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Vorgeschmack aufs Energiekonzept der Bundesregierung

Gestern hat die Vereinigung der Bayrischen Wirtschaft (VBW) eine Studie mit einem interessanten Titel vorgestellt: Das Energiewirtschaftliche Gesamtkonzept. Diese kommt zu dem Schluss, dass sich bis zum Jahr 2050 die CO2-Emissionen in Deutschland um bis zu 87 Prozent reduzieren lassen. Dafür sei ein massiver Ausbau der erneuerbaren Energien nötig – und vor allem längere Laufzeiten für die Atomkraftwerke: Das Konzept geht von 20 Jahren aus, der VBW-Präsident Randolf Rodenstock nennt allerdings 30 Jahre als wünschenswert. Die Ökostrom-Kapazitäten werden sich von heute 38 auf 137,5 Gigawatt mehr als verdreifachen. Bei Solarstrom gehen die Energieexperten gar von einer Versiebenfachung aus (von 5,3 auf 41 Gigawatt in 2050).

„Der Primärenergieverbrauch halbiert sich bei der Umsetzung des Gesamtkonzepts zwischen 2008 und 2050 und verändert seine Struktur. Im Jahr 2050 werden in Deutschland rund 77 Prozent weniger Öl und etwa 60 Prozent weniger Erdgas eingesetzt als 2008. Erneuerbare Energien tragen mit 56 Prozent zur Bedarfsdeckung bei. Der Anteil importierter Energie verringert sich auf 37 Prozent, 2008 lag er bei 80 Prozent. „

Der Titel der Studie kommt Ihnen bekannt vor? Mir auch. Seit Monaten verweist ja die Bundesregierung auf ihr „Energiekonzept“, das sie im Herbst vorstellen will und aus dem sich die zusätzlichen Laufzeiten für die Atomkraftwerke ergeben sollen. Das wird übrigens auch von – tatataaa: Prognos berechnet. Ein VBW-Sprecher sagte gerade auf Nachfrage, dass sich das Konzept der Bundesregierung wohl „nicht so grundlegend“ von der VBW-Studie unterscheide.

Während die Bundesregierung allerdings zurzeit ein so genanntes Referenz-Szenario bei Prognos berechnen lässt, handelt es sich bei der bayrischen Studie, die früher in Auftrag gegeben wurde, um ein Zielszenario: Die CO2-Einsparungen sind deutlich ambitionierter. Ob das jetzt für kürzere oder noch längere AKW-Laufzeiten spricht, mag noch niemand sagen. Da müssen wir uns wohl noch ein paar Wochen gedulden.

 

Details aus dem geplanten Gesetz zur Atomsteuer

…manchmal finden sich wunderbare Sätze in einem Gesetzentwurf. Hier möchte ich nur kurz aus den Eckpunkten zur geplanten „Atomsteuer“ zitieren. Die Bundesregierung hat sich ja entschieden, eine „Kernbrennstoffsteuer“ einzuführen, um Geld für den klammen Bundeshaushalt zu erhalten und die Sanierung der Asse zu finanzieren. Die Steuer wird unabhängig von der Laufzeitverlängerung eingeführt.

Schön ist der Hinweis auf die erneuerbaren Energien und den Zusammenhang zur Atomsteuer:

„Angesichts der Zunahme des Anteils der Erneuerbaren Energien am Energiemix ist
zudem davon auszugehen, dass die Auslastung der KKW in den nächsten Jahren noch
weiter zurückgehen wird. Außerdem ist nicht auszuschließen, dass einzelne
Kraftwerke vor dem Hintergrund der derzeit der Höhe nach noch nicht feststehenden
Investitionskosten für eine Laufzeitverlängerung nicht weiterbetrieben werden.“

(KKW steht übrigens für Kernkraftwerk.)

Interessant auch die Ausführungen zu den Gewinnen, welche die Atomkonzerne in den vergangenen Jahren erwirtschaftet haben:

„Im Verhältnis zum Strom aus fossilen Energieträgern ist die Marge für Strom aus Kernbrennstoffen
so seit 2005 erheblich gestiegen. Bei Zertifikatepreisen von 20 bis 25 €/EUA, wie sie
z. B. im Jahr 2008 festzustellen waren, betragen allein diese Marktlagengewinne (sog.
windfall-profits) zwischen 3 und 4 Mrd. € p. a. Nach der Wirtschaftskrise liegt der Preis zur
Jahresmitte 2010 bei etwa 16 €/EUA.


Anders als bei den erneuerbaren Energien geht von dem Anstieg der Marge für Atomstrom
durch den CO2-Emissionshandel kein Marktsignal in Richtung einer Stärkung der
CO2-freien Stromerzeugung aus. Die Reststrommengen für Atomstrom sind limitiert. Der
Neubau von Kernkraftwerken ist nicht zulässig. Insofern bedeutet die Ausdehnung der
Margen ausschließlich einen zusätzlichen Marktlagengewinn für die Betreiber von Kernkraftwerken.“

Die Energieversorger sehen das naturgemäß alles ein wenig anders und sind „not amused“. Gerade hat das Deutsche Atomforum, ihre Lobbyorganisation, den Plänen der Bundesregierung eine klare Absage erteilt. Der Tonfall der Pressemitteilung ist fast ärgerlich:

„Den jetzt bekanntgewordenen Plänen des Bundesfinanzministeriums zur Einführung einer Kernbrennstoffsteuer wird eine klare Absage erteilt. Bei Umsetzung dieser Steuerpläne würde der weitere wirtschaftliche Betrieb deutscher Kernkraftwerke gefährdet. Auch die zusätzlichen, täglich neuen Vorschläge sind nicht von Realismus geprägt. Offenbar nehmen politische Kräfte in Kauf, die deutschen Kernkraftwerke wirtschaftlich zu erdrosseln.“

 

Bund fördert Öko-Heizungen nun doch

Jetzt hat die Bundesregierung den „schlafenden Riesen“ doch wieder geweckt. Vergangene Woche entschied der Haushaltsausschuss des Bundestags, den Förderstopp für Öko-Heizungen zu kippen. 115 Millionen Euro stehen nun wieder für die Förderung bereit. Wer seine Heizung umrüsten und zukünftig mit Pelletheizungen, Wärmepumpen und Sonnenenergie heizen will, der kann nun wieder einen Antrag auf Zuschüsse beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle stellen. Rund zehn bis zwölf Prozent der Investitionssumme gewährt das so genannte Marktanreizprogramm für erneuerbare Energien – allerdings gibt es Obergrenzen.

Die Bedingungen wurden ein wenig verschäft: Anlagen in Neubauten sind aus der Förderung herausgeflogen, ebenso relativ ineffiziente Wärmepumpen. Das Programm gilt vorerst für dieses Jahr.

Trotzdem sind das wirklich einmal positive Nachrichten aus Berlin. Denn der Wärmesektor wird zu Recht immer wieder als „schlafender Riese“ bezeichnet. Die CO2-Einsparpotenziale sind enorm: Im Gebäudesektor entstehen u.a. wegen des Heizens rund 40 Prozent aller Klimagas-Emissionen. Wer hier investiert, der schützt nicht nur das Klima, sondern kurbelt auch die lokale Wirtschaft an. Und es gibt noch einen schönen Nebeneffekt für den Bundesfinanzminister. Nach Schätzungen des  Münchner Ifo-Instituts finanzierte sich das Programm fast selbst, da die 115 Millionen Euro Investitionen in Höhe von mehr als 840 Millionen Euro auslösen – und so Steuereinnahmen von rund 150 Millionen Euro bringen.