Man könnte es eine Fortbildungsreise nennen. Am Donnerstag wollen Peter Altmaier (CDU) und Hannelore Kraft (SPD), die für eine mögliche Große Koalition gerade die Energiethemen verhandeln, gemeinsam nach Brüssel reisen. Über den Besuch aus Berlin darf sich EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia freuen. Der kleine Spanier spielt inzwischen eine Schlüsselrolle, wenn es um die Förderung und Nicht-Förderung erneuerbarer Energien geht. Also um das, was Kraft und Altmaier zurzeit verhandeln.
Das deutsche Duo will bei der EU-Kommission – salopp gesagt – die Lage abchecken. Deutschland muss sein Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) reformieren, denn die Kosten drohen langsam aus dem Ruder zu laufen. Da ergibt es Sinn, einmal in Brüssel nachzufragen, was denn an möglichen neuen Regelungen auf die nächste Bundesregierung zukommt. Und wie man eine Reform des EEG möglichst wasserdicht hinbekommt.
Und sicherlich ist es auch nicht schlecht, sich einmal als Bundesregierung auf den Weg nach Brüssel zu machen, wenn von dort Ungemach droht. Almunia sieht nämlich gleich zwei Regelungen kritisch. Auf der einen Seite erhalten stromintensive Unternehmen lukrative Ausnahmen bei der Ökostromumlage. Almunia hält diese sogenannte besondere Ausgleichsregelung für eine wettbewerbsverzerrende Beihilfe und würde sie wohl am liebsten kassieren. Ähnlich hat bereits das Oberlandesgericht Düsseldorf bei Ausnahmen bei den Netzentgelten entschieden. Was Almunia am liebsten hätte, das scheinen sich Altmaier und Kraft zu fragen.
Dazu kommt noch ein Wortungetüm namens Umweltbeihilferichtlinie. Seit Wochen schon kursieren Gerüchte, dass Almunia am liebsten regeln will, unter welchen Bedingungen Regierungen welche Stromerzeugung subventionieren dürfen. Eine mögliche Regelung könnte sogar die Gleichbehandlung von Atomstrom und Ökostrom bedeuten – schließlich sorgen beide für Co2-freien Strom. Offenbar ist das Okay für Atomstromsubventionen aber schon wieder kassiert. Wie allerdings Almunia das deutsche EEG bewertet, ist noch offen. Sicherlich werden Kraft und Altmaier sich für die Schubladen interessieren, in denen Almunia seine Pläne aufbewahrt.
Wie stark die EU-Politik die Berliner Koalitionsgespräche beeinflusst, zeigt sich auch am Emissionshandel. Am Montagabend hatten Altmaier und Kraft bekannt gegeben, dass sie sich auf eine Reform des EU-Emissionshandels geeinigt hätten. Bislang blockierte unter anderem Deutschland die Pläne, rund 900 Millionen überflüssige CO2-Zertifikate vom Markt zu nehmen, um so den Preis zu stabilisieren. Deutschland hatte sich in Brüssel immer in Abstimmungen enthalten, weil das FDP-geführte Wirtschaftsministerium nicht mitmachen wollte. Jetzt hat Hannelore Kraft den Weg zur Reform des CO2-Handels freigemacht. Schon an diesem Freitag, wenn die Beratungen über die Reform des Emissionshandels in Brüssel in die nächste Runde gehen, könnte Deutschland mit seiner neuen Position auftreten. So flott kanns gehen; selbst, wenn die neue Bundesregierung noch gar nicht im Amt ist. Man muss nur wollen.