ökologischer (13 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe waren im Jahr 2010 bio-zertifiziert, 12 Prozent der Fläche wurde auch danach bewirtschaftet). Platz Zwei belegt, hoppla: Tschechien. (Bioanteil Betriebe: 7 Prozent, Flächenanteil: 9 Prozent).

Einmal davon abgesehen, dass Österreich die kleinteilige Biolandwirtschaft viel aktiver fördert als Deutschland, hat auch die Nachfrage der Konsumenten zu der Entwicklung beigetragen. Gerade österreichische Supermarktketten bauten dort auf ein umfassendes Bio-Angebot. Tschechien setzte nach dem Fall der Mauer überraschend schnell ebenfalls auf Bio-Anbau. Kein anderes Land war schneller bei der Gründung eines Bioverbands. Der baute die nötigen Strukturen auf, organisierte die Biobewegung und bot Beratung an – eine Entwicklung, die sich heute auszahlt.