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Ausgerechnet Solarstrom dämpft Stromengpass

Ist das nicht verrückt? Ausgerechnet der oft geschmähte Solarstrom sorgt dieser Tage dafür, dass es in Deutschland nicht zu Stromausfällen kommt. In fast allen Artikeln, die heute über die 13 von ingesamt 17 abgeschalteten Kernkraftwerke berichten, wird Solarstrom aus netzstabilisierend genannt:

„Je nach Wetterlage konnten zuletzt gerade um die Mittagszeit, wo besonders viel Strom verbraucht wird, bis zu 13,5 Gigawatt (GW) Leistung aus Solaranlagen in das Netz eingespeist werden. Das ergibt sich aus Zahlen der Strombörse in Leipzig,“ schreibt dpa.

Auch die Stromnetzbetreiber verweisen auf Solarstrom in ihrer aktuellen Stellungnahme:

„Importe, verfügbare Erzeugung in Deutschland sowie der Beitrag der Photovoltaik können die fehlende Erzeugungsleistung im Sommer kompensieren.“

Solarstrom ist in Deutschland vor allem wegen hohen Vergütungssätze je produzierter Kilowattstunde umstritten. Wer sich dieser Tage eine kleine Solaranlage auf dem Dach installiert, erhält etwa 28 Cent/Kilowattstunde – und das garantiert für 20 Jahre. Zum Vergleich: an der Börse wird die Kilowattstunde für etwa fünf bis sechs Cent gehandelt. Kritiker fordern sogar eine Deckelung der Vergütung aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, bislang konnte die Branche diese allerdings abwehren.

Ob Solarstrom zusammen mit Stromimporten die Stromlücke auch im Winter füllen kann, wird sich zeigen müssen. Solarstrom ist eben eine Sommer-Energie. Im Winter produzieren Solaranlagen in unseren Breiten zwar auch Strom – die Ausbeute ist aber wegen Schneedecken und grauem Himmel weitaus schlechter als im Sommer.


 

USA: Big Oil bleibt erneut verschont

Das US-Haushaltsdefizit ist ja auf ein Rekordhoch von unglaublichen 1,5 Billionen Dollar geklettert. Doch diese Woche haben die Republikaner dafür gesorgt, dass die fünf großen US-Ölkonzerne weiterhin Steuererleichterungen in Milliardenhöhe genießen dürfen. Anfang der Woche scheiterten die Demokraten im Senat mit ihrem Gesetzesvorschlag, der Ölindustrie finanzielle Vorteile in Höhe von insgesamt geschäzten 21 Milliarden US-Dollar zu streichen. Dabei haben ExxonMobil, BP, Shell, ConocoPhillips und Chevron allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres nach Schätzungen des Center for American Progress Gewinne in Höhe von 32 Milliarden Dollar eingefahren.

Die Republikaner haben sich, mal wieder, vor Big Oil gestellt. Und eine perfekte Chance verpasst, Haushaltslöcher zu stopfen, sich zugleich unabhängiger von großen Erdölkonzernen zu machen und ein politisches Signal für eine Energiewende zu senden. „Schade“ ist ein viel zu schwaches Wort in diesem Zusammenhang!

 

Die Energiewende und ihre Kosten

Dieser Tage kursieren ja die verschiedensten Zahlen über die Kosten der Energiewende, also dem Ausstieg aus der Atomkraft und dem Einstieg in die Erneuerbaren. Das Bundeswirtschaftsministerium spricht von drei Milliarden Euro insgesamt, die Deutsche Energieagentur (dena) heute von einer Strompreissteigerung für Privathaushalte von etwa 20 Prozent, machmal ist auch von 70 Prozent die Rede. Drei Gedanken noch dazu:

– Was oft in Vergessenheit gerät: Wer auf Erneuerbare setzt, der spart sich den Import von Öl, Gas und Uran, um damit Energie zu erzeugen. Im vergangenen Jahr waren das insgesamt etwa 7,4 Milliarden Euro, schätzt der Bundesverband Erneuerbare Energien (pdf BEE-Jahreszahlen_2010).  (Ehrlicherweise muss man allerdings die Investitionen in erneuerbare Energien wiederum von den eingesparten Brennstoffimporten abziehen.)

– Dazu kommen noch die vermiedenen Umweltkosten – okay, ein ganz schön schwammiger Begriff. Aber klar ist, dass fossile Energieträger natürlich auch Schäden verursachen (Klimawandel, Waldsterben, Gesundheitsschäden). Eine grobe Schätzung des BEE geht von zusätzlich vermiedenen Kosten in Höhe von 8,3 Milliarden Euro in 2010 aus. Passend dazu auch die aktuelle Studie von Greenpeace Energy, welche die wahren Kosten von Atom- und Kohlestrom zu beziffern versucht und insbesondere auf die staatliche Förderung eingeht:

„So profitierte die Atomstromproduktion zwischen 1970 und 2010 von staatlichen Förderungen in Höhe von 186 Milliarden Euro. Der Steinkohle-Verstromung kamen 165 Milliarden Euro zugute, bei Braunkohle waren es 57 Milliarden Euro. Die erneuerbaren Energien erhielten im selben Zeitraum 28 Milliarden Euro, die Zusatzkosten des EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) mit eingeschlossen.“

– Zwar fürchten die Energieversorger um die Gewinne aus den abgeschriebenen Meilern. Aber ob der Atomaustieg tatsächlich ein Minusgeschäft für sie wird? Die Financial Times Deutschland zitierte jüngst die Investmentbank Macquarie:

„Das höhere (Strom, die Red.)-Preisniveau verbessere die Marge der zunächst verbleibenden Kernreaktoren und des übrigen Kraftwerksparks von Eon und RWE so stark, dass eine vorzeitige schrittweise Schließung der Meiler bis etwa 2025 neutralisiert werde. „Letztlich sind die Auswirkungen auf die Gewinnschätzung und den fairen Aktienwert minimal“, so Matthias Heck von der Investmentbank Macquarie.“

 

Schiefergas – sogar klimaschädlicher als Kohle?

In den Blogs, u.a. bei Science Daily, sorgt eine Studie der amerikanischen Cornell Universität für Beachtung: Danach ist unkonventionell gefördertes Erdgas (Schiefergas) weitaus klimaschädlicher als bislang gedacht. Der Grund: Bei der Förderung wird auch vor allem das Klimagas Methan freigesetzt, dessen Treibhauspotenzial bis zu 25 Mal größer ist als das von Kohlendioxid.

Betrachte man einen Zeitraum von 20 Jahren, könnte der ökologische Fußabdruck von Schiefergas mindestens 20 Prozent höher sein als der von Kohle, so die Autoren.

„Considering the 20-year horizon, the GHG footprint for shale gas is at least 20% greater than and perhaps more than twice as great as that for coal when expressed per quantity of energy available during combustion“.

Warum das interessant ist? Zurzeit gibt es ja fast so etwas wie einen „Erdgas-Hype“, wie auch vor kurzem die ZEIT berichtete. Gerade flexible Gaskraftwerke sollen ja nun die neue Brücke in das Zeitalter der erneuerbaren Energien sein. Der britische Guardian berichtete jüngst über eine Studie großer Gaskonzerne, die sich für eine verstärkte Förderung von Schiefergas aussprach – zu Lasten der erneuerbaren Energien (Schiefergas wird übrigens mit der umstrittenen Fracking-Methode gefördert, die vor allem Umweltschützer wegen des Einsatzes von Chemikalien kritisieren). Auch die USA setzen massiv auf Schiefergas, im Jahr 2035 soll der Anteil  laut Energy Information Administration bei 46 Prozent der US-Gasproduktion liegen. Wenn also nun alle Welt vom sauberen Erdgas schwärmen, dann lohnt es sich, vorher eine umfassende Klimabilanz zu machen.

Nach Ansicht von Greenpeace ist übrigens der Einsatz von Schiefergas überhaupt nicht nötig. Würden Häuser besser gedämmt und Heizungen erneuert, dann bräuchte man gar nicht auf das umstrittene Schiefergas zurückzugreifen.