Rund um die Energiewende ist es gerade auffällig still. Das heißt aber nicht, dass nichts passiert: Im Bundeswirtschaftsministerium wird über eine Klimaabgabe für besonders dreckige Braunkohlekraftwerke philosophiert. Zudem erwägt die Bundesregierung, die milliardenschweren Rückstellungen der Atomkraftwerksbetreiber in einen Fonds zu übertragen, damit sie geschützt sind, falls die Stromkonzerne pleitegehen. Energiekonzerne wie E.on spalten sich auf und sind sind verzweifelt auf der Suche nach neuen Geschäftsmodellen in der neuen Energiewelt.
Und bei den Erneuerbaren? Aktuell lohnt ein Blick raus auf Nord- und Ostsee. Denn in den vergangenen Monaten sind dort zahlreiche Offshore-Windparks ans Netz gegangen. Nach jüngsten Zahlen der Stiftung Offshore Windenergie sind inzwischen elf Windparks vollständig oder zum Teil mit einer Kapazität von rund 2.700 Megawatt am Netz. Das entspricht etwa mehr als zwei großen Atomkraftwerken – die allerdings auch im Gegensatz zu Windenergie grundlastfähig sind.
Im vergangenen Jahr hat sich die Zubaurate bereits verdoppelt. Wenn Wetter und Technik mitspielen, dann sollen in diesem Jahr noch zwei weitere Parks fertiggestellt werden. Dann könnten sogar mehr als 3.000 Megawatt am Netz sein, was wiederum theoretisch der Kapazität von drei Atomkraftwerken entspricht. Ein Offshore-Windpark, das Projekt Dan Tysk bei Sylt, wird Ende des Monats offiziell von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eröffnet.
Fast kurios sind dessen Eigentumsverhältnisse: Hinter Dan Tysk stecken die Energieversorger Vattenfall und die Stadtwerke München. Der schwedische Konzern fährt gerade eine radikale Ausstiegsstrategie: Er hat angekündigt, sich von seinem Braunkohlegeschäft in Ostdeutschland zu trennen (fragt sich nur, wer das zurzeit zu einem vernünftigen Preis kaufen will). Die Stadtwerke München halten dagegen noch eine 25-Prozent-Beteiligung am Atomkraftwerk Isar 2. Sie haben sich jedoch vorgenommen, bis zum Jahr 2025 so viel Ökostrom in eigenen Anlagen zu produzieren, dass sie die Stadt München komplett mit erneuerbaren Energien versorgen können.
Keine Frage: Offshore-Windenergie ist weiterhin eine der teuersten Öko-Energien, der Bau eines Windparks kostet locker mehr als eine Milliarde Euro. Die Investitionskosten für alle Projekte liegen laut EU-Kommission bei rund 30 Milliarden Euro. Aber seitdem im vergangenen Jahr das Erneuerbare-Energien-Gesetz novelliert wurde und die Offshore-Windenergie noch einmal eine Verlängerung der lukrativen Vergütung von 19 Cent je Kilowattstunde bis 2019 erhielt, nehmen einige Projekte doch noch an Fahrt auf. Zumal die Europäische Kommission am Donnerstag bekanntgegeben hat, dass die Förderung von 20 Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee rechtens ist. Fragt sich nur, ob die Branche so das Ziel erreicht, bis 2020 die Kapazitäten auf 6.500 Megawatt zu verdoppeln. Dem hat sich Schwarz-Rot im Koalitionsvertrag vor zwei Jahren verpflichtet.
Wenn man sich die bisherigen Planungen anschaut, dann sind nur Projekte über 4.600 Megawatt genehmigt, für die es auch eine Investitionsentscheidung gibt. Die Bundesregierung muss sich fragen, ob sie mit ihrer bisherigen, lustlosen Energiewendepolitik tatsächlich die Begeisterung von Investoren weiter entfachen kann – um ihre eigenen Ziele auch zu erreichen.