Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Platz an der Sonne

 

Wenn Ana Mascarenhas nicht „so viel Lust, Euch zu kopieren“ gehabt hätte, würde die Solarenergie in Brasilien wohl noch lange kaum eine Rolle spielen. Aber vor drei Jahren war die Leiterin der Energieeffizienzabteilung des Energieversorgers Neoenergia, das in drei Bundesstaaten die Stromversorgung verantwortet, in Deutschland und der Schweiz und hat sich Soloarstadien angeschaut. Am Ende des Besuchs kündigte sie an: „Wir bauen das erste Solarstadion in Lateinamerika.“ Drei weitere Energiemanager nahmen die Herausforderung an, und auch sie werden Solarstadien bauen. „Aber wir haben gewonnen“, sagt Ana Mascarenhas und grinst. Sie sitzt im Stadion der Erstligamannschaft Bahia in Salvador.D ie 400-Kilowatt-Solaranlage des Pitacu-Stadions ist vor einem knappen Monat eingeweiht worden – und hat in Brasilien riesiges Interesse ausgelöst.

In Brasilien gibt es keine Einspeisevergütung für Solarstrom. Und lange fanden die Energieexperten auch, dass Solarenergie für Brasilien trotz der hohen Sonneneinstrahlung zu teuer sei. Doch Ana Mascarenhas hält so was nicht auf. Riardo da Silva David, Chef des deutsch-brasilianischen Joint Ventures Gehrlicher Ecoluz Solar, sagt: „Sie hat es immer sehr eilig.“ Und im übrigen „tanzen immer alle nach ihrer Pfeife“. Da grinst Ana Mascarenhas wieder und freut sich sichtlich. Sie hat sich für die Umsetzung von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) beraten lassen. Und das erste Solarstadion hat nun zweierlei bewirkt: Erstens hat die brasilianische Bundesnetzagentur Aneel

Das Solarstadion Pitacu in Salvador im Bundestaat Bahia.

die Regulierung verändert, um Solarstrom einen Einstieg in den Markt zu ermöglichen. Und zweitens hat Aneel 19 Solarprojekte mit einem Investitionsvolumen von 170 Millionen Euro aus der Energieeffizienzabgabe genehmigt, die alle Stromversorger in Brasilien in einer Höhe von 0,5 Prozent ihres Umsatzes aufbringen müssen. Ein weiteres halbes Prozent müssen sie in Energieforschung investieren.

Die neue Regulierung erlaubt eine Verrechnung der Stromerzeugung in Photovoltaikanlagen bis zu einer Leistung von einem Megawatt mit dem Stromverbrauch. Der Zähler läuft sozusagen rückwärts und gibt dem Solarstrom damit den Wert, den Haushaltskunden für ihren Strom bezahlen müssen. So erreicht Solarstrom gleich von Anfang an Netzparität. Im Falle des Stadions von Pitacu hätte das nicht funktioniert, weil dort gar nicht so viel Strom verbraucht wird, wie erzeugt wird. Doch Aneel hatte verlangt, dass bei einer Finanzierung aus den Effizienzmitteln auch der Bundesstaat Bahia ein Drittel der Investitionskosten tragen müsse. Um diese Investition zurückzuzahlen, wird der Stromverbrauch der umliegenden öffentlichen Gebäude wie das Stadion selbst mit der Stadionproduktion verrechnet. Auf diese Weise erhält der Bundesstaat Bahia innerhalb von zwölf Jahren seinen Investitionsanteil in Form von Strom zurück.

Klaus Gehrlicher, der mit Ricardo da Silva David gemeinsam eine neue Solarfirma zur Umsetzung von Photovoltaikanlagen gegründet hat, sieht im brasilianischen Markt ein großes Potenzial. Auch wenn es einstweilen noch Hürden gäbe, die den Solarstrom teurer machten als nötig. Beispielsweise hohe Importzölle auf Anlagenkomponenten einschließlich der Module und, sobald öffentliches Geld fließt, auch die Regel, dass ein Mindestanteil des Produkts in Brasilien erzeugt worden sein muss. Gehrlicher hofft, dass in Zukunft auch die Planungsleistungen und Wartungsleistungen, die vor Ort erbracht werden, als brasilianische Leistung gelten. Dann sieht er in Brasilien auch in Sachen Solarstrom ein „Land der Zukunft“.