Es ist eine ganz schön pikante Geschichte: Der Chef der brasilianischen Atomaufsicht musste dieser Tage zurücktreten, meldet die atomkritische Organisation urgewald. Brasilien lässt, wie ja auch Deutschland, wegen des Atomunglücks in Fukushima sein (einziges) AKW Angra auf Sicherheitsstandards überprüfen. Es steht in der Nähe von Rio de Janeiro und besteht aus zwei Reaktoren.
Dabei stellte sich heraus, dass das AKW Angra 2 seit mehr als zehn Jahren ohne eine dauerhafte Betriebsgenehmigung am Netz ist. Zwar bekommt es Genehmigungen ausgestellt, aber diese gelten nur für jeweils ein Jahr – weil der Katastrophenschutz am AKW unzureichend sei, wie urgewald vermutet. So liege das AKW in einem Erdrutschgebiet, Zufahrtsstraßen seien öfter schon unpassierbar gewesen.
Brisant ist: Auch Deutschland hängt in der Geschichte drin. Denn für den Neubau eines weiteren AKWs an gleichen Standort, für Angra 3, hat die schwarz-gelbe Bundesregierung vergangenes Jahr eine Hermes-Bürgschaft in Höhe von 1,3 Milliarden Euro gewährt. Zahlreiche Organisationen hatten gegen die Exportkreditbürgschaft für Areva/Siemens protestiert. Zumal die brasilianische Atomaufsicht alles andere als unabhängig sei, da sie sowohl für die Förderung als auch für die Kontrolle der Atomenergie zuständig sei.
Atomkraftkritiker wie Barbara Happe von urgewald fordern daher jetzt eine Rücknahme der Bürgschaft – unter anderem auch auf der Aktionsplattform campact:
„Wenn in Deutschland Atomkraftwerke wegen des Unglücks in Fukushima überprüft werden, dann muss das auch für das deutsche Außenengagement gelten. Die Bundesregierung muss die Bürgschaft für Angra 3 zurückziehen.“
Die Forderung könnte erfolgreich sein. Bürgschaften für Kernkraftwerke wolle die Bundesregierung zukünftig sorgfältiger prüfen, zitierte vergangene Woche der Spiegel ein Schreiben aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Das ist zwar noch kein Entzug der Bürgschaft, aber ein Anfang.