Das klingt ja dramatisch, was Spiegel Online heute Vormittag als Aufmacher vermeldet. „Kältewelle: Strom in Deutschland wird knapp.“ Die Netzbetreiber würden Reservekapazitäten im Ausland anknapsen, so schlimm sei schon die Situation.
Die Netzengpässe gibt es sicherlich, keine Frage. Aber der Zusammenhang „Kältewelle – Strommangel“ stimmt einfach so nicht – zumindest hat diese Meldung einen falschen Tenor und bringt die Energiewende in Verruf.
In Deutschland spielt Strom beim Heizen kaum eine Rolle (siehe Grafik), gerade einmal sechs Prozent aller Wohnungseinheiten werden mit Strom geheizt. Nachtspeicheröfen sind inzwischen ja sogar ein Auslaufmodell. Ich habe flott beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft nachgehakt und auch dort bestätigt man: In Kälteperioden steigt die Stromnachfrage nicht besonders stark.
Anders natürlich die Situation in Frankreich. Frankreich ist ein Land der Stromheizungen, die AKW liefern schließlich dort wunderbar billigen Grundlaststrom, der dann in den Nachtspeicheröfen geparkt wird – so wie früher in Deutschland. Und jetzt kauft eben Frankreich bei uns Strom ein. Es ist ein europäischer Markt, wie es heute auch in der Financial Times Deutschland heißt:
„Auch die Stromexporte nach Frankreich sind eine Folge des kalten Winters. In Frankreich heizen große Teile der Bevölkerung mit Strom. Am Dienstag benötigten die Franzosen 100,5 Gigawatt Stromleistung. Das ist so viel wie nie zuvor und mehr als das Atomland selbst bereitstellen kann. Der Preis für kurzfristige Lieferungen schoss in Frankreich auf rund 360 Euro pro Megawattstunde hoch. Das Normalniveau liegt bei 50 Euro. Auch in Deutschland stieg der Börsenpreis, allerdings nur auf rund 76 Euro.“
Ein Knackpunkt ist natürlich die Gasnachfrage: Erdgas kommt im deutschen Wärmemarkt aktuell auf einen Anteil von 49 Prozent. Und klar gibt es regionale Engpässe, wenn – wie gestern – die EnBW einen Block vom Gaskraftwerk Karlsruhe wegen Lieferengpässen vom Netz nehmen muss. Aber auch hier betonen die Versorger: alles im Griff. Wie heißt es gestern bei dpa:
„Die Strom- und Gasversorgung in Deutschland ist trotz der anhaltenden Kältewelle gesichert. Stromnetzbetreiber, Gasversorger und die Bundesnetzagentur geben Entwarnung.“
Aber das klingt natürlich nicht so knackig wie: „Kältewelle – Strom in Deutschland wird knapp.“