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Die Alternative zum Fischmehl-Wahn

Die Ökobilanzen von Aquakulturen sind tricky. Auf der einen Seite entlasten sie die natürlichen Fischbestände: Aufzucht statt Überfischung. Auf der anderen Seite werden wertvolle Mangrovenwälder gerodet und Antibiotika eingesetzt, wenn es sich nicht um Aquakulturen mit Ökolabel handelt. Und natürlich müssen die Fische gefüttert werden. Das passiert in der Regel mit Fischmehl – und zwar in gigantischen Mengen. Allein 20 Millionen Tonnen kleine Fische werden jährlich nur gefangen, um sie zu Fischmehl  zu verarbeiten. Das entspricht rund einem Viertel der weltweiten Fangmenge von Fischen und Meerestieren.

Das Fischmehl kommt etwa in der Lachszucht zum Einsatz. Ein Lachs von einem Kilo Lebendgewicht hat etwa ein Kilogramm Futter gefressen, davon etwa ein Drittel Fischmehl. Und um diese Menge Fischmehl herzustellen, braucht es etwa 1,2 – 1,5 Kilogramm Fisch.

Weil die Nachfrage nach Fisch aus Aquakulturen jährlich um etwa neun Prozent steigt, ist entsprechend Fischfutter auch begehrt. Für Länder wie Chile und Peru, in deren Gewässern jede Menge kleine Fische leben, die sich gut dafür eignen, ist es eine wichtige Einkommensquelle.

Und hier genau kommt Andreas Stamer aus der Schweiz ins Spiel. Der Mann arbeitet am Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FibL) im schweizerischen Frick. Weitab vom Meer hat Starmer vielleicht eine Alternative zum Fischmehl entdeckt: die Soldatenfliege, Hermetia illucens. Sie lebt in den Tropen, aber auch im Schwarzwald. „Ihr letztes Larvenstadium scheint von der Zusammensetzung her ideal geeignet für die Fischfütterung“, sagt Stamer. Das mit ihrer Hilfe produzierte Fischfutter hat also einen ähnlichen Proteingehalt. Die Fische wuchsen mit ihm genauso gut wie mit konventionellem Fischfutter. Und der Clou: Die Soldatenfliege liebt Lebensmittelabfälle aus der Biotonne und Kompost, sorgt also hier auch noch für weniger Abfall.

Stamer und sein Forschungsteam planen zurzeit im süddeutschen Raum eine Pilotanlage. Dort werden die kleinen Fliegenlarven gezüchtet, getötet, getrocknet und dann zu Insektenmehl verarbeitet, das auf einen Proteingehalt von 58 Prozent kommt. Auf EU-Ebene läuft ein Zulassungsantrag, Insektenmehl auch als Tierfutter einsetzen zu dürfen.

Stamer ist fest überzeugt, dass sich die Anlage rechnen wird, wenn sie einmal im großen Stil produziert. Lagen die Preise für Fischmehl vor etwa fünf Jahren noch bei etwa 500 Euro die Tonne, zahlen Fischzüchter inzwischen weit über das Doppelte. „Auf längere Sicht ist das Insektenmehl günstiger als Fischmehl“, sagt er.

Anmerkung 13.11.2013: Der Wissenschaftler heißt Andreas Stamer und nicht, wie ursprünglich geschrieben, Alexander Starmer. Ich habe einige Ergänzungen gemacht. Danke für die Hinweise, Herr Stamer.

 

Millionen gegen das Gentech-Label

Wer sich durch die Tabellen der Public Disclosure Commission in Washington klickt, einer Transparenzplattform für Lobbygeld, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Welche Millionensummen für Lobbying ausgegeben werden! Bestes Beispiel ist die jüngste Volksabstimmung im Bundesstaat Washington. Die Einwohner sollen über die erste verpflichtende Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln in den USA entscheiden. Das fordert das Volksbegehren, die sogenannte Initiative 522. Bis zum 5. November läuft die Abstimmung.

Ein solches Genfood-Label wollen große Lebensmittel- und Agrarkonzerne verhindern. Laut PDG haben die Gegner inzwischen mehr als 21 Millionen Dollar investiert. Am stärksten engagiert sich der amerikanische Verband der Lebensmittelhersteller, die Grocery Manucaturers Association (GMA). Dem Spitzenverband der Lebensmittelindustrie gehören Firmen wie Coca-Cola, Nestle und Syngenta an. Die GMA investiert insgesamt fünf Millionen US-Dollar in TV-Spots, Anzeigen und Netzkampagnen, um die geplante Kennzeichnung zu verhindern. Ihre Befürchtung: Die Kennzeichnungspflicht stigmatisiert Genfood. Dabei würde Genfood zur Linderung der weltweiten Lebensmittelknappheit beitragen und dafür sorgen, dass die Lebensmittelpreise stabil bleiben.

Ähnlich argumentieren, kaum überraschend, auch die großen Konzerne in der Branche, die ebenfalls zu den Großspendern gehören: Der weltweit größte Agrartechnik-Konzern Monsanto hat bereits 4,5 Millionen Dollar gespendet. Der deutsche Bayer-Konzern ist mit seiner Sparte Cropscience mit knapp 600.000 Dollar dabei.

Natürlich sammeln auch die Unterstützer der Transparenz-Initiative Millionen ein, allerdings in sehr viel kleinerem Ausmaß, nämlich gerade einmal knapp sechs Millionen US-Dollar. Firmen wie die Biomarkt-Kette Wholefoods und der Bio-Seifenspezialist Dr. Bronners (nein, den kannte ich auch noch nicht) fordern die Kennzeichnung, um für mehr Transparenz zu sorgen.

Setzen sich die Befürworter des Labelings durch, wäre es die erste Genfood-Kennzeichnung in den USA. Die USA würden dann mit dem europäischen Standards gleichziehen – und auch mit dem entscheidenden Manko, dass etwa Milch, Fleisch und Käse nicht gekennzeichnet werden, wenn das Tierfutter gentechnisch verändert ist (und weil die Tiere größtenteils gentechnisch verändertes Soja essen, würden auf zahlreichen Produkte dann zukünftig ein „Enthält Gentechnik“-Stempel prangen).

Wie die Entscheidung Anfang November in Washington ausgeht, ist noch völlig offen. In Kalifornien, wo die Amis für gentechnikfreie und ökologisch produzierte Produkte recht aufgeschlossen ist, scheiterte die Abstimmung vergangenen Herbst.

 

Deutschland verschwendet Land

Kaum ein Land in Europa geht derart verschwenderisch mit seiner Fläche um wie Deutschland, sagen Fachleute. Neben dem Lidl entsteht gleich ein Aldi, daneben am besten noch ein Fressnapf – und Parkplätze müssen auch her. Für Einkaufszentren, aber auch für Straßen, Windparks, Grünanlagen oder neue Wohngebiete werden täglich etwa 80 Hektar Fläche verbraucht, so das Umweltbundesamt. Das entspricht etwa einer Fläche von 116 Fußballfeldern, die täglich verloren geht. Zum Vergleich: In Großbritannien sind es gerade einmal 15 Hektar am Tag.

Die Bundesregierung will diesen Flächenfraß beenden. Bis zum Jahr 2020 sollen es nur noch 30 Hektar pro Tag sein, also fast die Hälfte. Denn der unbedachte Flächenkonsum hat seine Folgen: Weiter„Deutschland verschwendet Land“

 

Kosmetik-Konzern verzichtet auf umstrittene Konservierungsstoffe

Ja, meine Kindheit ist auch Penaten, diese blaue Büchse im Badezimmerregel. Vor Kurzem hat die Umweltschutzorganisation BUND in einer Kampagne die Inhaltsstoffe von Kosmetika angeprangert, darunter eben auch mein Penaten-Döschen. Viele Produkte enthielten Substanzen, die den Hormonhaushalt verändern können. Dazu gehört nicht nur etwa eine Nivea Sonnencreme, sondern eben auch die blau verpackte Wundschutzcreme von Penaten. Sie enthält als Konservierungsstoff Parabene, denen eine hormonähnliche Wirkung nachgesagt wird (deren Konzentration aber keine Grenzwerte überschreitet).

Jetzt hat Johnson & Johnson reagiert, der Hersteller der Penatencreme und einer der größten Hersteller von Pflegeprodukten weltweit. Weiter„Kosmetik-Konzern verzichtet auf umstrittene Konservierungsstoffe“

 

Isolieren mit Pilzen

©mushroomtinyhouse
©mushroomtinyhouse

Vor allem in den USA gibt es die Tiny-House-Bewegung: Die Anhänger haben Spaß daran, in winzigen Häusern zu leben und jeden Quadratzentimeter bis auf den Anschlag ausnutzen. Die Idee: wenig Haus, wenig Ressourcenverbrauch. Jetzt kommt der nächste Schritt.

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Geld verdienen mit der Energiewende

Heute passiert Großes in der Provinz. In Heide/Holstein hat der Stromnetzbetreiber Tennet zusammen mit Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) ein Pilotprojekt gestartet: Deutschlands erste Bürgeranleihe fürs Stromnetz. Erstmals können sich die Anwohner aus der Region an einer Stromleitung finanziell beteiligen. Der niederländische Mutterkonzern wird dafür eigens die „Bürgeranleihe Westküstenleitung“ begeben.

Die Verzinsung ist nicht schlecht – vor allem, weil Tagesgeldkonten gerade nur maue Zinsen bieten. In den ersten Jahren gewährt Tennet drei Prozent jährlich. Mindestens 1.000 Euro müssen die Anleger investieren. Die Laufzeit ist unbegrenzt, man kann jederzeit aussteigen. Tennet verspricht, das Projekt mindestens zehn Jahre lang zu verfolgen und nicht zu kündigen. Nur damit es klar ist: Wer mitmacht, ersteht keine Besitzanteile direkt an Tennet, sondern gewährt dem Konzern lediglich ein Darlehen, daher nennt man das Hybridanleihe.

ZEIT ONLINE hat die Bürgerleitung an der Westküste in Schleswig-Holstein bereits öfter mit Artikeln begleitet, mehrmals waren wir vor Ort. Klar war immer: Damit die Bürger ihr Okay zu der 150 Kilometer langen Höchstspannungsleitung an der Nordseeküste geben, über die vor allem Windstrom nach Süddeutschland abtransportiert werden soll, müssen sie finanziell profitieren. Nun hat man sich in gewisser Weise das Erfolgsprinzip bei den Bürgerwindparks abgeschaut: Die Bürger investieren in ihr Windrad vor der Haustür – respektive in die Stromleitung – bekommen eine jährliche Vergütung und akzeptieren so das Energieprojekt. Cash for acceptance, könnte man sagen.

Tennet hat einen finanziellen Anreiz in die Anleihe eingebaut, damit alle Anteilszeichner möglichst still halten mit Klagen (auch wenn Tennet betont, dass natürlich jeder Kläger gegen die Stromleitung auch Anteile zeichnen kann). Im Verkaufsprospekt heißt es:

Wenn sich der Baubeginn verzögert, wird die Rendite länger bei 3 % liegen und erst später – nämlich zu Baubeginn – auf 5 % ansteigen.

Die fünf Prozent sind allerdings immer noch weniger, als die Bundesnetzagentur den Stromnetzbetreibern als Rendite aufs Eigenkapital gewährt: Die liegt nämlich bei bis zu neun Prozent. Nun gut, verständlich, dass Tennet so eine attraktive Verzinsung nicht eins zu eins weiterreichen will an die Friesen und Dithmarscher.

Mal schauen, ob die Bürgeranleihe funktioniert. Bis Ende August können die rund 160.000 Haushalte aus der Region Anteile zeichnen. Tennet beschränkt den Investorenkreis auf die Anwohner, die tatsächlich betroffen sind. Insgesamt rechnet das Unternehmen damit, rund 15 Prozent der Investitionssumme einzusammeln. Das sind gut 30 Millionen Euro, wenn man 200 Millionen Euro Investitionskosten für die Westtrasse veranschlagt. Ein Betrag, über den sich Tennet sicherlich freuen wird. Und wenn der Bau dann noch umso schneller geht, ist die Freude sicherlich größer.

 

Unsere durstige Mode

Die Zahlenliebhaber des Statistischen Bundesamts haben sich in diesen Tagen ein ungewöhnliches Thema vorgenommen. Wie viel Wasser steckt in unserer Kleidung? Nach Brandkatastrophen in Bangladesch und teilweise unerträglichen Arbeitsbedingungen ist es ein weiterer Aspekt, um über Mode und unseren Konsum noch einmal nachzudenken.

Erstmals haben die Statistiker nun umfassend berechnet, wie viel Wasser wir eigentlich indirekt importieren, wenn wir Kleidung kaufen, die aus dem Ausland stammt (und wer bei H&M shoppt, der weiß, dass der Großteil importiert wird). Dafür haben sie sich die Wasserbilanz von Baumwoll-Kleidung und die Handelsstatistiken angeschaut.

Wasserherkunft © Statistisches Bundesamt
Wasserherkunft © Statistisches Bundesamt

Die Fachleute kommen für das Jahr 2010 auf einen Nettoimport von 6.371 Millionen Kubikmetern Wasser. Um das einmal einzuordnen: Das ist mehr als doppelt so viel, wie alle privaten Haushalte in Deutschland in dem Jahr verbraucht haben, fürs Kochen, Duschen oder Waschen, so die Statistiker. Unsere T-Shirts und Jeans, sie sind wahnsinnig durstig.

Der Wasserverbrauch ist deshalb wichtig, weil Wasser in den Produktionsländern ein knappes Gut ist. Je nach Standort müssen die Baumwollplantagen sehr stark künstlich bewässert werden (dieses Wasser nennt man „blaues Wasser“, im Unterschied zum natürlichen „grünem“ Wasser, dem Regenwasser).

Ganz anschaulich zeigt das diese Grafik: Indien kann seine durstigen Baumwollpflanzen vor allem mit Regenwasser versorgen, Usbekistan zapft dagegen Grundwasser, Flüsse und Seen an. Rund 8.500 Liter sind nötig, um ein Kilo Biobaumwollfasern herzustellen.

Welche Folgen das hat, zeigt bekanntlich der Aral-See in Usbekistan, einst der viertgrößte Binnensee der Welt. Er ist inzwischen zu großen Teilen eine Salzsteppe – wegen der massiven Wasserentnahme für die Baumwolle, die dort auch „weißes Gold“ genannt wird.

Was tun? Der Klassiker wäre Mode aus Biobaumwolle zu kaufen. Doch bei der Wasserbilanz hilft das kaum weiter, bei Bio geht es vor allem darum, wie die Pflanzen angebaut werden, wie viel Dünger und Pestizide nötig sind. Auch die Biobaumwolle ist durstig. Allerdings gibt es natürlich unterschiedliche Arten der Bewässerung. Überschwemmung der Felder oder gezieltes Bewässern. Davon weiß der Käufer allerdings kaum etwas, selbst wenn er bei H&M zum T-Shirt aus Biobaumwolle greift.

 

Was für ein zäher Kampf gegen Überfischung

Es ist ein zähes, schleppendes Hin und Her mit dieser EU-Fischereireform, oder? Jüngster Auftritt: Die Fischereiminister in der EU. 36 Stunden verhandelten sie, bis heute morgen. Mit welchem Ergebnis? Das Ergebnis ist ein ausgefeiltes SowohlalsAuch. Ja, die Überfischung soll beendet werden, aber bitte nicht so schnell und so drastisch, wie das EU-Parlament es vorhat. Statt etwa den Rückwurf von ungewolltem Fisch (Beifang) komplett zu verbieten, wird es jetzt Ausnahmen geben (fünf Prozent möchten die Agrarminister, immerhin keine sieben mehr, die sie ursprünglich gefordert hatten). Kaum überraschend, dass sich SPD-EU-Parlamentarierin Ulrike Rodust schon enttäuscht zeigt. Sie habe sich mehr erwartet.

Jetzt geht es also in die nächste Runde: Ende Mai müssen sich Parlament und Ministerrat auf einen Kompromiss einigen. Dieser Kampf gegen Überfischung, er dauert und dauert. Es geht, wie immer, am Ende ums Geld und um Jobs. Gerade Spanien blockt eine ehrgeizige Reform. Und warum? Der spanische Agrarminister Miguel Arias Cañete hat heute kein Blatt vor den Mund genommen:

Spain is risking the activity of more than 10,500 vessels and over 41,000 jobs in a very serious economic situation.

 

Wiesenhofs Privathof-Hühner dürfen in den Wintergarten

Masthähnchen in Stall in Andrup/Emsland, © Carmen Jaspersen/dpa
Masthähnchen in Stall in Andrup/Emsland, © Carmen Jaspersen/dpa

Wiesenhof, das ist bislang der Inbegriff von industrieller Geflügelmast. PHW aus dem niedersächsischen Rechterfeld, das Unternehmen, zu dem Wiesenhof gehört, ist Marktführer in Deutschland. Im Jahr produzieren die Niedersachsen rund eine halbe Million Tonnen Hähnchen- und Putenfleisch. Kein anderes Unternehmen mästet und schlachtet so viel Geflügel wie PHW. Der Konzern kommt auf einen Umsatz von rund 2,2 Milliarden Euro. Solche Großindustrien haben ihre Schattenseiten: Nach Hygieneskandalen hat McDonald´s im vergangenen Jahr Wiesenhof gar ausgelistet.

Anfang des Jahres hat Wiesenhof nun ein neues Hühnchen auf den Markt gebracht: das Privathuhn. Es ist kein richtiges Bio-Huhn (hier müssen ja besonders strenge Anforderungen an Haltung, aber auch an das Futter erfüllt werden), aber auch kein Massenhaltungshuhn. Der Deutsche Tierschutzbund hat das Privathof-Huhn mit seinem Einstiegssiegel ausgezeichnet, also der niedrigsten Kategorie – aber immerhin.

Privathof-Hähnchen haben mehr Platz im Stall, sie wachsen langsamer und bekommen gar in  einem überdachten Wintergarten Platz für den Auslauf. Dazu gibt es Strohballen, Picksteine und Sitzstangen.

Warum das alles? „Mit unserem Privathof Tierwohlkonzept versuchen wir, eine Alternative zur konventionellen Aufzucht zu vermarkten“, sagt der Chef des Geflügelkonzerns, Peter Wesjohann, im Interview mit ZEIT ONLINE. „Wichtig ist aus unserer Sicht, dass wir zu einem akzeptablen Aufpreis ein möglichst großes Mehr an Tierwohl generieren.“

Wiesenhof ist ganz zufrieden mit dem neuen Huhn. 44 Geflügelzüchter mästen in Deutschland inzwischen im Auftrag von PHW nach den Privathof-Standards. Wesjohann hofft, mit dem Privathuhn auf einen Marktanteil von drei bis vier Prozent zu kommen. Nach den BSE-Skandalen habe man bei den Biohühnern den Absatz verdreifacht. „Seitdem geht es stetig nach unten“, sagt Wesjohann. „

Das Problem ist natürlich der Preis. Wesjohann rechnet vor, dass der Kostenunterschied zu einem Hähnchen aus konventioneller Haltung bei bis zu  70 Prozent liege. Die Edelteile, also Brust und Keule, wird er sicherlich gut zu einem höheren Preis verkaufen können. Die Frage ist nur: Was passiert mit dem Rest? Landet  der am Ende in einem Chicken-Burger,  in Geflügelwürstchen oder gar im Ausland?

Aus Sicht von Tierschützern ist der Privathof natürlich nur eine Marketingaktion. Wesjohann verweist auf den Verbraucher, der eben nicht bereit sei, mehr Geld für Hühnerfleisch auszugeben. Es ist die Standardrechtfertigung der Landwirte: Der Kunde will es eben billig. Und das heißt konventionell – spricht industriell.

Das Problem ist nur: Der Preis für die konventionelle Zucht wäre eigentlich viel höher, wenn es strengere Haltungsvorgaben für Geflügelzüchter gebe. Während Schweinemäster und Legehennenbetreiber gesetzliche Vorgaben haben, gab es bis vor einigen Jahren nur Selbstverpflichtungen der Branche. Inzwischen macht zwar die EU Vorschriften, doch die sind lascher als das, was es bisher gab. Sehr aufschlussreich ist ein Papier des Niedersächsischen Landesamts für Verbraucherschutz:

„Die neuen Vorgaben ermöglichen deutlich höhere Besatzdichten. (…)  Ob bei diesen Besatzdichten ein ungestörtes Ruhen der Tiere, wie nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil zur Legehennenhaltung vom 06.07.1999 gefordert, noch möglich ist, ist zumindest fraglich. (…) In jedem Fall werden die neuen gesetzlichen Regelungen eine weitere Intensivierung der Haltung von Masthühnern ermögliche. (…)

M. E. machen es aber immer intensivere Haltungsbedingungen mit hohen Besatzdichten sowie die extrem leistungsfähige Genetik heutiger Broilerlinien, die naturgemäß mit einer höheren Anfälligkeit der Masthühner einhergeht, dem Tierhalter immer schwerer, ohne bzw. mit einem geringen Arzneimitteleinsatz auszukommen.“

Verkürzt gesagt: Bio-Hühner (und auf dem Weg dorthin auch die Privathof-Hühner) sind nicht zu teuer. Sondern die konventionell gemästeten Hühner sind einfach zu billig. Der günstige Preis funktioniert nur zu Lasten der Tiere (oder/und der Löhne). Würde es strengere gesetzliche Anforderungen an das Tierwohl geben, dann würde auch der Preis steigen. Und dann könnte es dem Verbraucher auch leichter fallen, gleich auf das „Original“-Biohuhn umzusteigen.