Wenn es um die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke geht, erwähnt die Bundesregierung fast schon reflexartig, dass sie die Zusatzgewinne der Energieversorger aus dem Stromverkauf abschöpfen will.
Eine interessante Zahl wurde heute bei einem Termin des Umweltbundesamts in Berlin bekannt. Dem Europäischen Emissionshandel ETS gehen bei einer pauschalen Laufzeitverlängerung der Meiler um acht Jahre rund sechs Milliarden Euro verloren. (Prinzip Emissionshandel: In der EU gibt es eine Mengenbegrenzung für CO2. Unternehmen müssen sich seit etwa vier Jahren Rechte kaufen, um CO2 ausstoßen zu dürfen. Mit diesen Rechten können sie an der Börse handeln.)
Der Einnahmeverlust entsteht dadurch, dass CO2-freier Atomstrom produziert wird – der nun nicht mehr in klimaschädlichen Kohlemeilern entsteht. Die Energieversorger benötigen nun also weniger Co2-Rechte als ursprünglich geplant. Würde man nicht eingreifen, dann wären einfach zu viele CO2-Rechte im Markt. Der Preis für diese würde in den Keller rauschen, alle Klimaschutzanstrengungen wären umsonst.
Das Umweltbundesamt (UBA) hat nun ein theoretisches Konzept durchgespielt: Ab dem Jahr 2013 müssen die Stromkonzerne ja komplett die CO2-Rechte ersteigern. Diese Auktionierung führt die Bundesregierung durch. Diese könnte nun einfach weniger Rechte ausgeben, um damit dem Preisverfall zuvorzukommen. Und in genau diesem Fall würde sie auf Einnahmen in Höhe von rund sechs Milliarden Euro verzichten.
Für ihre Berechnung haben die UBA-Experten einen CO2-Preis von 15 Euro je Tonne unterstellt. Nun gut, derweil notiert die Tonne Kohlenstoff bei etwas mehr als 12 Euro… Aber das Ergebnis bleibt: Mehrere Milliarden Euro gehen dem internationalen Klimaschutz flöten, denn die Einnahmen aus dem ETS sollen ja in Klimaschutzprojekte investiert werden. Und dabei hat die EU auf dem Weltklimagipfel den Entwicklungsländern umfangreiche Finanzzusagen für den Klimaschutz gemacht.
Jochen Flasbarth, der neue Chef des atomkritischen Umweltbundesamts, plädiert für eine Anpassung der EU-weiten Zertifikateobergrenze. Um einen Preiseinbruch für CO2 zu vermeiden, solle die Gesamtmenge reduziert werden. Kein einfaches Unterfangen. Zwar bereiten die Experten in Brüssel gerade die dritte Handelsperiode ab 2013 mit Zertifikaten vor. Aber dass sie sich dabei nun auch noch mit dem deutschen Sonderfall „Laufzeitverlängerung“ beschäftigen müssen, hätten sie wohl kaum gedacht.